Nektarĭen
(Honigwerkzeuge), diejenigen
Stellen einer
Blütenpflanze, an welchen normalerweise eine zuckerhaltige
Flüssigkeit
(Nektar) ausgesondert wird, finden sich in der
Regel in der
Blüte
[* 2] oder in nächster
Nähe derselben und stehen dann in deutlicher
Beziehung zur
Blütenbestäubung
[* 3] (s. d.); bisweilen kommen sie jedoch
auch auf Blättern und Blattstielen, weit von den
Blüten entfernt, vor. Die Blütennektarien
sind im einfachsten
Fall nur
bestimmt begrenzte
Stellen auf der
Oberhaut der Blütenteile, bilden ein kleinzelliges, zartwandiges
Gewebe
[* 4] und pflegen körniges
Plasma nebst
Stärke,
[* 5] Gummiarten und
Zucker
[* 6] zu enthalten; als Umwandlungsprodukt dieser
Stoffe tritt dann
der sogen.
Nektar auf, der durch
Diffusion
[* 7] bis zur Oberfläche des als
Drüse wirkenden Nektariums dringt und daselbst auf verschiedene
Weise ausgesondert wird. Nektarien
finden sich auf der innern
Fläche der Kelchblätter
(Linde), am
Grunde der
Blumenblätter als fleischige
Anschwellungen (Berberitze), auf den am
Grund verbreiteten Staubfäden
(Pentstemon), auf beiden Seiten
des
Fruchtknotens
(Caltha).
Sie bilden eine kreisförmige
Grube am
Grunde der Perigonblätter
(Kaiserkrone), eine Hohlrinne (Blütenblätter der
Lilie),
einen Drüsenhöcker
(Kruciferen)
[* 8] oder Drüsenring
(Nicotiana) oder ein fleischiges
Polster auf dem
Scheitel des
Fruchtknotens
(Umbelliferen).
[* 9] Nicht selten werden die nektarien
tragenden Blütenteile stark umgestaltet; bei der
Nieswurz z. B. bilden
die kleinen, grünlichen
Blumenblätter taschenförmige, mit
Honig gefüllte Behälter,
bei dem
Aglei bildet jedes der fünf
blauen
Blumenblätter ein trichterförmiges
Gefäß
[* 10] mit lang ausgezogenem
Sporn, der in seinem verdickten Ende
Nektar absondert.
Beim Eisenhut (Aconitum) finden sich im Innern der Blüte zwei gestielte, hörnchenartig gebogene Körper, deren verdicktes Ende den Honig ausscheidet. Der zur Ansammlung des Nektars bestimmte Blütenteil wird als Safthalter bezeichnet und enthält in vielen Fällen zugleich den eigentlichen Nektar;
jedoch kann auch ein andrer Blütenteil der Nektariumträger sein;
bei den Veilchenarten z. B. sondern zwei von den fünf vorhandenen Staubgefäßen aus einem zwischen den Staubbeuteln befindlichen zäpfchenartigen Vorsprung den Honig ab, der sich dann in einem Hohlsporn des Blumenblattes ansammelt;
die Safthalter nehmen auch bei andern Pflanzen gern die Form eines Sporns oder einer bauchigen Aussackung an.
Bei
den
Marcgraviaceen
Brasiliens ist die Honigabsonderung auf
Organe außerhalb der
Blüte (extraflorale Nektarien
), nämlich die
Deckblätter,
übertragen, in welchen aus zwei
Poren sehr reichlich
Honig ausgesondert wird. Bisweilen sind oberhalb der
honighaltenden
Stelle dichte Haarbüschel oder auch taschenförmige Ausstülpungen der
Blumenkrone, z. B. bei vielen Asperifolien
die sogen. Schlundklappen, ausgebildet, welche das Einfließen der Regentropfen in die
Blumenröhre verhindern.
Auch gegen den Besuch der honigleckenden und blumenverwüstenden
Ameisen treten in den
Blüten oder im
Umkreis derselben mannigfache
Schutzeinrichtungen auf. Um erwünschten Blumenbesuchern den Weg zum
Honig anzudeuten, erscheinen
in vielen
Blumen diejenigen
Stellen durch auffallend Farbenzeichnung, die sogen. Saftmale, geziert, an welchen das Saugorgan
des Besuchers eingeführt werden muß, wenn die
Bestäubung der
Blüten mit Sicherheit erfolgen soll. Sind die Blumennektarien
offenbar in den
Dienst der Blumenbestäubung gestellt, so erscheint: die Deutung der auf Blättern oder Blattstielen (z. B.
auf den Blattstipeln von
Vicia-Arten, auf den Stielen der Teilblättchen von
Erythrina crista galli, auf der Blattspreite von
Ailanthus glandulosa u. a.) vorkommenden Nektarien
schwieriger;
man nimmt an, daß sie als indirekte Schutzmittel gegen Raupen zu betrachten sind, indem durch die Honigabsonderung Wespen und Ameisen angelockt werden, welche die Raupen angreifen und verzehren.
Vgl. Kerner, Die Schutzmittel der Blüten gegen unberufene Gäste (Wien [* 11] 1876);
Behrens, Die Nektarien
der
Blüten
(»Flora«
1879);
Stadler, Beiträge zur Kenntnis der Nektarien
(Berl. 1886).