Philologie
(v. griech. philos, lieb, befreundet, und logos,
Wort,
Kunde) findet sich zuerst bei
Platon und bedeutet dort die Lust zu und an wissenschaftlicher Mitteilung,
wie sie in den
Platonischen
Dialogen hervortritt.
Bald wird jedoch der
Ausdruck technisch und bezeichnet wie
Polymathie das
Streben
nach gelehrter
Bildung überhaupt oder auch die gesamte zeitgenössische
Bildung selbst. In diesem
Sinne nannte sich
Eratosthenes
(um 276-194
v. Chr.) wegen seines über alle Gebiete sich verbreitende
Wissens einen Philologen, ebenso
am
Ausgang der römischen
Republik der
Grammatiker und
Rhetor Atejus Prätextatus, und
Martianus Capella kleidete seine durch
das ganze
Mittelalter eifrig gelesene
Encyklopädie sämtlicher
sieben freien
Künste:
»De nuptiis Mercurii cum philologia« (etwa 430
v. Chr.),
in die
Allegorie einer Vermählung des
Merkur
[* 3] mit der Philologie.
Mit der Wiedererweckung der
Wissenschaften in
Italien
[* 4] änderte sich die Bedeutung des
Wortes.
Indem das zeitgenössische
Wissen zurücktrat, wurde Philologie
der Inbegriff aller an das griechische und römische
Altertum anknüpfenden
Studien. Als man aber seit dem Ende des 18. Jahrh. anfing, auch das Geistesleben andrer
Völker in den
Kreis
[* 5] wissenschaftlicher Betrachtung zu ziehen, trat, indem man auch diese Aufgabe der Philologie
zuwies,
eine neue
Verschiebung des
Begriffs ein. Seitdem versteht man unter Philologie
die
Wissenschaft vom Geistesleben jedes Kulturvolkes,
insofern dasselbe sich in
Sprache
[* 6] und Litteratur, im
Staats-,
Privat- und Religionsleben, endlich in der
Kunst offenbart.
Man spricht daher von indischer, ägyptischer, hebräischer
, germanistischer, moderner Philologie
etc.,
zum Teil allerdings den
Begriff der Philologie
auf das
Sprach- und Litteraturstudium beschränkend. Zum Unterschied davon nennt man
die dem Geistesleben der griechischen und römischen
Nation zugewendete Philologie
die klassische; doch bezeichnet man dieselbe auch
jetzt noch häufig genug als an und für sich. In der That bildet dieselbe eine
in sich abgeschlossene
Wissenschaft, die man auch klassische
Altertumskunde oder Altertumswissenschaft; Humanitätsstudium
(Humaniora) nennt,
und sie
allein ist es, der hier unsre
Darstellung gilt.
Die Keime derselben finden sich bei den Griechen bereits in der voraristotelischen Zeit. Es begegnen uns dort Erörterungen über Sprache und Litteratur, über Staat und Religion, über Poesie, Beredsamkeit und andre Künste; selbst die Anfänge der Kritik zeigen sich in der Feststellung der Homerischen Dichtungen unter Solon und Peisistratos sowie in der Herstellung eines offiziellen Textes von den Werken der drei großen Tragiker durch Lykurgos (370). Die Besprechung ist freilich noch eine nebensächliche und dilettantische, aber mit Aristoteles wird sie zu einer bestimmten und berufsmäßigen Thätigkeit.
Bald werden, besonders durch die Fürsorge der Ptolemäer in Alexandria und der Attaliden in Pergamon, [* 7] die litterarischen Schätze in Bibliotheken gesammelt und für die Gelehrten in den Museen eine Art von Akademie begründet. Ihre Arbeiten sind teils bibliothekarischer Art, indem sie systematische Kataloge (pinakes) anfertigen, Klassifikationen (kanones) der Schriftsteller nach den verschiedenen Gebieten aufstellen, Auszüge und Inhaltsangabe zufügen, Zusammengehöriges, wie Fabeln, Sprichwörter etc., in Sammlungen vereinigen; teils dienen sie der Wort- und Sacherklärung sowie der Textesherstellung, besonders der Homerischen Gedichte, doch auch des Hesiod, der Lyriker, Dramatiker und einzelner Prosaiker, teils beziehen sie sich auf Grammatik; auch das Staats-, Privat- und Religionsleben sowie die Kunst finden Berücksichtigung, freilich mehr durch Herbeischaffung des Materials als durch systematische Verarbeitung.
