Titel
Nordamerik
anische
Litteratur 1885-90.
Auf dem Gebiete der
Lyrik sind die Amerikaner in der Neuzeit überaus fruchtbar
gewesen; doch wurde nur wenigen Dichtern ein wirklicher Erfolg zu teil. Der greise Walt
Whitman, der viel
angefeindet, neuerdings aber von der
Kritik glimpflicher behandelte Verfasser der »Leaves of grass« (deutsch
in Auswahl von K.
Knortz und T. W. Rolleston, Zürich
[* 2] 1889) hat 1888 eine Gesamtausgabe seiner poetischen und prosaischen
Schriften
in einem
Bande erscheinen lassen. Er ist unstreitig der amerikanischte aller Dichter, und seine radikale
Gesinnung, die er auch konsequent im
Leben bethätigt hat, dürfte schwerlich ihresgleichen in der Litteratur aller
Völker
finden.
Auch
Sidney
Lanier, der besonders in den Südstaaten hoch verehrt wird, veranstaltete endlich eine Gesamtausgabe seiner Gedichte
(1885
); eine neue
Ausgabe von
William
Cullen
Bryants Gedichten veranstaltete
Parke
Goodwin (1886), der auch
Bryants
Tagebücher und Briefwechsel in 2
Bänden veröffentlichte.
Emma
Lazarus (»Poems«, 2 Bde.,
1889) behandelt mit Vorliebe ernst und würdevoll jüdische
Stoffe. »Before the curfew« (1885
) betitelt
sich das neueste poetische Werk des greisen Oliver Wendell
Holmes, größtenteils aus Gelegenheitsgedichten bestehend,
die jedoch den an dem Verfasser gewohnten
Humor häufig vermissen lassen.
James Russell Lowells von einem unwandelbaren Optimismus durchdrungene Gedichte »Heart's ease and rue« (1888) zeigen den Dichter noch in seiner alten Frische. Thomas B. Aldrich, bisher hauptsächlich durch anmutsvolle Erzählungen und einige reizende Lieder bekannt, hat sich nun auch in einem größern Epos aus der Zeit der Königin Elisabeth (»Wyndham Towers«, Bost. 1889), das sich durch leicht fließende, wohllautende Sprache, [* 3] packende, gemütvolle Schilderungen und lebendige Handlung auszeichnet, versucht.
Als eine tief fühlende, vom Ernste des Lebens ergriffene und melancholisch gestimmte Dichterin zeigt sich Rose Terry Cooke (»Poems«, 1888); zierliche, zarte Schöpfungen von ungleichem Werte sind die »New songs and lyrics« von Nora Perry (1887). Margaret J. ^[Junkin] Preston ließ 1887 die Gedichtsammlungen »Colonial ballads«, eine form- und sprachgewandte Bearbeitung alter Kolonialüberlieferungen (Pokahontas, John Smith, Die Puritaner, u. a.) und eine Sammlung religiöser Dichtungen: »For love's sake«, erscheinen.
Nach jahrelangem Schweigen hat Elizabeth Akers, die durch ihr Lied »Rock me to sleep« allgemein bekannte Dichterin, wieder einmal von sich hören lassen (»The silent bridge, and other poems«, 1886). Während sich die vorhin erwähnte Südländerin Margaret Preston längst mit den Folgen des Bürgerkriegs ausgesöhnt hat, kann die Dichterin Annie Ketchum-Chambers (»Christmas carillons, and other poems«, 1888) immer noch nicht die Vernichtung der Konföderation verwinden und hofft jetzt noch auf die Wiederkehr der verschwundenen patriarchalischen Zustände des Südens.
Neuerdings ist sie zum Katholizismus übergetreten. Sie behandelt mit einer gewissen Vorliebe klassische Themata; doch lassen ihre Gedichte kalt und entbehren vor allem der echt amerikanischen Gesinnung. Helen Jacksons »Sonnets and lyrics« (1887) sind gefühlvoll und ansprechend, doch etwas fatalistisch angehaucht. Stuart Sterne (Pseudonym für Marie Blöde) kann man mit Fug und Recht die amerikanische Betty Paoli nennen. Wie in ihren frühern Werken, so verleiht sie auch in »Beyond the shadows« (1888) dem Schmerze des Weibes, dessen Sehnsucht nach Liebe unbefriedigt geblieben, und dem die Entsagung schwer geworden ist, einen wehmütigen, tief gefühlten Ausdruck.
