Nossairĭer
(Nossairen, d. h. Halbchristen, auch Kesbiner, Bergbewohner, irrtümlich auch Ansarier genannt), mohammedan. Sekte von der Partei der Schiiten, am Libanon, bildete sich um 892 und erhielt ihren Namen von Nosraya im Gebiet Kufa, dem Geburtsort ihres ersten Oberhauptes. Sie erklären sich selbst für Moslemin; doch ist ihre Religion ein Gemisch von mohammedanischem und christlichem Gnostizismus, vermischt mit Elementen des assyrischen Naturdienstes.
Gott soll in der Gestalt von zwölf
Imams, d. h. in zwölf
Menschwerdungen, als
Abraham,
Moses,
Jesus,
Mohammed etc., auf
Erden
erschienen sein, aber sich, da er allemal Gegner fand, in die
Sonne
[* 3] zurückgezogen haben, weshalb sie
diese anbeten. Auch nehmen sie eine
Seelenwanderung an. Doch bedarf die
Seele des gläubigen Nossairiers
nur einer gewissen
Zeit zur
Reinigung und
Heiligung und wird endlich unter die
Sterne versetzt.
Ihre
Sittenlehre soll
Barmherzigkeit, Redlichkeit,
Gewissenhaftigkeit, Genügsamkeit etc. anempfehlen, doch sind ihre
Sitten noch meist roh.
Obwohl die Vielweiberei für unerlaubt gilt, so gestatten sie doch an gewissen Festtagen willkürliche Vermischung der Geschlechter. Die Türken und Ismaeliten, ihre nächsten Nachbarn, verachten sie; den Christen dagegen sind sie sehr zugethan, wie sie auch manche christliche Feste feiern und manche christliche Gebräuche beobachten. Ein geistliches Oberhaupt führt die Aufsicht über den Kultus und wird als Prophet verehrt. Zu den Zeiten der Kreuzzüge war diese Sekte in Syrien und Mesopotamien weit verbreitet; später aber wurde sie auf die Gegend zwischen dem Nahr Kadischa und dem Orontes, besonders auf die Gebirge von Latakia, beschränkt, die sie noch gegenwärtig, etwa 75,000 Köpfe stark, als eine den Türken zwar zinsbare, sonst aber selbständige Völkerschaft innehat.
Vgl. Gobineau, Les religions et les philosophies dans l'Asie centrale (2. Aufl., Par. 1866).