Negrīto,
einer der beiden
Zweige, in welche sich die negerähnlichen
Völker im
Stillen und
Indischen
Ozean trennen. Man bezeichnet den andern
Zweig als
Papua (s. d.). Dies ist die Klassifizierung
Sempers, A. B.
Meyers,
Micklucho-Maclays,
Ratzels, wogegen
Wallace,
Quatrefages und
Virchow die Negrito
für eine von der Papuarasse ganz verschiedene Menschenvarietät halten,
da die Negrito
gegenüber den dolichokephalen
Papua ausgemacht brachykephal und zugleich höchst prognath,
auch viel kleiner (1½ m) sind und nicht, wie die
Papua, eine vorspringende und herabhängende, sondern
eine kleine und platte
Nase
[* 3] haben.
Dennoch vereinigt
Semper beide in anbetracht der gleichen Hautfarbe und
Behaarung zu einem Rassentypus und erklärt den Negrito
für
einen auf niedrigerer
Stufe stehenden
Repräsentanten der Papuarasse. Die Negrito
sind uns noch sehr wenig bekannt,
doch zerfallen sie wahrscheinlich in zwei
Gruppen, eine kontinentale und eine insulare. Die erste bewohnt das Zentralland
der
Halbinsel
Malakka, die zweite breitet sich von den
Andamanen bis nach
Mikronesien und
Melanesien aus. Von den Volksstämmen,
welche bestimmt als Negrito
bezeichnet werden können, sind zu nennen: die Aëta oder Agta (d. h.
schwarz) auf den
Philippinen, wo dieselben früher auf allen
Inseln des Archipels zu finden waren, gegenwärtig aber nur in
den gebirgigen, der malaiisch-europäischen
Kultur unzugänglichen Teilen einzelner
Inseln anzutreffen sind. So auf Panai,
Cebu,
Mindanao,
Negros, in der Gebirgsgegend um den
Vulkan herum und in den nördlichen Teilen von
Luzon.
Ob die im Innern von
Borneo,
Celebes und
Dschilolo lebenden
Stämme reine Negrito
oder
Mischlinge mit
Malaien sind, ist nicht festgestellt.
Dagegen sind die Semang im Gebiet
Kedah der
Halbinsel
Malakka unzweifelhaft reine Negrito.
Auch die
Kalang auf
Java scheinen
zu den Negrito
zu gehören, und entschieden rassenverwandt sind die Mincopie der
Andamanen; zweifelhaft aber ist die
Stellung der
Bewohner der
Nikobaren sowie der in den
Gebirgen
Kotschinchinas und des südlichen
Siam hausenden wollhaarigen schwarzen
Stämme.
Was die
Sprache
[* 4] der Negrito
betrifft, so hat A. B.
Meyer Vokabulare der Aëta auf den
Philippinen mitgeteilt,
aus denen hervorgeht, daß der größte Teil des Wortschatzes tagalisch ist, nur einige Wurzelwörter scheinen einen nicht
malaiischen Ursprung zu verraten.