2) Stadt im nordamerikan. Staat Virginia, am Fuß der Fälle des Appomattox River, 35 km südlich von Richmond, hat Tabaksniederlagen,
Woll- und Baumwollmanufakturen, Eisenwerke, blühenden Handel, Schiffahrt
und (1880) 21,565 Einw. Petersburg wurde
im Bürgerkrieg als ein strategisch wichtiger Punkt sehr stark befestigt und vom an von den Unionisten unter Grant
belagert, bis es endlich nach einer dreitägigen blutigen Schlacht von den Konföderierten verlassen und an Einem
Tag mit Richmond, von den Unionisten genommen wurde.
1) Russ. Militärbezirk, umfaßt die Gouvernements Archangelsk, Nowgorod, Olonez, Petersburg, Pskow und Esthland und
hat 1248258,5 qkm mit 5309923 E., d. i. 4,3 auf 1 qkm. -
2) Gouvernement im nordwestl. Teil des europ. Rußlands, grenzt im N. an das russ.-finn. Gouvernement Wiborg und an das russ.
Gouvernement Olonez, im SO. an Nowgorod, im SW. an Pskow, im W. an Livland und Esthland, im NW. an den Finnischen
Meerbusen und hat 53768,2 qkm, darunter 15,6 qkm Inseln im Meere und 9153 qkm Landseen, mit 1745275 E., d. i. 32,5 auf 1 qkm.
Die Oberfläche ist meist niedrig und sumpfig; nur von Zarskoje-Selo nach Jamburg zieht sich eine wasserlose erhöhte Ebene,
deren höchste Punkte die Duderhofschen Berge sind, ferner sind Hügel im SW., und im N. zwischen dem Finnischen
Meerbusen und dem Ladogasee ragen Ausläufer der finn. Höhen hinein.
Geologisch ist im N. Alluvium, in der Mitte die silurische und südlicher die devonische Formation. An Mineralien giebt es hauptsächlich
Sandstein, dann verschiedene Lehm- und Thonarten zu Ziegelei und Töpferei u. a.; nördlich von der Newa
einzelne Granitmassen sowie stellenweise Eisen- und Kupfererz. Die Gewässer gehen zum Finnischen Meerbusen entweder unmittelbar
(Newa, Luga, Narowa mit der Pljussa) oder mittelbar durch den Ladogasee (Wolchow, Sjaß, Pascha) an der Nord- und durch den
Peipussee an der Südwestgrenze.
Das Klima ist feucht und veränderlich. Die Bevölkerung besteht ans Russen, Finnen und zwar Sawakoten, Ewremaiset,
Woten, Ishoren, ferner aus Esthen und deutschen Kolonisten. Der Religion nach gehören 1350000 der russ., 234000 der evang., 30000 der
kath. Kirche an. Den Rest bilden Raskolniken (16000), Mohammedaner (15000), Juden (9000), Armenier u. a. Ackerbau
und Viehzucht sind schwach entwickelt. Bedeutend ist die Waldindustrie, Schiffbau, Fischerei. Petersburg hat 610 Fabriken mit 173 Mill.
Rubel Produktion, darunter
37 Maschinenfabriken (20 Mill. Rubel Produktion), Glas-, Porzellan-, Tuch-, Baumwollfabriken, Flachsspinnereien; 596 km
Eisenbahnen; 1255 Schulen mit 85017 Lernenden. Das Gouvernement, aus der frühern Landschaft Ingermanland gebildet, besteht
aus acht Kreisen: Petersburg, Gdow, Jamburg, Luga, Nowaja Ladoga, Peterhof, Schlüsselburg, Zarskoje-Selo, sowie
aus der Stadthauptmannschaft Petersburg und aus dem Militärgouvernement Kronstadt. - 3) Kreis im nördl. Teil des Gouvernements Petersburg, am
Finnischen Meerbusen, hat 1702,5 qkm, außer der Hauptstadt etwa 78060 E., zum Teil Finnen und deutsche Kolonisten, eine Porzellanfabrik
an der Ochta, die Alexandrowsche Manufaktur, Glas-, Papier-, Gewehr- und andere Fabriken, Schiffbau, Viehzucht und stellenweise
Ackerbau. - 4) Stadthauptmannschaft (gradonatschalstwo) Petersburg, hat 290,3 qkm und umfaßt die Stadt
Petersburg mit ihrer nächsten Umgebung. - 5) Petersburg, richtiger Sankt Petersburg, russ. Sanktpeterburg, im Volksmund Piter (das niederländ.
Pieter, d. i. Peter), bei den nichtruss.