Frau E. T. Corbetts »Rustic rhymes« (1885
),
humoristisch gefärbte
Szenen aus dem amerikanischen Farmerleben, erinnern vielfach an
Will.
Carleton, ohne jedoch dessen Gemütstiefe
zu erreichen. Harriet P. Spofford besang, allerdings in sehr trocknem
Tone, in »Ballads about authors«
(1887) Erlebnisse englischer Dichter. Zahlreiche gelungene Übersetzungen deutscher
Lieder sind in J. Luela
Smiths'
^[Jane Luella
Dowd
Smith]
»Wind flowers« (1887) enthalten; ihre Originalgedichte sind meist frommen
Charakters.
Von den übrigen Dichterinnen der Gegenwart verdienen noch Erwähnung: Edith M.
Thomas, Caroline
Field,
Alice
Brotherton, Lizette W.
Reese, Celia Thaxter. Gehaltlose Reimereien gibt
Will.
Carleton, der Dichter der gemütreichen Farmballaden,
in den
»City ballads« (1885); vorwiegend didaktisch sind
George Raymonds
»Sketches in song« (1887) und Horatio Nordamerik
anische Powers'
»Ten
years of song« (1887). Der 1890
verstorbene
Professor Frederic Hedge, der sich durch sein Wirken für
deutsche
Philosophie und Litteratur in
Amerika
[* 4] hervorragende
Dienste
[* 5] erworben hat, veröffentlichte im
Verein mit
Frau A. L. Wister
»Metrical translations« (1888),
sorgfältige Übertragungen deutscher Lieder, wie solche auch in Joseph H. Dubbs' »Home ballads« (1888) zu finden sind, während des Essayisten Thomas W. Higginson Gedichtsammlung »The afternoon landscape« (1889) ¶
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größtenteils aus Übertragungen aus dem Griechischen und Italienischen besteht. Beachtung verdient Christopher P. Cranchs »Ariel and Caliban, and other poems« (1887),
während H. B. Carpenters anspruchsvolles Gedicht »Liber Amoris« (1887) einen höchst unbefriedigenden Eindruck hinterläßt. Thomas B. Peacocks »Poems of the plains« (3. Aufl. 1889; mit biographischer Einleitung von Prof. Supplée) enthalten Naturbilder, die mit zu den besten gehören, welche die amerikanische Poesie der Gegenwart aufzuweisen hat. In den Gedichtsammlungen von Stokeley S. Fisher, einem Geistlichen (»Poems«, 1884; »Fanny Fay«, 1887; »Lelia Lee«, 1888),
waltet der Ton gläubiger Ergebung vor. S. Weir Mitchell
sucht in »The cup of youth, and other poems« (1889)
den Mangel an natürlicher Begabung durch elegante Sprache und zahlreiche klassische Anklänge zu ersetzen. Zu guten Hoffnungen
berechtigt der junge, besonders im kurzen Liede ausgezeichnete Clinton Scollard (»With reed and lyre«, 1887). John Boyle O'Reilley,
der 1890
verstorbene irisch-amerikanische Journalist, verleiht in seiner Gedichtsammlung »In
Bohemia« (1886) der Liebe zu seinem Geburtsland rührenden Ausdruck.
Frank D. Shermans »Madrigals and catches« (1887) bestehen aus leichten, einfachen, aber lesbaren Versen. O. C. Auringer, der sich früher durch seine »Voices of a shell« als gewaltiger Naturmaler, besonders aber als begeisterter Sänger des Meeres einen geachteten Namen errungen hat, zeigt sich auch in »Scythe and sword« (1887) als ernster Verehrer des Naturlebens. Von den Gedichten Irvin Russels (gest. 1879 in New Orleans) ist erst 1888 zu New York eine Gesamtausgabe erschienen.
Eine melancholische, für amerikanische Verhältnisse viel zu unpraktische Natur, beständig im Kampfe mit den Widerwärtigkeiten des Lebens, die auch auf seine Gedichte einen düstern Schatten [* 7] warfen, war Russel der erste Dichter des Südens, der im Neger einen Leid und Freude empfindenden Menschen erblickte. Seine Darstellungen aus dem Negerleben sind reich an natürlichem Humor. Nachdem Thomas Nelson Page mit seinen Prosaerzählungen aus dem Sklavenleben (»In ole Virginia«, 1887) Glück gehabt, ließ er denselben in Verbindung mit A. C. Gordon auch eine im Negerdialekt verfaßte Gedichtsammlung (»Befo de war«, 1888) folgen, in denen hauptsächlich das Dichten und Trachten der Neger vor dem Bürgerkriege geschildert wird.
