Portugiesische
Sprache.
[* 2] Die portugiesische Sprache
, zu deren Gebiet nicht bloß das heutige
Königreich
Portugal,
[* 3] sondern auch die spanische
Provinz
Galicien gehört, hat sich, wie ihre romanischen Schwestersprachen
, aus der römischen Volkssprache,
der lingua latina rustica, wie dieselbe in der betreffenden römischen
Provinz gesprochen wurde, gebildet. Am nächsten ist
sie der kastilischen oder spanischen
Sprache verwandt, nur nahm sie infolge der
Erhebung
Heinrichs von
Burgund
auf den portugiesi
schen
Thron
[* 4] eine Anzahl französischer
Wörter
in sich auf, wogegen sie viel weniger arabische Beimischung
als das Kastilische hat.
Dabei hat das Portugiesische so viel grammatische Eigentümlichkeiten, daß es keineswegs nur als Dialekt des Kastilischen, sondern als eigne, selbständige Sprache zu betrachten ist. Auch hat das Portugiesische die dem Kastilischen ganz fremden Nasallaute, namentlich in flexibeln Auslauten, während sie die kastilischen Kehllaute in gelinde Zischlaute verwandelt und noch größere Neigung zum Vokalismus durch Brechung der [* 5] Selbstlaute e und o in ei und ou sowie durch Erweichung und Ausstoßung der Konsonanten im In- und Auslaut hat.
Diese Zusammenziehungen sind oft so bedeutend, daß die charakteristischen
Laute ganz aus den Wörtern
verschwinden, was diesen etwas Weiches und
Süßes, aber auch Unmännliches und Kraftloses verleiht. Der Anfang des
Vaterunsers
lautet:
»Pae nosso que estás nos ceos, sanctificado seja o teu nome«. Die portugiesische Sprache
ist noch
jetzt eine der ausgebreitetsten. Sie wird in
Brasilien,
[* 6] auf den
Azoren, an den afrikanischen
Küsten und
in einigen
Städten und Gebieten
Ostindiens
(Goa,
Diu) gesprochen. Die portugiesi
schen Sprachproben sind fast so alt wie die
spanischen (zweite Hälfte des 12. Jahrh.). Von dem von der
Akademie der
Wissenschaften unternommenen
Wörterbuch erschien nur
der erste Teil (Lissab. 1793), den
Buchstaben A enthaltend. Vollständige Wörterbücher sind die von
dem Brasilier
Ant. de
Moraes
Silva (Lissab. 1789; 7. Aufl. von F. A.
Coelho, 1878, 2 Bde.) und von
Domingos Vieira
(Porto 1875, 5 Bde.)
verfaßten; ein
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etymologisches Wörterbuch lieferte Fr. Solano Constancio (das. 1836), der auch eine gute Sprachlehre herausgab (das. 1831). Die beste Grammatik ist jedoch die von Barboza (»Grammatica philosophica da lingua portugueza«, 2. Aufl., Lissab. 1830). Einen »Ensaio sobre alguns synonymos da lingua portugueza« (Lissab. 1824-28, 2 Bde.) lieferte de Santo-Luiz, Beiträge zu einer wissenschaftlich-historischen Grammatik Coelho in den Werken: »Lingua portugueza« (Coimbra 1868),
»Questões da lingua portugueza« (Bd. 1, 1874),
»A lingua portugueza« (Bd.
1, Porto 1881) u. a. Einen kurzen Abriß einer solchen enthält auch Diez' treffliche »Grammatik der romanischen Sprachen«. Eine
größere wissenschaftliche Grammatik verfaßte Reinhardstöttner (Straßb. 1878). Zur Einführung in
das Altportugiesische
dient Santa Rosa de Viterbos »Elucidario das palavras, que em Portugal antiguamente se usárão« (Lissab.
1798-1799; neue Ausg. von Innocencio de Silva, das. 1865). Die brauchbaren portugiesi
schen Sprachlehren für Deutsche
[* 8] sind
die von Bösche (2. Aufl., Hamb. 1876),
Schmitz (Leipz. 1884),
Anstett (3. Aufl., Frankf. 1885), Sauer und
Kordgien (Heidelb. 1887). Ein »Portugiesi
sch-deutsches
Wörterbuch« gab Wagner (Leipz. 1811),
Handwörterbücher Wollheim da Fonseca (3. Aufl., das. 1884, 2 Tle.),
Bösche (3. Aufl., Hamb. 1884, 2 Bde.) und H. Michaelis (Leipz. 1887 ff., 2 Bde.),
eine »Chrestomathie nebst Wörterbuch« Ahlwardt (das. 1808) heraus. Auch die »Pequena chrestomathia portugueza« von Massarellos (Hamb. 1809) ist nicht ohne Verdienst. Die eigentümlichsten Mundarten des Portugiesischen sind die von Beira und Minho. Eine besondere »Grammatik der brasilianischen Sprache« verfaßte Platzmann (Leipz. 1874).