Man nannte diese
Männer
Grammatiker, und diese Benennung verblieb durch das gesamte
Altertum. Die bedeutendsten derselben waren
in
Alexandria Zenodot von
Ephesos
[* 8] (um 284-246
v. Chr.),
Kallimachos von
Kyrene (um 296-224),
Eratosthenes von
Kyrene (um 276-194),
Apollonios von
Rhodos (um 196),
Aristophanes von Byzanz (um 220),
Aristarchos von
Samothrake (um 181-146),
in
Pergamon
Krates von Mallos (um 210-140). In Aristarch erreicht diese Philologie
ihren Höhepunkt. In der an ihn sich
anschließenden
Schule
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mehr
der Aristarcheer wird sein Standpunkt noch über drei Jahrhunderte gewährt. Didymos (geb. 63 v. Chr.) sammelte mit eisernem
Fleiß (daher Chalkenteros, der Mann »mit den ehernen Eingeweiden«, genannt) ihr Wissen, dadurch eine unversiegbare Quelle
[* 10] für
die Schollen und lexikalischen Zusammenstellungen der spätern Byzantiner bildend; die Grammatik fand sogar durch Dionysios Thrax
(um 100 v. Chr.), besonders aber durch Apollonios Dyskolos (um 130 n. Chr.) und dessen Sohn Älios Herodianos (um 160) ihre systematische
Ausbildung. Doch beweist anderseits das unselbständige, wenn auch für uns wertvolle Anlegen lexikalischer Sammlungen,
namentlich von Attizismen und Barbarismen, wie es im 2. Jahrh. n. Chr. in den Vordergrund tritt (Harpokration,
Möris, Phrynichos, Pollux u. a.), das Absterben dieser Philologie
, welches denn auch im folgenden Jahrhundert eintritt.
Unter den Römern zeigte sich philologische Thätigkeit gleich in den Anfängen ihrer Litteratur, indem die Muttersprache
von vornherein künstlicher Pflege bedurfte, nicht bloß bei den Schriftstellern, sondern bei den Gebildeten überhaupt, wie
bei den Scipionen, Gracchen u. a. Das Objekt dieser Thätigkeit wird durch den Zutritt des römischen
Altertums bedeutend erweitert; doch tritt im allgemeinen der theoretische Charakter derselben zurück. Die Philologie
wird edukatorisch,
sie soll vor allem dem praktischen Leben dienen u. wird damit vorherrschend grammatisch-rhetorisch oder, aus allen Gebieten
das Nötigste auswählend, encyklopädisch.
Der erste, welcher philologische Fragen im Zusammenhang litterarisch behandelte, war L. Älius Stilo aus
Lanuvium (geb. um 154 v. Chr.); er war auch der erste der in lateinischer Litteratur und Redekunst unterrichtete. Gleich sein
Schüler M. Terentius Varro (116-27 v. Chr.) ist der bedeutendste Vertreter der römischen Philologie
überhaupt; von seinen fast alle
Gebiete derselben umfassenden Forschungen zehren die folgenden Jahrhunderte. Wir heben aus denselben hervor: Hyginus (64 v. Chr.
bis 17 n. Chr.), Verrius Flaccus (unter Augustus), Asconius Pedianus (3-88 n. Chr.), Valerius Probus (unter Nero und den Flaviern),
den ältern Plinius (23-79), Suetonius (um 75-160), Terentius Scaurus (unter Hadrian), Gellius (um 115-165). Allmählich kommt
man immer mehr von eigner Forschung zurück und begnügt sich, die Leistungen der Vorgänger behufs Zusammenstellung von
Lehrbüchern (sogen. artes) zu exzerpieren. Hierher gehören aus dem 4. Jahrh.
noch Charisius, Marius Victorinus, Älius Donatus, Servius, aus dem 5. Jahrh. Martianus Capella, aus dem 6. Jahrh. Priscianus, endlich
Isidorus (570-640).
Während des Mittelalters ist die Philologie
als Wissenschaft so gut wie erloschen. Zwar wird im byzantinischen
Reich unter der makedonischen (867-1056), komnenischen (1057-1185) und paläologischen Dynastie (von 1261 an) die griechische Litteratur
begünstigt und als notwendige Vorbereitung für den öffentlichen Dienst betrieben; aber die großen Sammlungen von Auszügen
und Wörterbüchern (Photius, gest. 891, Konstantinos Kephalas, um 950,
Suidas, um 970, Zonaras, um 1070), grammatischen Arbeiten (Gregor von Korinth,
[* 11] um 1150, Moschopulos, um 1270, Thomas Magister, um
1320), weitschichtigen kompilierten Kommentaren (Eustathius, Tzetzes, um 1190) bringen der Wissenschaft nicht den geringsten
Fortschritt.