Slawen häufig Petrograd, neben Moskau die Hauptstadt des Russischen Reichs und die Residenz der russ. Kaiser, unter 59° 57'
nördl. Br., 30° 20' östl. L. von Greenwich, in niedriger Ebene (2-8, auf den Inseln 0-3 m Höhe), an der Mündung der Newa
in den Finnischen Meerbusen. Diese teilt sich hier in die nördlich abgehende Newka, welche sich später
in die mittlere und kleine Newka teilt, und die Große und Kleine Newa, welche beide die Insel Wassiljewskij-Ostrow (Basiliusinsel,
99,66 ha) umschließen.
Durch diese Spaltungen des Stroms und verschiedene Nebenarme und Kanäle entstehen größere und kleinere Inseln, von
denen 17 mehr oder minder bebaut sind. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt +3,6°, im Januar -9,4°, im Juli +17,7° C.,
die Höhe der Niederschläge 464,5 mm. Es sind 72,7 Schneetage im Jahre. Bei Hochwasser sind die tiefer liegenden Stadtteile
Überschwemmungen ausgesetzt. Hierzu ein Stadtplan mit Verzeichnis der Straßen u. s. w., sowie ein Situationsplan:
St. Petersburg und Umgebung.
Größe und Bevölkerung. Petersburg (ohne Vorstädte) nimmt einen Flächenraum von 85 qkm ein, hat einen Umfang von 47 und einen Durchmesser
von 13 km. Die Bevölkerung betrug 1780: 174778, 1812: 308474, 1837: 468625, 1856: 490808, 1869: 667963, 1885: 861303, 1889:
ohne Vorstädte 954400, mit den Vorstädten 1033615 Seelen. 1890 waren männlichen Geschlechts 54, weiblichen 46 Proz.
Der Religion nach waren: russisch-orthodox 84¾ Proz., Raskolniken ¼, evangelisch 9, katholisch 3¾, Israeliten über
1¾, Mohammedaner ¼, anderer Bekenntnisse ¼ Proz.;
den Ständen nach 97755 Adlige, 902 Geistliche, 33416 sog. Ehrenbürger, 16216 Kaufleute, 224426
Städter, 501746 Bauern;
der Muttersprache nach: Russen 87 Proz., Deutsche 4,6, Polen 2,3, Finnen 1,8, Juden
1,1, diese zusammen gegen 97 Proz., dann noch Esthen, Schweden, Letten, Franzosen, Engländer, Litauer u. a., zusammen 3 Proz. 1892 wurden
geboren 30276 (31,3 Promille), es starben 25191 (26,1 Promille), Ehen schlossen 5974 (6,2 Promille) Personen.
Analphabeten im Alter
von 6 bis 70 J. sind bei den Männern 26, bei den Frauen 49 Proz. In Garnison liegt neben andern
Truppengattungen besonders Leibgarde-Infanterie, -Kavallerie und -Artillerie.
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Anlage, Brücken. Petersburg ist sehr regelmäßig gebaut, mit weiten und langen Straßen und großen Plätzen. Der nördlich gehende
Teil der Newka trennt die sog. Petersburger Seite (links) von der Wiborger Seite (rechts). Der Hauptteil der Stadt liegt links
an der Newa. Sie zerfällt in 12 Stadtteile (tschasti) und 38 Distrikte. Den Mittelpunkt bildet der Admiralitätsteil
zwischen der Großen Newa und dem Mojkakanal, mit den größten Regierungsgebäuden, den schönsten Palästen und den reichsten
Kaufläden.
Die übrigen Stadtteile sind: der Kasansche, der Spaßkische, der Kolomna- und Narwateil (zwischen Newa, Fontanka und Obwodnyjkanal),
der Moskauer Stadtteil (zwischen Fontanka, Obwodnyj- und Ligowokanal), der Alexander-Newskij-Stadtteil
(zwischen Newa, Obwodnyj- und Ligowokanal), der Litejnyjteil (zwischen Newa, Fontanka und Ligowokanal), der Roshdestwenskij-Stadtteil
(östlich vom vorigen, zwischen Newa und Ligowokanal), der Wassiljewskijteil (Wassiljewskij-Ostrow umfassend), der Petersburger
Teil (auf den Inseln nördlich von Wassiljewskij-Ostrow), rechts an der Newa der Wiborger Teil mit Groß- und Klein-Ochta.
Dazu vier Vorstädte (prigorodki): die Schlüsselburger, Poljustrower, Ljeßnoj und Peterhofer Vorstadt.
