Physikalis
ch-technische
Reichsanstalt
, ein 1887 in
Charlottenburg
[* 2] ins
Leben getretenes
Institut, zerfällt in zwei Abteilungen,
die wissenschaftliche und die technische.
Erstere hat die Aufgabe, zur Zeit noch schwebende, der
Lösung aber dringend bedürftige
Fragen der physikalischen
Präzisionsmessung in
Angriff zu nehmen und zwar besonders solche, zu deren
Lösung an
andern
Orten erforderliche Räumlichkeiten oder Hilfsmittel fehlen, oder die für längere Zeit eine ganze und ausschließliche
Hingabe eines
Gelehrten an seine
Arbeit erfordern.
Die zweite Abteilung ist zur direkten Unterstützung des Präzisionsgewerbes bestimmt, indem sie alle für den privaten
Mechaniker
nicht ausführbaren technischen
Leistungen übernimmt, aber auch als amtliches Prüfungsinstitut für
mechanische und technische
Instrumente dient. Derartige
Prüfungen werden z. B. betreffen:
Thermometer,
[* 3] Petroleumprober,
optische Instrumente,
Polarisationsapparate
[* 4] zur Bestimmung des Zuckergehalts in
Flüssigkeiten,
Kopien elektrischer Maßeinheiten, elektrische Meßwerkzeuge
für Telegraphie, elektrische
Beleuchtung
[* 5] und
elektrische Kraftübertragung, Metalllegierungen gegen
Dampfkesselexplosionen
etc. Auch die
Eigenschaften der Materialien, aus welchen die wissenschaftlichen und technischen
Zwecken
dienenden
Apparate hergestellt werden
(Glas,
[* 6] Metalllegierungen), wird
die zweite Abteilung zu untersuchen haben.
Sie wird
Typen für Konstruktionsteile der feinern
Technik
(Schrauben,
[* 7]
Draht)
[* 8] zu normieren, endlich auch solche mustergültige
technische
Arbeiten auszuführen haben, welche, wie Mikrometerschrauben,
Zahnräder, Kreisteilungen etc., dem privaten
Mechaniker
nicht verlohnen, oder für deren Ausführung sich eine private Werkstatt als nicht ausreichend erweist.
Die ersten
Vorschläge zur
Schöpfung eines staatlichen
Instituts wie die gingen 1872 von
Professor Schellbach in
Berlin
[* 9] aus.
Eine Fachkommission lieferte nach Verhandlungen mit der preußischen Staatsregierung 1883 eine Denkschrift, in welcher die Errichtung einer Anstalt zur Förderung der Präzisionsmessung und der Präzisionstechnik empfohlen wurde. Werner Siemens förderte das Unternehmen, welches auf seinen Vorschlag von Preußen [* 10] auf das Deutsche Reich [* 11] übertragen wurde, durch Schenkung von 500,000 Mk., und der Reichstag nahm die in der Denkschrift vorgeschlagene Organisation der Anstalt im wesentlichen an. Der Präsident der Anstalt ist zugleich Direktor der wissenschaftlichen Abteilung, welche drei ständige Mitarbeiter und vier Assistenten besitzt.
Auch
Privatpersonen, welche mit wichtigen physikalischen
Untersuchungen beschäftigt sind, für dieselben aber nicht die geeigneten
Räumlichkeiten und kostspieligen
Apparate besitzen, können als
Gäste in der ersten Abteilung zugelassen werden. Neben dem
Direktor der zweiten Abteilung ist der Vorsteher der Werkstatt und je ein Mitarbeiter für die elektrischen,
die mechanisch-technischen
und für die
Prüfungs- und Beglaubigungsarbeiten angestellt, außerdem je ein
Leiter der optischen
und chemischen
Arbeiten.
Dazu kommen Hilfsarbeiter,
Mechaniker, das Büreaupersonal etc. Als
Aufsichtsrat, besonders zur alljährlichen Feststellung
des Arbeitsplans und des
Voranschlags der erforderlichen Geldmittel, dient das Kuratorium, bestehend aus Vertretern
des militärischen Vermessungswesens, der
Marine, der Telegraphie, des
Maß- und Gewichtswesens, der
Physik und
Meteorologie,
der
Chemie,
Astronomie,
[* 12] der
Gradmessung
[* 13] und
Hydrographie, der Ingenieurwissenschaften, der Präzisionsmechanik und
Optik. Für
die erste Abteilung dient ein
Observatorium, ein
Maschinenhaus, das Verwaltungsgebäude und das
Wohnhaus
[* 14] des
Direktors; die zweite
Abteilung ist vorläufig in Souterrainräumen der
Charlottenburger technischen
Hochschule untergebracht.
Vgl. Förster, Die (Berl. 1887).