Pistoja
,
Kreishauptstadt in der ital.
Provinz
Florenz,
[* 2] am
Fuß der
Apenninen in fruchtbare
Ebene, an der
Eisenbahn von
Florenz
nach
Bologna (mit Abzweigung nach
Lucca)
[* 3] gelegen, im
Viereck
[* 4] erbaut und von einer Stadtmauer mit fünf
Thoren nebst einer im
SO. gelegenen
Citadelle umgeben, trägt noch ganz das Gepräge der altflorentinischen
Republik. Auf dem
großen, mit der
Statue des
Kardinals
Forteguerri geschmückten Domplatz erhebt sich die
Kathedrale
San Jacopo, ein romanischer
Bau aus dem 12. und 13. Jahrh., mit Glockenturm, Vorhalle mit
Terrakotten
[* 5] von A.
Robbia, im Innern in drei
Schiffe
[* 6] gegliedert
(mit Grabmälern des Dichters und Rechtsgelehrten
Cino da Pistoja
und des
Kardinals
Forteguerri, Gemälden von
Lorenzo di
Credi u. a. und einem 1286 begonnenen, erst 1407 vollendeten prachtvollen Silberaltar mit
zahlreichen
Reliefs und
Statuen).
Auf demselben Platz steht die Taufkirche (Battisterio, 1300 nach der Zeichnung Andrea Pisanos erbaut) mit schönen Statuen über der Hauptthür. Andre bemerkenswerte Kirchen sind: San Bartolommeo (im 12. Jahrh. im toscanisch-romanischen Stil neuerbaut) mit schöner, von Guido da Como 1250 vollendeter Kanzel aus weißem Marmor;
Sant' Andrea mit der prächtigen, 1301 vollendeten Kanzel von Giovanni Pisano;
Madonna dell' Umiltà (1495-1509 erbaut) mit schöner Vorhalle und großem viereckigen, mit einer Flachkuppel gedecktem Zentralraum;
San Giovanni Fuoricivitas mit interessanter Nordfassade (von 1180), im Innern mit schöner Kanzel von 1270, einem Weihwasserbecken [* 7] von Giovanni Pisano und Terrakotten von A. Robbia u. a. Hervorragende weltliche Gebäude sind: der Palazzo del Pretorio (jetzt Justizpalast) mit prächtigem Hof [* 8] und altem steinernen Richtersitz;
der Palazzo del Comune (1295-1353 im italienisch-gotischen Stil erbaut);
das große Spitalgebäude (Ospedale del Ceppo, 1277 gegründet), mit Säulenhalle und einem schönen Relieffries von einem Robbia (1525);
der bischöfliche Palast;
die Privatpaläste Panciaticchi (von 1313), Cancellieri;
das
Theater
[* 9] u. a. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 20,190,
mit Einschluß des ländlichen Gemeindegebiets 51,552. Ihr
Dialekt gilt als einer der reinsten
Italiens.
[* 10] Pistoja
hat
Eisen-,
Stahl- und Quincailleriemanufakturen, bedeutende Büchsenmacherei (in Pistoja
sollen die
Pistolen erfunden und hiernach benannt
worden sein), eine
Nadel- und eine Orgelfabrik, dann Leinweberei,
Gerberei,
Papier- und Glasfabrikation.
[* 11] Pistoja
ist der Sitz eines
Unterpräfekten und eines
Bischofs, hat ein
Seminar, eine chirurgische Lehranstalt, ein
Lyceum mit
Bibliothek von 15,000
Bänden,
ein
Gymnasium, eine
Akademie der
Wissenschaften und eine zweite
Bibliothek (Fabroniana) von 13,000
Bänden.
Die schöne, gegen
die
Apenninen ansteigende, mit zahlreichen
Villen geschmückte Umgebung von Pistoja
ist wegen ihrer gesunden, erfrischenden
Temperatur
als Sommeraufenthalt beliebt. - Im
Altertum hieß Pistoja
Pistoria und war besonders durch die
Niederlage
Catilinas und
seiner Genossen (62
v. Chr.) bekannt. Von dem Langobardenkönig
Desiderius wurde es mit
Mauern umgeben. Nachdem es sich im
Mittelalter
zu ziemlichem Ansehen erhoben hatte, wurde es 1306 von
Florenz und
Lucca erobert, die
Mauern geschleift und sein Gebiet geteilt.
Später errang es zwar seine Unabhängigkeit wieder, aber die bürgerlichen
Unruhen brachten der Stadt
großen Nachteil. In der
Folge kam an
Toscana und mit diesem an das
Königreich
Italien.
[* 12] Pistoja
zählte unter seine
Bürger unter
andern: die Dichter
Cino da Pistoja
, dann
Francesco und
Niccolò
Bracciolini.