Sodann haben die Araber auf dem Gebiet der Philosophie, Medizin, Naturwissenschaften, Mathematik, Astronomie,
[* 12] Geographie die Schriften der Griechen benutzt, aber nur nach Übersetzungen, so daß auch durch sie die Philologie
keine Bereicherung
erfahren hat. Im christlichen Westeuropa endlich bleibt zwar die lateinische Sprache im Dienste
[* 13] der Kirche und Höfe bestehen,
auch werden noch neben den Schriften der Kirchenväter und den Kompendien aus dem 5. und 6. Jahrh., auf
welchen der Unterricht in den sogen. freien Künsten beruht, einige wenige Erzeugnisse der klassischen lateinischen Litteratur
gelesen, doch die Wissenschaft war ausschließlich philosophisch-theologisch, und man muß es den Klöstern Dank wissen, daß
die Hauptwerke der lateinischen Litteratur uns überhaupt erhalten sind. Die wenigen Kenner des Griechischen
wurden als ein Wunder angestaunt.
Die Möglichkeit eines Wiederauflebens der Philologie
wurde erst dann erreicht, als außer den Geistlichen auch die Laien sich dem
Studium des Altertums zuwandten, zunächst im Interesse der Medizin und des Rechts, sodann auch der Philosophie, Poesie und Beredsamkeit.
Dem Land, welches in ununterbrochener Tradition die Spuren des römischen Altertums in Sprache und Sitten
bewahrt hatte, Italien, fiel die Aufgabe zu, die klassischen Studien neu zu beleben, als ein lebhaftes Interesse dafür nicht
bloß an den neuentstandenen Universitäten, sondern auch unter den höhern Ständen überhaupt im 14. Jahrh. erwacht war.
Den ersten Anstoß zu diesem Wiederaufblühen der Wissenschaften (Renaissance) gaben Francesco Petrarca (1304-74) und Giovanni Boccaccio (1313-75), welche sich zunächst nur der römischen Litteratur zuwendeten (die Anfänge des Griechischen durch Baarlamo und Leonzio Pilato sind geringfügig) und ihre Freude in dem Sammeln von Handschriften, ihren Stolz in der Nachahmung der schriftlichen Darstellung fanden. Die Schätze der alten Litteratur sollten zur Grundlage einer neuen Bildung gemacht werden, und schon Giovanni da Ravenna (gest. 1420) verwertete sie für den Unterricht.
Weil aber diese neue, von dem Christentum und der Kirche unabhängige, nur aus dem Altertum geschöpfte Anschauung der Lebensaufgaben
sich als die allgemein menschliche erkannte, gab sie sich den Namen Humanismus, und ihre Vertreter hießen
Humanisten. Allgemeiner noch ist bei den scholastischen Gegnern dieser neuen Bildung für ihre Vertreter der Name Poeten, weil
sie in der Ausübung lateinischer Poesie ihren Ruhm suchten und fanden. Petrarcas glanzvolle Dichterkrönung erfolgte nur als
Anerkennung seiner lateinischen Dichtungen. Es im Lateinisch-Reden und -Schreiben den Alten gleichzuthun,
galt als die höchste Aufgabe, der selbst die Diplomaten, welche damals noch nicht schrieben, sondern sprachen
(oratores),
die Staatssekretär der Fürsten und Republiken, die apostolischen Schreiber der römischen Kurie zu genügen eifrigst bemüht
waren.