Der älteste Stadtteil ist die Peter-Pauls-Festung mit Kathedrale und Münzhof, auf der Krepostnyj-(Festungs-) Insel (1,43 ha),
vor der Gabelung der Kleinen und der Großen Newa. Über die Newa und ihre Kanäle führen 191 Brücken. Von den Newabrücken sind
nur zwei feststehend: die eiserne Nikolausbrücke (1851 erbaut), vom Englischen Quai nach Wassiljewskij-Ostrow
führend, und die ebenfalls eiserne Alexanderbrücke (1873-79 erbaut), vom Litejnyj-Prospekt nach der Wiborger Seite;
die
übrigen sind Schiffbrücken, und im Winter findet der Verkehr über das Eis statt.
Über die Fontanka führt die Anitschkowbrücke
mit vier berühmten Reiterstatuen von Clodt.
Straßen, Plätze, Parkanlagen. Als Mittelpunkt von Petersburg gilt das Admiralitätsgebäude
links an der Newa, der Ostspitze von Wassiljewskij-Ostrow gegenüber. Von ihm strahlen fächerförmig nach Südost und Süd
die drei schnurgeraden Hauptstraßen P.s aus: der Newskij-Prospekt (fast 5 km lang, 35 m breit), von kolossalen Palästen
und Prachtbauten eingefaßt, die etwas schmälere Gorochowaja-(Erbsen-)Straße und der Wosneßenskij-(Himmelfahrts-)Prospekt.
Andere Straßen ersten Ranges, hier Prospekte oder Perspektiven genannt, sind der Litejnyj-, Wladimirskij-, Sagorodnyj-, Sabalkanskij-Prospekt
u. a.; Straßen zweiten Ranges (russ. ulizy, Einzahl uliza) sind die Große und Kleine Morskaja, Millionnaja, Sadowaja, Kasanskaja,
Konjushennaja (Stallhofstraße) u. a. Die Straßen dritten Ranges heißen Pereulki (Einzahl: pereulok, Querstraße). Von den 64 öffentlichen
Plätzen sind bemerkenswert der Admiralitätsplatz, einer der schönsten Plätze Europas, der mit dem
Peter- oder Senatsplatz sowie den östlich angrenzenden Roswodnaja- und Palastplatz ein großes Ganzes bildet;
der Isaaks-,
Marien-, Alexandra-, Snamenskijplatz;
das Marsfeld, auf dem die Paraden stattfinden;
auf Wassiljewskij-Ostrow der Börsen- und
der Rumjanzewplatz.
Parkanlagen sind: der Alexander-, Sommer-, der Michajlowsche, der Jussupowsche, der
Zoologische Garten, der Alexanderpark (an der Festung).
Denkmäler. Das Reiterstandbild Peters d. Gr., von Falconet modelliert und von Katharina II. 1782 errichtet, auf dem
Petersplatz;
ein Standbild desselben in Imperatorentracht von Rastrelli (1800 errichtet) hinter der Ingenieurschule;
das Denkmal der Kaiserin
Katharina II. (Bronzefigur auf Granitsockel, 1873 errichtet);
die Alexandersäule (25 m hoch, 4 m im Durchmesser,
von poliertem roten Granit, 1834 zu Ehren von Alexander I. errichtet) auf dem Palastplatze;
die Reiterstatue Nikolaus' I. (von
Clodt, 1859 errichtet) auf dem Marienplatz;
Denkmäler der Feldherren Barclav de Tolly, Kutusow, Rumjanzew, Suworow, des Admirals
Krusenstern, des Prinzen Peter von Oldenburg, der Dichter Krylow, Puschkin und Shukowskij, des Reisenden
Prschewalskij;
das Denkmal zur Erinnerung an den Türkenkrieg 1877-78 (nach Art der Berliner Siegessäule);
Triumphpforten am
Eingang der Chausseen von Moskau und von Narwa.
Kirchen und Klöster. Petersburg hat etwa 400 Kirchen und Kapellen, darunter 231 russisch-orthodoxe, 14 evangelische, 15 katholische, 2 englische, 2 armenische;
ferner 1 Synagoge, 6 israel. und 3 mohammed. Bethäuser. An der Spitze der russ. Kirchen steht die Isaaks-Kathedrale (1858 vollendet
nach den Plänen Monferrands), in Form eines griech. Kreuzes, mit 48 Monolithsäulen von 17 m und
einer Kuppel von 82 m Höhe und mit prachtvollem Ikonostas. Erwähnenswert sind ferner: die Kasansche
Kathedrale (1733 gegründet, 1801-11 umgebaut) mit halbkreisförmiger Kolonnade von 132 korinth.
