Paludan
-Müller,
Frederik, dän. Dichter, geb. zu Kjerteminde auf Fünen, erregte schon als Student in Kopenhagen [* 2] durch sein romantisches Schauspiel »Kjärlighed ved Hoffet« (1832, deutsch: »Die Liebe am Hofe«, Leipz. 1871) die Aufmerksamkeit des Publikums und erwarb sich dann durch sein byronisierendes, durch Witz und Gedankenreichtum ausgezeichnetes Gedicht »Dandserinden« (1833) und das idyllisch-lyrische Drama »Amor og Psyche« (1834, 8. Aufl. 1883) als Dichter einen geachteten Namen, welchen die folgenden Arbeiten, die poetische Erzählung »Zuleima's flugt« (1835),
das polemisierende Gedicht »Trochäer og Jamber« (1837) und »Poesier«
(1836-38, 2 Bde.), noch befestigten. Nachdem
Paludan
-Müller 1838-41
Deutschland,
[* 3]
Frankreich und
Italien
[* 4] bereist hatte, ließ er sich in
Kopenhagen nieder. Von seinen nächstfolgenden
Produktionen sind hervorzuheben: die dramatischen
Dichtungen
»Venus« (1841),
»Dryadens Bryllup« (1844) und »Tithon« (1844),
besonders
aber das didaktisch-humoristische Gedicht
»Adam
Homo« (1841-49, 3 Bde.; 7. Aufl.
1885; deutsch von
Emma Klingenfeld, Bresl. 1882), sein Hauptwerk, worin er ein treffendes
Bild der realistischen
Richtung unsrer Zeit gibt, indem er zeigt, wie der
Mensch in seinem Drang nach
Ehre und Ansehen
Schritt für
Schritt das Idealmenschliche
aufgibt, welches das
Leben zu reicherer Entfaltung bringen sollte. In der
Folge wandte sich Paludan
-Müller einer ganz
neuen
Richtung zu, die im
Gegensatz zu der rein ästhetischen
Dichtung seiner
Jugend und der ethischen Hauptarbeit seines Mannesalters
als religiös-spekulative
Poesie bezeichnet werden kann.
Die erste Andeutung davon gibt er im »Luftskipperen og Atheisten« (1853); sie spricht sich aber voll aus in den schönen und geistvollen Gedichten: »Paradiset«, »Abels Død«, »Kain«, »Ahasverus«, »Kalanus« und »Benedikt fra Nursia« (gesammelt als »Sex digte«, 4. Aufl. 1883),
womit ein neuer Kreis [* 5] tiefsinniger und frischer Ideen in die nordische Litteratur eingeführt wurde. In Prosa folgten die Erzählung »Ungdomskilden« (»Der Jugendborn«, 1865; deutsch, Leipz. 1885) und der sehr weitschichtige Sozialroman »Ivar Lykke's Historie« (1866-73, 3 Bde.),
eine Schilderung des
Lebens in
Dänemark
[* 6] unter
Friedrich VI.; ferner das
Schauspiel »Tiderne skifte« (1874) und das
kleine formschöne Gedicht
»Adonis« (1874), mit welchem er wieder zu den mythologischen
Stoffen zurückkehrte. Er starb in
Kopenhagen. Paludan
-Müller gehört unzweifelhaft, sowohl was
Fülle der
Ideen als was
die Tiefe des sittlichen
Ernstes
und die formelle
Schönheit der
Darstellung anlangt, zu den bedeutendsten dänischen Dichtern unsers
Jahrhunderts. Seine »Poetiske
Skrifter« erschienen 1878-79 in 8
Bänden. Eine vorzügliche
Charakteristik des Dichters gibt
Brandes in seinen »Danske Digtere«.
-
Sein älterer
Bruder,
Kaspar
Peter, geb. seit 1872
Professor der Geschichte an der
Universität
zu
Kopenhagen, hat sich als Geschichtschreiber namentlich durch
»Cola di
Rienzi« (1838),
»Grevens Feide« (»Die Grafenfehde«, 1853-54, 2 Bde.) und »De første Konger af den Oldenborgske Slägt« (»Die ersten Könige aus dem Oldenburger Geschlecht«, 1874) einen geachteten Namen gemacht. Er starb