Stoffe aus dem Indianerleben haben Truman H. Purdy (»Legends of the Susquehanna«, 1888) u. George Adams (»Siouska,
and other poems«, 1886) poetisch behandelt. In Isaac R. Pennypackers »Gettysburg, and other poems« (1890
) behandelt das Titelgedicht,
eins der wenigen »patriotischen« Gedichte, die genießbar sind, in schwungvoller
Sprache die blutige Schlacht von Gettysburg, durch welche die Macht der Südländer gebrochen ward. Didaktischen Inhalts ist das
Epos Walter L. Campbells: »Civitas: the romance of our nation's life« (1887). Von andern Dichtern der Gegenwart
verdienen noch angeführt zu werden: J. J. ^[James Jeffrey] Roche (»Songs and satyres«),
W. H. Venable (»Melodies of the heart«),
Joaquin Miller (»Songs of the Mexican seas«),
John T. Trowbridge (»The lost earl, etc.«),
Charles L. Moore (»Banquet of Palacios«),
David Proudfit (»Mask and domino«),
Daniel C. Brewer (»Madeleine«),
Charles L. Hildreth (»Masque of death, etc.«),
Dav. L. Foster (»Rebecca the witch, etc.«),
Herbert M. Sylvester (»Prose Pastorals«),
Benjamin F. Taylor (»Poetical works«, 1887). Von Anthologien sind rühmend zu erwähnen: G. B. Griffiths »The poets of Maine« (1888),
eine Auswahl aus 400 im genannten Staate wohnenden Dichtern enthaltend;
F. Brownes »Bugle echoes« (1886), eine Sammlung der Lieder, welche während des Bürgerkriegs im Norden [* 8] und Süden allgemein gesungen wurden;
eigentliche Kriegslieder sind jedoch ausgeschlossen.
Von den Leistungen auf dem Gebiete der poetischen Übersetzungslitteratur sind außer den bereits angeführten
zu nennen: die Übertragung der »Gudrun« von Mary P. Nichols (1890
);
George H. Gibberts Bearbeitung des Buches Hiob (1890
);
W. E. Griffis' »The lily among thorns« (1890),
eine Übersetzung des Hohenliedes;
John De Witts »Praisesongs of Israel« (1885),
eine Wiedergabe der Psalmen in freien Versmaßen;
John M. Crawfords »Kalevala« (1888),
eine hauptsächlich nach französischen Texten bearbeitete Übersetzung des finnischen Nationalepos;
K. Knortz' »Representative German poems« (1885), eine mit den Minnesängern beginnende und bis auf die Neuzeit fortgeführte Sammlung der hauptsächlichsten Lieder und Balladen Deutschlands [* 9] in englischer und deutscher Sprache.
Roman und Novelle.
Seit dem Erscheinen von »Onkel Toms Hütte« hat kein Buch in Amerika ein solches Aufsehen erregt wie Edward Bellamys »Looking Backward«, ein Bild des sozialen Zukunftstaates, zugleich eine vernichtende Kritik der jetzigen Zustände mit ihrer sich beständig erweiternden Kluft zwischen arm und reich. Es wurde in die meisten Sprachen übersetzt und gilt uns hier als der Typus der amerikanischen Tendenznovellistik auf sozialistischem Hintergrund, mit welcher die amerikanischen Novellisten die soziale Frage der großen Masse, die sich nur selten an trocknen Fachschriften vergreift, nahegebracht haben.
Auch Henry D. Lloyd hat in der Novelle »A strike of millionaires against miners« (1890) die Arbeiter gegen das von den Monopolisten ausgeübte Ausbeutungssystem kräftig in Schutz genommen. Soziale Zukunftsbilder von New York entwerfen Anna B. Dodd, eine entschiedene Verehrerin deutscher Anschauungen und Sitten (»The Republic of the future«, 1887),
und Edward Boisgilberts Erzählung »Caesar's Column« (1890). Charles J. ^[Joseph] Bellamy hat in der Novelle »An experiment in marriage« (1889) das Prinzip der freien Liebe verherrlicht. Von den amerikanischen Novellisten, welche den Tendenzschriftstellern nicht zuzuzählen sind, steht William D. Howells in erster Reihe. Seine neuern Erzählungen (»April hopes«, »The minister's charge«, »The rise of Silas Lapham« u. a.) zeichnen sich wie alle seine frühern Werke durch elegante, aber ungekünstelte Sprache, sorgfältige Charakterschilderungen, gesunde, zuweilen allerdings etwas spießbürgerliche Anschauungen aus; unbedeutend ist dagegen seine Posse »A sea-change« (1888). Daß der Humorist Oliver Wendell Holmes ein Mediziner ist, kann er nirgends verleugnen, so auch nicht in seiner Novelle »A moral antipathy« (1886), übrigens eine seiner schwächsten Arbeiten.
