Poe
(spr. poh), Edgar Allen, amerikan. Dichter und Schriftsteller, geb. zu Boston [* 2] (Massachusetts), verwaiste frühzeitig und wurde von einem wohlhabenden Bürger in Richmond (Virginia) adoptiert. Von der Universität zu Charlottesville wegen seines ausschweifenden Lebenswandels ausgewiesen, begab er sich nach Europa, [* 3] in der Absicht, am griechischen Freiheitskampf teilzunehmen, trieb sich aber zwecklos ein Jahr lang auf dem Kontinent umher und kam schließlich in St. Petersburg [* 4] wegen verschiedener Exzesse, die er begangen, in polizeiliche Haft, aus der ihn der amerikanische Konsul befreite.
Von diesem in die
Heimat zurückgeschickt, trat Poe
in die
Militärakademie zu
West Point ein, die er nach 10
Monaten
ebenfalls wieder verlassen mußte, wurde darauf
Soldat, desertierte und wandte sich nun, von seinem inzwischen (1834) verstorbenen
Wohlthäter enterbt, der Schriftstellerei zu, nachdem er bereits einige Jahre zuvor ein Bändchen Gedichte: »Al Aaraaff,
Tamerlane
and minor poems«
(Baltim. 1829),
veröffentlicht und 1835 mit einer Novelle einen Preis davongetragen hatte. Er arbeitete an verschiedenen Zeitschriften, siedelte 1837 nach New York über und ließ hier unter anderm »The narrative of Arthur Gordon Pym« und in der »American Review« das berühmte Gedicht »The raven« erscheinen, wodurch sein Name in weitern Kreisen bekannt ward (deutsch unter andern von Eben, mit biographischer Skizze des Dichters, Philad. 1869). Später übernahm er das »Broadway Journal«, hielt sich vorübergehend in Philadelphia [* 5] und in Richmond auf und starb auf der Rückreise nach New York zu Baltimore [* 6] im Hospital In seinen oft an E. T. A. Hoffmanns Manier erinnernden Erzählungen herrscht das Phantastische und Grausige vor; im übrigen zeichnen sie sich durch glänzende Sprache, [* 7] lebhafte Phantasie und spannende Entwickelung aus.
Unter seinen nicht eben zahlreichen Gedichten gehören viele zu den kostbarsten Perlen der amerikanischen Litteratur. Die vorzüglichsten seiner Werke sind: »The gold bug«, »The fall of the house of Usher«, »The murders in the rue Morgue«, »The purloined letter«, »A descent into the Maelstroem« und »The facts in the case of M. Valdemar«. Von den zahlreichen Ausgaben seiner Werke sind besonders hervorzuheben die von Griswold (New York 1856, 4 Bde.), Ingram (Edinb. 1875, 4 Bde.) und Stoddard (Lond. 1884, 6 Bde.). In Baltimore wurde ihm 1875 ein Denkmal errichtet.
Vgl. S. Whiteman,
Edgar Poe
and his critics
(New York 1860) und die biographischen
Werke von W. F.
Gill (5. Aufl., das. 1882), Didier (das.
1877),
Rice (Baltim. 1877), Stedman
(New York 1880), Ingram (Lond. 1880, 2 Bde.)
und Woodberry (Bost. 1885).