Säulen und im Innern mit 56 polierten, 11 m hohen Granitsäulen; die Peter-Pauls-Kathedrale in der Festung mit den Sarkophagen
der russ. Kaiser (außer Peter II.), die Preobrashenskij-, die Blagowjeschtschenskij-Kirche, die Sühnkirche
(im Bau begriffen) zum Andenken an den Tod des Kaisers Alexander II. am Jekatarinenkanal. Dazu das Alexander-Newskij-Kloster (s. d.),
das Nowodjewitschij-(Nonnen-)Kloster und das Smolnyj-Kloster. Von den Kirchen der übrigen Konfessionen sind bemerkenswert:
die luth. Peter-Pauls-Kirche (mit Altarbild von Brüllow) auf dem Newskij-Prospekt, die kath. Katharinenkirche auf derselben
Straße und die deutsch-reform. Kirche unweit der Post. Petersburg hat 25 Friedhöfe.
Weltliche Bauten. Von kaiserl. Palästen steht obenan: der Winterpalast (137 m lang, 106 m breit, 24 m hoch), 1751-64 von
Rastrelli erbaut, 1837 nach einem Brande umgebaut, mit der kaiserl. Schatzkammer, in der sich unter andern der berühmte
Diamant Orlow befindet (s. Diamant, Bd.
5, S. 248 a). Er ist durch Bogengänge mit der Alten und der Neuen Eremitage (letztere rechteckig in griech. Stil, 1840-52 von
Klenze erbaut) verbunden. Dann sind bemerkenswert: das Anitschkow-Palais, 1741-44 erbaut, gewöhnlich Wohnung des Thronfolgers
nach seiner Verheiratung, von Kaiser Alexander III. aber auch nach der Thronbesteigung als Wohnung beibehalten;
das Marmorpalais, 1770-83 erbaut, an der Newa;
die Palais mehrerer Großfürsten und Großfürstinnen, darunter das alte Michaelsche
Palais (1819-24 erbaut; jetzt Ingenieurschule);
das Taurische Palais (1783 von Katharina II. erbaut) mit einem Riesensaal (dem
sog. Wintergarten; jetzt Skulpturenmuseum) und großem Park. Zahlreich sind die Regierungsgebäude: die prächtige
Admiralität, Sitz des Marineministeriums, mit Bibliothek, einer Sammlung von Schiffsmodellen u. a.;
das Generalstabsgebäude
mit einer Façade von 768 Fenstern, das Reichsratsgebäude (ein ehemaliges Leuchtenbergsches Palais), das alte und das neue
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Arsenal, die Gebäude des Senats, des Synods, der Ministerien, der Erziehungs- und Pflegeanstalten; die Theater, Exerzierhäuser, 22 Kasernen.
Von Privatbauten sind zu nennen: das Palais des Grafen Stroganow am Newskij-Prospekt, der Palast des Grafen Scheremetjew an der
Fontanka, des Fürsten Demidow an der Morskaja, das maur. Palais des Fürsten Murusi auf dem Litejnyj-Prospekt,
das Derwis-Palais auf dem Englischen Quai u. a.
Behörden, Verwaltung. Über Petersburg als Sitz der russ. Centralbehörden s. Rußland. Ferner ist es Sitz eines Militär- und eines
Civilgouverneurs, des Metropoliten von Petersburg, eines evang. Konsistoriums, der
Kommandos der Garden, des 1. und 18. Armeekorps u. a., der Botschafter und Gesandten der europ., mehrerer
amerik. und einiger asiat. Staaten. Die Verwaltung der Stadt steht unter dem Stadthauptmann (gradonatschalnik). Der Stadtrat
(Duma) besteht aus 103 Mitgliedern.
Das Budget der Stadt betrug 1893: 11,5 Mill. Rubel Einnahme und 10,7 Mill. Rubel Ausgabe. Zur Beleuchtung der Stadt dienen 9874 Gas-
(4 Gasanstalten), 7040 Petroleum- und 148 elektrische Laternen. Großartig sind die Vorrichtungen zur
Wasserfiltrierung mit einer Röhrenleitung von 375 km in die Häuser links von der Newa und 106 km rechts von der Newa und
auf den Inseln. Seit 1891 besteht ein städtisches Laboratorium zur Untersuchung der Nahrungsmittel. Über die Petersburger
Feuerwehr s. Feuerlöschwesen (Bd. 6, S. 736 b).
Bildungswesen. Petersburg hat 23 höhere, 114 mittlere Unterrichtsanstalten und 465 Elementarschulen. Die kaiserl.