Die Beschäftigung mit der römischen Litteratur mußte die Aufmerksamkeit auf die griechische lenken. Petrarca ermangelte dieser Kenntnis, bei Boccaccio war sie dürftig; aber zu den wenigen Griechen aus Unteritalien kamen bald andre aus Griechenland [* 14] selbst, oder strebsame Italiener (Guarino und Filelfo) holten von dort ihre Kenntnisse und außerdem griechische Handschriften. Es ist herkömmlich, diese Pflege griechischer Litteratur mit der Eroberung Konstantinopels (1453) in Verbindung zu setzen, durch welche eine Anzahl griechische Gelehrten gezwungen wurde, in Italien eine Zuflucht zu suchen und als Lehrer und Abschreiber zu wirken. Allein schon vorher hatten Griechen in Italien gelehrt, wie seit 1396 Chrysoloras, Gemistos Plethon, Th. Gaza, und das Konzil von Ferrara [* 15] (1438) hatte besonders Geistliche ¶
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dorthin geführt, welche für die alte Philosophie begeisterten und den leidenschaftlichen Streit über die Vorzüge des Platon oder des Aristoteles hervorriefen. Florenz [* 17] und die Mediceer wurden der Mittelpunkt der humanistische Bewegung, daneben Neapel [* 18] und der Hof [* 19] des Königs Alfons, Mailand [* 20] und die Visconti und Sforza. Mantua [* 21] und die Gonzaga, Ferrara und die Este, sogar die Kurie unter Papst Nikolaus V. (1447-55) und besonders unter Leo X. traten thätig hinzu, während die Republik Venedig [* 22] mit ihren reichen Mitteln und Genua [* 23] weniger thaten.
Charakteristisch für diese Humanisten des 15. Jahrh. ist, daß sie lehrend von Ort zu Ort ziehen und einer für längere Zeit festen Anstellung entbehren, daß sie sich trotz mancher verwerflicher Eigenschaften der höchsten Verehrung bei ihren Zeitgenossen erfreuen, und daß sie selbst im Besitz kirchlicher Ämter Gleichgültigkeit gegen das Christentum zeigen. Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst, die sich in Italien seit 1464 rasch verbreitete, wurden die klassischen Schriftsteller leichter zugänglich (die Griechen zunächst nur in lateinischen Übersetzungen); ja, als die gelehrten Buchdrucker, die Manutius (bis 1597) in Venedig und die Giunta, seit 1480 daselbst, nachher in Florenz und Lyon, [* 24] sogar ein handlicheres Oktavformat und saubere Lettern für ihre Ausgaben wählten, war die Benutzung derselben auch in den Schulen erleichtert, zumal die Preise keineswegs hoch waren.
Mit der Herausgabe der alten Klassiker war die Notwendigkeit der Kritik des Textes, die Sammlung und Würdigung des handschriftlichen Apparats, die methodische Handhabung bei der Herstellung geboten; aber darin haben die Humanisten wenig geleistet, weil ihnen der Besitz der alten Schätze, gleichviel in welcher Gestalt, viel höher stand und die Bemühungen um die Reinheit und Eleganz lateinischer Darstellung überwogen. Auch fehlte es nicht an solchen, welche bereits auf Inschriften, Münzen, [* 25] Gemmen, [* 26] auf die erhaltenen Reste der Baukunst [* 27] ihre Aufmerksamkeit richteten, wie Ciriaco aus Ancona [* 28] (gestorben vor 1457) und Fra Giocondo aus Verona [* 29] (geb. 1435), Franc. Poggio (1380-1459) und zahlreiche Dilettanten. Am meisten Beachtung verdienen: Leon.
Bruni aus Arezzo (1369-1444), der Kamaldulenser Ambrogio Traversari (1386-1439), Franc. Filelfo (1398 bis 1481), Lorenzo della Valle (1407-57), der bereits Kritik nicht bloß bei der lateinischen Grammatik, sondern auch an dem Neuen Testament und an der Schenkungsurkunde Konstantins anwandte; als Lehrer Guarino von Verona (1370-1460), Vittorino von Feltre (um 1379-1447) und Pomponio Leto in Rom [* 30] (1425-98) und als pädagogische Schriftsteller Pier Paolo Vergerio (1349-1428) und Maffeo Vegio (1406-58). Die Anfänge einer wirklich philologischen Thätigkeit bieten die »Miscellanea« des Angelus Politianus (Angiolo de' Ambrosini aus Montepulciano, 1454-94); er fand auch unter seinen Landsleuten eifrige Nachfolger, wie Pietro Vettori (1499-1584) für Kritik und Erklärung, Carlo Sigonio (1524 bis 1584) für antiquarische und geschichtliche Forschungen, sowie an den nach Rom übergesiedelten Ausländern, dem Franzosen Marc Antoine Muret (1526-1585), den Spaniern Don Antonio Agustin (1517-1586) und Pedro Chacon (Ciacconius, 1525-81) und dem Portugiesen Achille Estaço (Statius, 1524-81).
