Offenbarung
(Revelatio), ein unentratsamer
Begriff aller
Theologie, sofern Offenbarung
und
Religion als
Wechselbegriffe
ein und dasselbe
Verhältnis nach den beiden Seiten bezeichnen, die es der Betrachtung darbietet. Auf den untersten
Stufen
der religiösen
Entwickelung kommt der Offenbarun
gsglaube in der Gestalt roher
Vorstellungen von
Orakeln, Traumgesichten, Vorzeichen
etc. und andern schlechthin übernatürlichen göttlichen Kundgebungen an die
Menschen vor.
Noch das
Alte Testament kennt
Gottes- u. Engelerscheinungen, himmlische
Stimmen,
Träume und
Verzückungen
als vereinzelt auftretende, gegeneinander abgegrenzte Offenbarun
gsformen, während das
Neue Testament seiner
Anschauung von
Christus den
Begriff einer stetigen in der Entfaltung eines normalen religiös-sittlichen Personenlebens sich vollziehende
Offenbarung
zu
Grunde legt. Gleichwohl eignet dem später in die kirchliche
Lehre
[* 2] übergegangenen
Begriff von Offenbarung
eine
einseitige Beziehung auf übernatürliche Belehrung oder übernatürliche Mitteilung über vernünftiger
Wahrheiten, so daß
der
Begriff einer übernatürlichen Offenbarung
in engste
Verbindung mit dem der
Inspiration (s. d.) trat und insbesondere auf die Bibellehre
und das aus derselben gezogene kirchliche
Dogma angewandt, von diesem aber eine sogen. natürliche Offenbarung
unterschieden
wurde. Den
Begriff einer übernatürlichen Offenbarung
bekämpften dann der
Deismus, die
Aufklärung und die ganze rationalistische Verstandeskritik,
während ihn die Restaurationstheologie wieder in modernisierter Gestalt aufrichtete. Im außertheologischen Sprachgebrauch
dagegen erhalten sich
Name und
Begriff der Offenbarung
im
Sinn einer originalen Geistesthat, einer genialen
Entdeckung, besonders
auch einer schöpferischen
Idee auf künstlerische Gebiet.