Universität (1816 gegründet) hat eine histor.-philolog., physik.-mathem., jurist. und orient. Fakultät, Bibliothek (215700
Bände), botan. Garten, Observatorium für Astronomie und Meteorologie, Laboratorien, Kabinette und (Ende 1893) 144 Docenten, 2634 Studenten
und 41 Hörer. Ferner bestehen: die Geistliche Akademie (gegründet 1797) im Alexander-Newskij-Kloster
mit Bibliothek, 26 Docenten und 251 Studenten;
die Römisch-katholische Geistliche Akademie (1842 von Wilna nach Petersburg verlegt) mit
Bibliothek (50000 Bände) und 11 Docenten;
die kaiserl. Rechtsschule (Internat, 1835 gegründet), nur für Söhne privilegierter
Stände;
die Militär-Juridische Akademie;
das Alexander-Lyceum (1811 in Zarskoje-Selo gegründet, später
nach Petersburg verlegt), in seinen drei letzten Klassen ziemlich der jurist.
Fakultät einer Universität entsprechend;
das Historisch-Philologische
Institut (gegründet 1867) zur Ausbildung von Gymnasiallehrern;
das Archäologische Institut (gegründet 1877) zur Heranbildung
von Archivaren;
die Militärmedizinische Akademie mit dem Klinischen Militärhospital und dein Willjeschen Hospital
(gegründet aus einem Vermächtnis von 2 Mill. Rubel des Baron Willje [1764-1854]), mit 70 Docenten, 18 Prosektoren und Assistenten
und 742 Studenten;
das Klinische Institut der Großfürstin Helene Pawlowna;
das Praktisch-technologische Institut (1828 gegründet)
mit Museum und 47 Docenten;
das Institut für Straßen- und Wasserbauingenieure;
das Institut für Civilingenieure (die
frühere Bauschule);
das Elektrotechnische Institut;
das Berginstitut (gegründet 1773, reorganisiert 1834) mit Bibliothek, mineralog.
Museum, 22 Docenten und 600 Studenten;
das Forstinstitut;
das Lehrerinstitut;
die militärischen: Generalstabsakademie, Nikolajsche
Ingenieur-, Nikolajsche Marine- und Michajlowsche Artillerie-Akademie.
Das
Konservatorium für Musik, die Akademie der Künste
(gegründet 1754) mit zahlreichen Kunstschätzen, darunter die Leuchtenbergsche Gemäldegalerie und ein
Museum russ. und altchristl. Altertümer. Dazu noch höhere weibliche und pädagogische Kurse. An Mittelschulen giebt es: 12 Gymnasien, 4 Militär-, 4 deutsche
Gymnasien, 6 Junkerschulen, 2 Progymnasien, 5 Realschulen, 1 Lehrer-, 1 geistliches Seminar, Musik-, Theaterschule, 2 Handelsschulen,
technische Schule für Post- und Telegraphenbeamte, 3 Zeichenschulen, darunter die Stiglizsche (mit einem
Vermögen von mehrern Mill. Rubel aus dem Nachlaß des Stifters), 8 Mädchengymnasien, das Smolna-Institut für adlige Jungfrauen,
das Katharinen-, Elisabeth-, Nikolaj- und andere Institute und zahlreiche Privatanstalten.
Die kaiserl. Akademie der Wissenschaften (s. Akademien, Bd. 1, S. 278 a) besteht aus einer physiko-mathem.
Abteilung, einer Abteilung für russ. Sprache und Litteratur und einer histor.-philol. Abteilung und hat
(1893) 27 ordentliche, 10 außerordentliche, 42 Ehren-, 211 korrespondierende Mitglieder, Bibliothek (160000 Bünde, 130000
Handschriften), asiat. Museum (Bücher, Handschriften in allen asiat. Sprachen, auch Münzen, Inschriften u. a.; gegründet
1818), ethnogr.-anthropol., archäol., botan., zoolog. Museum,
verschiedene Laboratorien und Kabinette.
Nach andern Richtungen sind thätig: die kaiserl. Freie Ökonomische Gesellschaft (seit 1765), die Geographische
Gesellschaft (s. Geographische Gesellschaften, Bd.
7, S. 809 b), die Gesellschaft der Techniker, die Russisch-historische, die Naturforschende, die Entomologische, die Archäologische
Gesellschaft, die Slawische Wohlthätigkeitsgesellschall (gegründet 1867), die Vereine für Landwirtschaft und Gartenbau u. a.
