Oberkastels
oder Obercastels, romanisch Surcasti (Kt. Graubünden, Bez. Glenner, Kreis Lugnez). 998 m. Gem. und Pfarrdorf, auf dem vom Piz Aul nach N. auszweigenden Bergsporn zwischen dem Glenner und dem Valser Rhein und 12,5 km ssw. der Station Ilanz der Bündner Oberlandbahn (Chur-Ilanz). Postablage. 24 Häuser, 167 kathol. Ew. romanischer Zunge. Wiesenbau, Alpwirtschaft und Viehzucht; Obstbau. Viele der Bewohner wandern als Hotelangestellte periodisch aus.
Das Dorf besteht aus
Holzhäusern, die vom
Alter schön gebräunt sind. Hier erreichen die Kirschbäume im
Lugnez ihre oberste
Verbreitungsgrenze. Gemeinsame Kirchgemeinde mit dem gegenüber gelegenen
Furth, mit dem Oberkastels
durch
eine 1900 erbaute schöne Strasse verbunden ist. Kirche zu St. Josef im Dorf selbst und Kirche zu
St. Lorenz unterhalb des
Dorfes auf einem über dem
Glenner aufragenden Felskopf. Der Glockenturm dieser Kirche hat 2 m dicke Mauern und ist ein Ueberrest
des ehemaligen Kastells und späteren
Schlosses, das dem Dorf den Namen gegeben hat: Supercastellum, Supercastrum,
Ueberkastels, Oberkastels.
Von dieser sehr
alten Burg, deren genaue Entstehungszeit nicht bekannt ist, sind s. der Kirche ferner noch Wall und
Graben
sichtbar. Sie diente als Stützpunkt für die kaiserlichen Kriegszüge über den
Lukmanier und dann als
Schutzveste für die deutschen Walserkolonien
(Vals). Das Edelgeschlecht von Oberkastels
wird urkundlich zum erstenmal um 1200 genannt,
muss aber viel älter sein; die
Herren von Oberkastels
bildeten die ältere Linie des Geschlechtes derer von
Castelberg, deren
Stammburg oberhalb
Ilanz stand.
Sie mehrten ihren Besitz und ihre Macht durch Heiraten und die von ihnen bekleideten hohen Aemter, besassen
u. a.
Schloss Baldenstein im
Domleschg, verschiedene
Güter in
Ilanz, sowie im
Lugnez neben Oberkastels
noch
Furth,
Tersnaus und
Camuns, und erhoben in
Furth den
Zoll für das
Valserthal, dessen Bewohner unter ihrer Schutzhoheit gestanden zu haben scheinen.
Hartvicus, der letzte männliche Spross des Geschlechtes, starb 1419, nachdem er sich noch darum bemüht
hatte, seiner Schlosskapelle (der heutigen St. Lorenzkirche) eine möglichste Selbständigkeit zu wahren.
Seine
Erben waren die
Herren von
Baldenstein, die sich nachher im Bistum Basel
niederliessen, dem sie drei Fürstbischöfe gaben (Wilhelm
Rinck von
Baldenstein 1608-1628, Wilhelm Jakob Rinck v. B. 1693-1705 und
Jos. Wilhelm R. v. B. 1744-1762).
Die Gemeinde Oberkastels
stand wie das ganze
Lugnez vor 1371 unter der Oberhoheit der
Herren von
Belmont, 1371-1483
unter derjenigen
der
Grafen von
Sax-Misox und 1483-1538 unter derjenigen der
Bischöfe von
Chur. Dem Oberherrn standen die hohe Gerichtsbarkeit,
die Ernennung der Landvögte und das Kirchenpatronat zu. Von 1538 an wurde das
Siegel des Oberherrn durch
dasjenige der sog. Wappengenossen ersetzt. Es ist dagegen nicht genau bekannt, unter welcher Oberhoheit Oberkastels
und seine
Umgebungen während der zunächst folgenden Jahre standen.
Ulrich Campell erwähnt Oberkastels
als eines der 4
Kirchspiele
des
Lugnez
(Villa,
Vrin, Oberkastels
und
Lumbrein). Vergl. Zwei Aemterbücher des Bistums
Chur (Codex diplomat.
Raet. Vol. VI).