Bret Harte hat in den letzten Jahren einen lobenswerten Fleiß entwickelt, ohne aber mit seinen Schöpfungen immer glücklich gewesen zu sein. Seine alten Vorzüge entfaltet er wieder in »By shore and sedge«, drei kleinern frischen, humorvollen Erzählungen, von denen sich besonders die in Kalifornien spielende Novellette »A ship of 49« durch feine, sorgfältig durchgeführte Zeichnung des Hauptcharakters auszeichnet. Dagegen vermögen andre Erzählungen, wie »The ¶
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Argonauts of North Liberty« (1887),
in denen wir ebenso vielen Unwahrscheinlichkeiten wie unmoralischen Verhältnissen begegnen, »Maruja«, worin er die spanische Zivilisation mit der amerikanischen in Kalifornien zu kontrastieren sucht, »A Phyllis in the Sierras, and a drift from Redwood Camp«, zwei Erzählungen aus dem an Abenteuern reichen Leben der westlichen Pioniere, nicht zu befriedigen. Andre Erzählungen sind: »A waif on the Plains« und »A Sappho of Green Springs«, die Geschichte einer jungen, schwer geprüften Witwe, die sich mit ihren Kindern in die Einsamkeit des Waldes zurückgezogen hat und dort ihr Leid so lange in Liedern ausströmen läßt, bis ein alter, reicher Holzhändler sie zur Frau begehrt.
Der Dichter Joaquin Miller hat die Hoffnungen, die man früher auf ihn setzte, leider zu schanden werden lassen. In »The gold-seeker of the Sierras« (1885) sucht er in Bret Hartes Fußstapfen zu treten; in »The destruction of Gotham« (1886) läßt er seiner Entrüstung über die Verbrechen und Grausamkeiten, die in New York unter dem Deckmantel des Reichtums und der Wohlthätigkeit begangen werden, freien Lauf. George W. Cables »Strange stories from Louisiana« (1889) beruhen auf wirklichen Begebenheiten aus dem Leben der Kreolen.
Edgar Fawcett, bisher hauptsächlich als sprachgewandter Lyriker bekannt, ist in der Neuzeit fleißig auf dem Gebiete der Novellistik thätig gewesen und hat eine große Anzahl Romane aus dem sozialen Leben der Amerikaner geschaffen, von denen jedoch nur einer, nämlich »The evil men can do« (1889),
eine größere Popularität erlangt hat. Die geistige Hohlheit der sogen. bessern Gesellschaft zu schildern, versteht Fawcett meisterhaft, so in »Divided lives« (1888) wie in den Novellen »Miriam Balestier« (1888) und »A daughter of silence« (1890). In dem aus mehreren philosophischen Abhandlungen bestehenden Werke »Agnosticism, and other essays« (1889) zeigt er sich als ein Mann von entschieden radikaler Gesinnung, der mit allen religiösen Überlieferungen gebrochen hat u. auch den in Amerika so seltenen Mut besitzt, dies öffentlich zu bekennen.
Auch Edgar Saltus, der Verfasser zweier Werke über den Pessimismus, hat sich neuerdings auf die Romanschriftstellerei verlegt. Als sein bestes Werk ist »Mr. Incoul's misadventure« (1887) zu nennen. Seine Helden sind übrigens mehr passive Träger [* 11] bestimmter Ideen als frei handelnde Personen von ausgeprägter Individualität. Nachdem Albion W. Tourgee durch seine humoristische Erzählung »A fool's errand« eine bedeutende Popularität erlangt hatte, hat er selten ein Jahr vergehen lassen, ohne ein schriftstellerisches Lebenszeichen von sich zu geben. 1887 veröffentlichte er »Letters to a king«.