Zu den größten Bibliotheken Europas gehört die kaiserl. Öffentliche Bibliothek (1794 mit der aus Warschau
überführten Bibliothek Zaluskis begründet) mit 1,05 Mill. Bänden, 28000 Handschriften, (1889) 82649 Rubel Einnahme, 80373 Rubel
Ausgabe, darunter 28494 Rubel für Erwerbungen. (Vgl. Minzloff, Ein Gang durch die kaiserl. Öffentliche Bibliothek in Petersburg, Petersb.
1872.) Unter den Museen steht obenan die Eremitage mit ihren reichen Sammlungen von Altertümern (auch
aus Sibirien und Kertsch), Münzen, Skulpturen, Vasen, Waffen und besonders mit der berühmten Gemäldegalerie (s. Museum, Bd.
12, S. 103 b). Ferner sind zu nennen: die Semenowsche und die Stroganowsche Gemäldegalerie, das Landwirtschaftliche Museum,
das Museum für Volksindustrie, das Pädagogische Museum mit Sälen für öffentliche Vorträge, das Zollmuseum
mit ethnogr. Abteilung, das Museum der Geographischen Gesellschaft u. a.
Von den Theatern ist das kaiserl. Große Theater (1784 erbaut, zuletzt 1836 umgebaut, mit 4000 Plätzen) jetzt für das Konservatorium
eingerichtet. Das Marien-Theater (1860 erbaut; 2000 Plätze) bietet russ. Vorstellungen; das Alexander-Theater
(1828 erbaut; 1700 Plätze) russische, zuweilen auch deutsche Dramen; das Michael-Theater (1835 von Brüllow erbaut) ist für
Drama und Lustspiel, das Kleine Theater für Operetten, das Panajewsche Theater für ital. Oper, das Volkstheater auf Wassiljewskij-Ostrow.
Dazu einige Sommertheater und der Cirkus Ciniselli. Von den Klubs sind die wichtigsten: der englische,
der Tanz-, der Kommerz-, der Adels-, der Jacht-Klub. Auch ein Klub deutscher
mehr
Handwerker ist vorhanden. An Zeitungen erschienen in Petersburg (1894) 232 russische, 7 deutsche (darunter die Tageblätter: «St.
Petersburger Zeitung» und «St. Petersburger Herold), 4 französische (»Journal de St. Petersbourg", s. d.),
1 polnische («Kraj»),
1 finnische
und 1 althebräische. Von den russischen sind die wichtigsten die Tageblätter: «Prawitelstwennyj Wjestnik» (Regierungsbote),
«Nowoje Wremja» (s. d.),
«Nowosti», «Grashdanin»
(s. d.),
die Wochenschriften: «Wsemirnaja Illjustrazija», «Niwa»
und die Monatsschrift «Europäischer Bote» (s. d.). Petersburg hatte Ansang 1893: 144 Buchdruckereien, 50 Buch-, 23 Musikalienhandlungen, 35 Leihbibliotheken
und 2 Volksbibliotheken. Eine Kunstanstalt ersten Ranges ist die kaiserl. Staatsdruckerei (besonders
für Herstellung von Staats- und Wertpapieren).
Wohlthätigkeitsanstalten. In erster Reihe steht das Findelhaus (1772 gegründet), das jährlich gegen 9000 Kinder
aufnimmt. Von den 47 Krankenhäusern sind bemerkenswert: das Obuchowsche Hospital (1784 errichtet; mit 1000 Betten), das Alexander-Hospital
(400 Betten), das Marien-Krankenhaus (1803 gegründet; 540 Betten), das Kalinkin-Hospital (seit 1779; 600 Betten), das Maria-Magdalenen-Krankenhaus,
das Peter-Pauls-Hospital, das Maximilians-Krankenhaus mit ambulanten Ärzten, das erste und zweite Hospital
für die Landtruppen, das Deutsche Alexander-Hospital auf Wassiljewskij-Ostrow. Außerdem bestehen eine Augenheilanstalt,
ein Taubstummeninstitut, ein Irrenhaus, mehrere Kinderkrankenhäuser, gegen 90 Armenhäuser, darunter das Witwen- und Armenhaus
der luth. St. Annengemeinde, 38 Herbergen, 144 Asyle mit Einschluß der Kinderbewahranstalten, wohlthätige Gesellschaften,
wie die Gesellschaft der Menschenfreunde u. a. Der Aufwand für solche
Anstalten betrug (1893) 8 Mill. Rubel.
