Titel
Oberalppass
(Kt. Graubünden u. Uri). 2048 m. Passübergang, zwischen dem Bündner Oberland (Tavetsch) und dem Urner Urserenthal; wird wie die Furka und der St. Gotthard von einer wichtigen Gebirgsstrasse überschritten. Im Sommer täglich zweimalige Postwagenverbindung Ilanz-Disentis-Andermatt-Göschenen und umgekehrt. Die ganze Route von Chur bis Göschenen ist 100,5 km lang (d. h. Chur-Ilanz 33,3 km, Ilanz-Disentis 30,1 km, Disentis-Andermatt 31,6 km und Andermatt-Göschenen 5,5 km), hat von Reichenau an durchgehends eine Breite von 4,8 m und steigt im Maximum 10%. Die sog. Oberländerstrasse (Reichenau-Disentis) ist 52,9 km lang, wurde 1840-1858 erbaut und hat 722000 Fr. gekostet; die 1862-1863 erbaute Strecke Disentis-Andermatt (31,6 km) zerfällt in das vom Kanton Graubünden auf seine eigenen Kosten erstellte Stück Disentis-Oberalp (20,9 km), das 357400 Fr. gekostet hat, und das auf gemeinsame Kosten der Kantone Graubünden und Uri und des Bundes erstellte Stück Oberalp-Andermatt (10,7 km). Die Strecke Disentis-Andermatt ist eine militärische Alpenstrasse von grosser strategischer Bedeutung und daher in die Befestigungsanlagen des Gotthard mit einbezogen worden. Tschamutt-Andermatt 3½, in umgekehrter Richtung 4 Stunden (ohne Abkürzungen). Der sommerliche ¶
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Personenverkehr ist bedeutend, bleibt aber hinter dem der Furka zurück; Waren werden über den Oberalppass
nur wenige befördert.
Der nahe der Passhöhe am Oberalpsee stehende Gasthof (von Göschenen in 3 Stunden bequem zu erreichen) dient als Fusspunkt
für eine Reihe von Exkursionen (Lautersee; Calmot; Tomasee, Badus, Pazzolastock, Piz Cavradi; Crispalt, Piz Tiarms,
Schneehühnerstock, Schienstock, Federstock, Piz Giuf etc.). Die Strasse durchzieht schöne Alpweiden mit zahlreichen Hütten
und gewährt manche reizenden Ausblicke, kann sich aber an Grossartigkeit der Umgebung nicht mit der Furkastrasse messen.
Sie durchzieht von Andermatt aus mit mehreren grossen Schlingen das Thal der Oberalpreuss und steigt von den Hütten von Rufenen an langsam zur Passhöhe hinauf, die in 1½-2 Stunden erreicht wird. Während des Aufstieges schöne Aussicht auf die Dörfer des Urserenthales, die umrahmenden Berge und einige der Gipfel der Gotthard- und Dammagruppe. Auf der Oberalp wird viel Torf gestochen, der längs der Strasse zu grossen Haufen aufgeschichtet und im Herbst in das holzarme Urserenthal hinabgebracht wird, um dort als willkommenes Heizmaterial Verwendung zu finden. 20 m tief unter der Passhöhe liegt der forellenreiche Oberalpsee.
Mit vielen Kehren führt die Strasse nun längs dem S.-Hang des Calmot in 1¼ Stunden nach Sedrun (1401 m) und in weiteren 2 Stunden
nach Disentis hinunter. Eine Variante ist der Pass da Tiarms (2154 m) n. vom Calmot, der in Rueras auf die Oberländer Thalstrasse
ausmündet. Vergl. auch die Art. Disentis, Oberland (Bündner) und Tavetsch. Der Oberalppass
bildet die direkte orographische
Fortsetzung des Urserenthales und ist wie dieses eine zwischen das Aar- und Gotthardmassiv eingeklemmte
Mulde von triasischen und jurassischen Sedimenten, die durch den Gebirgsdruck mehr oder weniger krystallinisch geworden sind
(bei Andermatt schöner Marmor jurassischen Alters, schwarze Schiefer und Rauhwacke).
Bibliographie.
Alpenpässe, die schweizer. 2. Aufl. Bern 1893; Theobald, G. Das Bündner Oberland. Chur 1861; Theobald, G. Naturbilder aus den rät. Alpen. 3. Aufl. von Chr. Tarnuzzer. Chur 1893; Gilli, G. Das Strassennetz des Kant. Graubünden (im Jahresbericht der Naturforsch. Gesellsch. Graub. 1898).