Unter letzterm versteht er aber nicht etwa irgend ein gekröntes Haupt, sondern einen amerikanischen Jüngling, den er zu einem zukünftigen Bürger der Republik erziehen will. Die Politik will er dadurch ihres oft widerwärtigen Charakters entkleiden, daß er sie mit der Religion in Verbindung bringt. In einem Gespensterhause, in dem ein Hauptapostel der Mormonen geboren wurde, spielt die Novelle »Button's inn« (1887),
reich an fesselnden Lokalschilderungen und an interessanten historischen Bildern; in die Zeit der amerikanischen Revolution führt uns die Erzählung »With gauge and swallows« (1889). »Pactolus Prime« (1890) geißelt die amerikanische Zivilisation der Gegenwart. Julian Hawthorne hat sich in der letzten Zeit hauptsächlich mit der Fabrikation von sensationellen Kriminalgeschichten, die er den Aufzeichnungen des Chefs der New Yorker Geheimpolizei entnahm, beschäftigt; auf litterarische Bedeutung können diese Produkte jedoch keinen Anspruch machen.
Eine Sammlung von Aufsätzen über Litteratur und Verwandtes veröffentlichte er unter dem Titel: »Confessions and criticisms« (1886). Der talentvolle, unter dem Pseudonym »Gath« schreibende und auf allen schönwissenschaftlichen Gebieten thätige George Alfred Townsend schrieb eine historische Novelle: »Katy of Catoctin« (1886),
aus der Zeit der Negerbefreiung. Den virginischen Neger zeigt uns die Erzählung »What might be expected« (1890) von Frank Stockton, der in der Novelle »The great war syndicate« (1890) den zukünftigen Krieg zwischen England und Amerika durch eine Gesellschaft führen läßt, die sich kontraktlich verpflichtet hat, denselben in bestimmter Zeit zu Ende zu bringen, was ihr mittels der sonderbarsten Erfindungen gelingt. Von ungewöhnlicher Erfindungsgabe zeugt George P. Lathrops Novelle »Would you kill him?« (1890); genaue Kenntnis europäischer Verhältnisse verrät Edward L. Bynners Erzählung »Agnes Surriage« (1887); John T. Wheelwrights Novelle »A child of the century« (1887) enthält die amüsante Lebensgeschichte eines Bostoner Advokaten und schildert in fesselnder Weise die Gesellschaft und das politische Parteigetriebe der Bundeshauptstadt Washington. [* 12]
Sarah Orne Jewett schrieb: »A white heron, and other stories« (1886),
eine Sammlung kleinerer Erzählungen, von denen besonders die erste die geschickte Hand [* 13] einer echten Dichterin erkennen läßt. Margaret Holmes beschreibt in »The chamber of the gate« (1886) Szenen aus dem an Täuschungen und Kämpfen reichen Leben einer einfachen Familie in packender Weise. »Uncle Lisha's shop« von Rowland E. Robinson (1888) enthält allerlei vom unverfälschten Yankeehumor durchwürzte Geschichten aus dem Vermonter Landleben. Anna B. Dodds sonderbare Novelle »Glorinda« (1888) vermag höhere Ansprüche nicht zu befriedigen.
Der talentvolle Reiseschriftsteller William Drysdale brachte außer Schilderungen aus Westindien: [* 14] »In summer lands« (1885),
die Novelle »The Princes of Montserat« (1890);
Maurice Thompson die an Unwahrscheinlichkeiten und widerwärtigen Charakteren reiche Erzählung »At love's extremes« (1885);
Charlotte Dunning die genießbarere Novelle »Upon a coast« (1885);
Belle C. Greene richtet sich mit »A New England conscience« (1885) gegen die Orthodoxie der Neuenglandstaaten;
in der packenden Novelle »The bar sinister« (1885) bekämpft ein ungenannter Verfasser die Vielweiberei der Mormonen;
Alice Brown mit »Fools of nature« (1887) den Spiritualismus;
J. W. ^[James Whitcomb] Rileys Werk »The boss girl, and other sketches« (1886) enthält frische, humoristisch gefärbte Skizzen aus dem Leben der Bewohner des Westens;
der Held einer neutestamentlichen Erzählung von Eldridge S. Brooks: »A son of Issachar« (1890),
ist der von den Toten erweckte Sohn der Witwe von Nain;
in die Vorgeschichte Mexikos führt Thomas A. Janviers kulturgeschichtliche Novelle »The Aztec treasure house« (1890);
eine Reihe altnorwegischer Bilder enthält H. H. Boyesens »The Northern Vikings« (1887);
Mark Twains »A Yankee in king Arthur's court« (1889) ist ein albernes Machwerk. In Margaret Delands Novelle »John Ward, preacher« (1888) wird die christliche Orthodoxie dem Agnostizismus in geistreicher Weise gegenübergestellt.
Martha L. Moodeys »Allan Thorne« (1889) bildet ein plumpes, aller gesunden Logik Hohn sprechendes Seitenstück zu der englischen Novelle ¶