Verkehrswesen. Bei den großen Entfernungen innerhalb der Stadt blüht das Fuhrwesen. Es wurden gezählt 1892 gegen 13000 Droschken
(Iswoschtschiks), 7000 Frachtfuhrwerke und zahlreiche Omnibuslinien. Drei Gesellschaften unterhalten 30 Pferde- und 2 Dampfstraßenbahnen,
die 1893: 57 Mill. Passagiere beförderten. Daneben sind thätig Flußkähne und 9 Dampferlinien innerhalb
der Stadt, sowie solche nach Peterhof, Kronstadt, Schlüsselburg, Lachta, Strjelna.
Weitere Dampfschiffahrtsverbindungen gehen über Reval nach Lübeck und über Helsingfors nach Stockholm. In 6 Bahnhöfen münden
ein: im S. die Eisenbahnen Petersburg-Moskau (die Nikolaj-Bahn; 644 km), Petersburg-Zarskoje-Selo-Pawlowsk (27), Petersburg-Warschau (1119), Petersburg-Reval
(370) und Petersburg-Peterhof-Oranienbaum (39), letztere beiden die Balt. Eisenbahn bildend; im NO. die Eisenbahn
Petersburg-Helsingfors (441), und im O. die Schmalspurbahn Ochta-Irinowka (35 km). Durch
den Seekanal zwischen Petersburg und Kronstadt (s. d.) ist auch Seeschiffen
der Zugang nach Petersburg möglich gemacht; der Kanal führt im SW. der Stadt durch die Kanonier-Insel zur Mündung
der Großen Newa. Am Ende des Kanals ist eine große Hafenanlage (700 m lang, 200 m breit) zum Teil noch im Bau begriffen.
Fertig ist ein großer Getreideelevator mit 6 Türmen, der 21300 t faßt, ferner Schienenstränge (15 km) der Nikolaj-Bahn,
welche den Hafen mit den südl. Bahnhöfen und mit dem Newa-Hafen Kalaschnikow im O. der Stadt verbinden.
Der Galeerenhafen findet sich nordwestlich an der Mündung der Großen Newa, im westl.
Teil von Wassiljewskij-Ostrow. Petersburg hat 1 Haupt-, 12 Nebenpostämter
und 15 Filialen, ferner 1 Haupttelegraphenamt und 44 Nebenämter, wovon 9 zugleich Postdienst verrichten. Der Telephonverkehr
hat 4 Vermittlungsstellen, 3918 Teilnehmer in der Stadt, 50 außerhalb der Stadt und Verbindung mit Zarskoje-Selo
und Pawlowsk und Strjelna.
Industrie und Handel. Petersburg ist eine der wichtigsten Fabrikstädte Rußlands. Es hatte Anfang 1893: 514 Privatfabriken mit 77426 Arbeitern
und 151,7 Mill. Rubel Produktion. Am wichtigsten sind die Baumwollfabriken (26 mit 29,5 Mill. Rubel Produktion)
und die Eisengießereien und Maschinenfabriken (113 mit 40,4 Mill. Rubel Produktion), darunter in der Nähe die Obuchowschen
und die Putilowschen Eisenhüttenwerke; ferner 17 Wollwaren-, 26 Papier- und Kartonnage-, 27 chemische, 14 Tabak-, 29 Leder-, 7 Glasfabriken
u. a. Dazu die großartigen kaiserl. Glas- und Porzellanfabriken und die kaiserl. Maschinenfabrik in Alexandrowsk.
Im Großhandel sind gegen 12000 Firmen thätig mit einem Umsatz von 1785 Mill. Rubel.
Die Getreidezufuhr aus dem Innern Rußlands hat abgenommen von (1888) 77,7 auf (1892) 34,6 Mill. Pud. 1890 wurden aus dem
Innern Rußlands eingeführt 271 Mill. Pud Waren, darunter Brennholz (92), Bauholz (45), Getreide (58),
Lehm und Kalk (29 Mill. Pud); ausgeführt 35 Mill. Pud, worunter am stärksten Steinkohle und Torf (5) sowie Chemikalien und
Droguen (3 Mill. Pud) vertreten sind. Der Verkehr mit dem Auslande (außer Finland) zeigt 1891 eine Einfuhr von 78 Mill. Pud
im Werte von 70 Mill. Rubel, darunter hauptsächlich Steinkohle (58), Farben und Droguen (2,9), Gußeisen
(2,7), Baumwolle (1,1 Mill. Pud); eine Ausfuhr von 44,2 Mill. Pud im Werte von 53,3 Mill. Rubel, darunter Getreide (28,1),
Sämereien und Trester (5), Flachs (1,6 Mill. Pud), Spiritus, Eier (94 Mill. Stück).