Während nicht bloß die Jugend, sondern auch gereifte Männer aus allen Ländern nach Italien zogen, um an der Quelle die neue Wissenschaft zu schöpfen, nahm dieselbe doch in den verschiedenen Ländern eine verschiedene Gestalt an; nur in dem einen stimmte sie überein, daß die heutige Sonderung zwischen Philologen einerseits und Theologen, Juristen, Medizinern, Philosophen, Historikern anderseits an den bedeutendsten Männern sich nicht durchführen läßt, und daß alle einen scharfen Gegensatz gegen die alte scholastische Latinität bilden.
Daraus entwickelt sich für die Philologie
der Begriff der Polyhistorie, die anfangs auf dem Grunde der klassischen Litteratur alle
Wissenschaften umfaßt, weil man sie zur gründlichen Verbesserung u. Erklärung der Schriftsteller brauchte,
dann als ein Teil der Polymathie etwa nur die mathematischen Disziplinen ausschließt; daneben geht im engsten Umfang die Sprachwissenschaft,
welche in ihrer Anwendung auf die biblischen Schriften die philologia sacra ausmacht. Die Richtung auf Polyhistorie zeigt sich
zunächst in Frankreich, wo bis zu der Zeit Ludwigs XIV.
Männer aus den verschiedensten Berufskreisen sich an den philologischen Studien beteiligten, fast alle ausgezeichnet durch große Gelehrsamkeit. Zunächst sind es die Juristen, welche durch die Anwendung philologischer Exegese und durch Benutzung der erweiterten Kenntnis des römischen Altertums das römische Recht aus den Quellen herstellten und damit auch dem Verständnis der Schriftsteller großen Gewinn brachten, wie Guillaume Budé (1467-1540), Jacq. Cujas (1522-90), Franç.
Hotman (1524-90), Barnabé Brisson (1531-91), Pierre Daniel (1530-1603), Pierre Pithou (1539-1596). Die enge Verbindung der Philologie
mit
der Jurisprudenz wurde die Grundlage der wahren Methode für beide Disziplinen; sie wurde in der Kritik und
Erklärung sicher und scharf gehandhabt von Adrien Turnébe (1512-65), Denis Lambin (1520-72) und dem gelehrtesten Sprößling
einer gelehrten Buchdruckerfamilie, Henri Estienne (Stephanus, 1528-1598), dem neben der Ausgabe zahlreicher Schriftsteller sein
»Thesaurus graecae linguae« ein dauerndes Andenken sichert.
Auch fehlte es außerdem nicht an guten Kritikern, gründlichen Historikern und fleißigen Antiquaren; unter den Jesuiten sind Sirmond (1559-1651) und Petau (1583-1652) nicht zu vergessen. Aber die religiösen Streitigkeiten und Verfolgungen haben die ausgezeichneten Hugenotten veranlaßt, das Land zu verlassen, und die philologischen Studien schwer geschädigt. Isaac Casaubon (1559-1614) ging nach England, Jos. Just. Scaliger (1540-1609), der bedeutendste von allen, 1593 nach Leiden, [* 31] ebendahin Claude de Saumaise (Salmasius, 1588-1653).
Was in den Niederlanden für diese Wissenschaft bis zu dem Ende des 16. Jahrh. geschehen ist, gehört Deutschland
[* 32] an. Erst als
in der kleinen Republik Holland die Stadt Leiden als Lohn für ihre Tapferkeit 1575 eine Universität erhalten hatte
und Scaliger 1593 dahin berufen worden war, begann von dort aus eine neue Blüte
[* 33] der Philologie
, die auch an den Universitäten zu Franeker,
Groningen, Utrecht,
[* 34] Harderwijk und an einigen Athenäen sowie durch tüchtige Schulmänner und Buchdrucker (Plantin, die Elzevire,
Wetstein) eifrige Pflege fand.
Scaliger beherrschte alle Gebiete dieser Wissenschaft und eröffnete ihr neue Bahnen, wie für die Chronologie, für die geschichtliche Auffassung der lateinischen Sprache; er wußte mit Schärfe und Klarheit das Altertum, in genialster Weise nachschaffend, in seiner Totalität wiederzugewinnen. Nach seinem Plan sammelte Jan Gruytere den »Thesaurus inscriptionum latinarum« (1601). Auch hier fehlt es nicht an Sammlerfleiß, wie bei Jan de Meurs (1579-1639), Gerh. Joh. Vossius (1577-1649), ebensowenig an der Pflege ¶