Aus Finland wurden eingeführt 7,2 Mill. Pud im Werte von 1,7 Mill. Rubel; ausgeführt 6,3 Mill. Pud
im Werte von 14,2 Mill. Rubel. In den Flüssen und Kanälen P.s wurden ausgeladen (1892) 13 857 Fahrzeuge und beladen (1883)
3896, (1888) 820, (1892) 640 Fahrzeuge. Dem Handel dienen die Fondsbörse, die Getreidebörse (13. [1.] Okt. 1894 eröffnet),
der Kaufhof (Gostinnyj Dwor), die Markthallen auf dem Sjennaja-Platz. An Kreditinstituten sind vorhanden
die Kaiserliche Bank (s. Reichsbank, Russische), die Adelsbank, die Bauernbank, 9 Kommerzbanken und 2 Filialen solcher von auswärts, 2 Länderbanken, 3 Kreditgesellschaften.
Außer durch Botschafter oder Gesandte sind die meisten Staaten auch durch Generalkonsuln oder Konsuln (Deutschland, Österreich-Ungarn,
Schweiz) in Petersburg vertreten. Über die Bedeutung P.s für den russ. Buchhandel s. Buchhandel (Bd. 3, S. 673 a).
Umgebung. Prachtvolle Landhäuser für den Sommeraufenthalt finden sich in nächster Nähe, namentlich auf Kamennyj-Ostrow,
auf Krestowskij, der Apothekerinsel und in den umliegenden Dörfern. Weiter entfernt sind Zarskoje-Selo, Pawlowsk, Strjelna,
Peterhof, Oranienbaum, Gatschina, im N. Schuwalowo, Pargolowo, Toksowo mit der sog.
St. Petersburger Schweiz u. a.
Geschichte. Petersburg wurde 1703 von Peter d. Gr. gegründet, und zwar auf einem Gebiet, das kurz zuvor den Schweden entrissen worden
war. Anfangs sollte nur eine Festung (ursprünglich mit holländ.
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Namen Pieterburg) zum Schutz gegen die Schweden erbaut werden, bald jedoch faßte Peter den Entschluß, neben der Festung auch
eine große Stadt anzulegen, die er 1712 zu seiner Residenz erwählte. Das einfache Haus, das sich der Zar gleich anfänglich
in der Nähe der Festung auf der Petersburger Seite erbauen ließ, steht noch. Demselben gegenüber wurde 1714 ein
ebenfalls noch vorhandenes Sommerpalais (der jetzige Sommergarten) aufgeführt. Das erste russ.
Schiff verließ 1717 den Hafen von Petersburg; 1727 kamen bereits 230 Schiffe daselbst an. 1750 zählte die Stadt schon 80000 E. Katharina II.
ließ sich die Verschönerung und den Ausbau der Stadt besonders angelegen sein.
Alexander I. sorgte für Austrocknung der Sümpfe und Moräste in den Umgebungen der Stadt, verband alle Inseln durch Brücken,
legte Parks an und erbaute Kirchen und Paläste. Unter Nikolaus I. wurden ebenfalls großartige Bauten ausgeführt und die ersten
Eisenbahnverbindungen mit dem Innern des Reichs hergestellt. Mit der größern Entwicklung des russ. Eisenbahnnetzes
ist aber die Bedeutung P.s für den Handel zurückgegangen. Auch wirkten die Agitationen der Slawophilen, den Kaiser zu bestimmen,
seine Residenz von Petersburg nach Moskau zu verlegen, hemmend auf die Entwicklung P.s ein.
Vgl. Kohl, Petersburg in Bildern und Skizzen (2. Aufl., 3 Bde., Dresd. und Lpz. 1845-46);
Bastin, Guide du voyageur
à St.-Pétersbourg (Petersb. 1866);
Hafferberg, Petersburg in seiner Vergangenheit und Gegenwart (ebd. 1866);
Hübner, Petersburg und Umgebungen
(Berl. 1880);
Baedeker, Rußland (Lpz. 1883; 3. Aufl. 1892);
Petrow, Geschichte von Petersburg (russisch, Petersb. 1885);
(spr. pihtersbörg), Stadt und Einfuhrhafen im County
Dinwiddie im nordamerik.
Staate Virginien, Bahnknotenpunkt, südlich von Richmond am Appomattox-River, mit (1890) 22680 E.,
einem Park, Zollhaus, Gerichtshaus, Theater, zwei Markthallen, hat bedeutenden Handel nebst Zubereitung von Tabak, Baumwolle,
Erdeicheln (Peanuts), sowie Industrie, die zum Teil Wasserkraft benutzt.
Während der letzten Monate des Bürgerkrieges fanden
in der Nähe blutige Schlachten statt.