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Gelegenheit bot, emporzukommen. Auf Empfehlung Barras' mit dem Oberbefehl der zum Schutz des Konvents zusammengezogenen Truppen betraut, schlug er durch Kartätschenfeuer den Angriff der insurgierten Sektionen auf die Tuilerien ab, ward vom Konvent als »Retter der Versammlung, der Republik und des Vaterlandes« begrüßt, 16. Okt. zum Divisionsgeneral und Kommandeur der Armee des Innern und zum Oberbefehlshaber der italienischen Armee ernannt. Nachdem er sich 9. März mit Josephine, der erheblich ältern Witwe des Generals Beauharnais, deren Gönner Barras war, vermählt hatte, übernahm er 26. März in Nizza [* 3] den Befehl über das 37,000 Mann starke, kriegsmutige Heer, versprach ihm in einer schwungvollen Proklamation Ruhm und Reichtümer und begann den glänzenden Feldzug in Italien, [* 4] der sein Feldherrngenie im strahlendsten Licht [* 5] zeigte.
Nachdem er durch die
Gefechte von
Millesimo (13. April) und
Dego (14. April) die
Österreicher und Piemontesen getrennt hatte, schlug er
die letztern bei
Ceva und
Mondovi (20. u. 21. April) und zwang den König von
Sardinien
[* 6] zu einem
Waffenstillstand
(28. April). Die
Österreicher besiegte er bei Fombio, erstürmte die
Brücke
[* 7] von
Lodi (10. Mai
) und zog 15. Mai
unter dem enthusiastischen
Jubel des
Volkes, das ihn als Befreier begrüßte, in
Mailand
[* 8] ein. Während er selbst Einfachheit und Strenge
der
Sitten sowie Unbestechlichkeit zur
Schau trug, kettete er
Soldaten und
Offiziere durch Siegesruhm und
Beute immer fester
an sich
und machte sich durch die hohen
Kontributionen, die
er den eroberten
Ländern auflegte und nebst den wertvollsten Kunstschätzen
nach
Paris
[* 9] schickte, dem
Direktorium unentbehrlich. Ende Mai
brach er von neuem gegen die
Österreicher
auf, drängte sie hinter die
Etsch zurück und belagerte
Mantua;
[* 10] seinen
Rücken sicherte er sich durch Besetzung der
Romagna
und einen
Einfall in
Toscana. Einen
Angriff
Wurmsers schlug er bei
Castiglione (5. Aug.) und bei
Bassano (8. Sept.) zurück und schloß
denselben in
Mantua ein, dessen
Entsatz er durch die
Siege bei
Arcole (15.-17. Nov.) und bei
Rivoli
vereitelte, und das sich 2. Febr. ergeben mußte.
Nachdem er durch einen raschen
Vorstoß in die
Marken den
Papst zum
Frieden von
Tolentino (19.
Febr.) gezwungen, drang er ohne Rücksicht
auf die Gefährdung seiner Rückzugslinien durch
Friaul,
Krain
[* 11] und
Kärnten bis nach
Steiermark
[* 12] vor und erzielte
durch diese Kühnheit auch den Präliminarfrieden von
Leoben (18. April), in welchem
Österreich
[* 13] gegen Überlassung
Venetiens die
Lombardei und das linke Rheinufer abtrat, und der am 17. Okt. im
Frieden von
Campo Formio bestätigt wurde, nachdem Napoleon
in
gewaltthätigster
Weise der
Republik
Venedig
[* 14] ein Ende gemacht hatte.
Mit berechneter
Bescheidenheit entzog sich Napoleon
nach seiner Rückkehr nach
Paris (5. Dez.) der Neugier und den
Huldigungen des
Publikums.
Nur im
Luxembourg wurde eine Begrüßungsfeier veranstaltet, bei der
Talleyrand eine schmeichlerische
Rede hielt, und Napoleon
der
Sitz
Carnots im
Institut eingeräumt. Anfang 1798
übernahm er die Leitung der Vorbereitungen zu einer
Landung in
England, erklärte aber bald dem
Direktorium die Unausführbarkeit derselben und schlug die abenteuerliche
Unternehmung
nach
Ägypten
[* 15] (s.
Ägyptische Expedition) vor, zu der das
Direktorium auch seine Zustimmung gab, um den allzu mächtigen
General
zu entfernen.
Unruhiger
Ehrgeiz und Thätigkeitstrieb, die
Hoffnung, auf dem morschen
Boden des
Orients rasch leichte und
glänzende Erfolge zu erzielen, welche die
Phantasie der
Franzosen erregten und seine
Popularität vermehrten, endlich nicht
am wenigsten die Berechnung, daß
Frankreich und seine
Regierung durch Unglücksfälle in neuen
Kriegen während seiner
Abwesenheit
seine Unentbehrlichkeit erkennen und ihn als den Retter und Befreier zurückrufen würden, das waren
wohl
Napoleons
Beweggründe, während die Vernichtung der englischen Macht in
Indien und der
Sturz der Türkei
[* 16] seinem
Geist wohl
vorschweben mochten, die Verwirklichung dieser gigantischen
Pläne aber noch nicht schärfer ins
Auge
[* 17] gefaßt war. Am verließ
Napoleon
mit der Expedition
Toulon,
[* 18] bemächtigte sich durch einen Handstreich
Maltas und landete 30. Juni
Alexandra.
Nachdem er 6. Juli die Mamelucken bei den Pyramiden von Gizeh geschlagen, hielt er 25. Juli seinen Einzug in Kairo. [* 19] Da die Vernichtung der französischen Flotte bei Abukir (1. Aug.) ihn von Europa [* 20] abschnitt, und er Angriffe der Türken gewärtigen mußte, beschloß er im Februar 1799, ihnen durch einen Einfall in Syrien zuvorzukommen, und drang bis Akka (St.-Jean d'Acre) vor, sah sich aber, da 14 Stürme auf Akka von den Engländern und Türken abgeschlagen wurden und die Pest in seinem Heer wütete, genötigt, im Mai den Rückzug anzutreten. In Ägypten warf er 25. Juli bei Abukir ein türkisches Landungsheer zurück, dann aber ließ er, von den Unfällen der Franzosen in Italien und am Rhein und von der unsichere Stellung des Direktoriums unterrichtet, sein Heer im Stiche und schiffte sich mit seinen vertrautesten Offizieren 22. Aug. auf zwei Fregatten heimlich ein. Unbemerkt von den Engländern, gelangte er nach Frankreich und landete in Fréjus.
Das französische
Volk begrüßte ihn als Retter des in
Auflösung begriffenen
Staats. Seine
Reise nach
Paris, wo er 16. Okt. eintraf,
glich dem Einzug eines lang ersehnten Herrschers in sein
Reich. Das
Direktorium wagte nicht, ihn wegen
seiner eigenmächtigen Rückkehr zur
Rede zu stellen. Napoleon
war entschlossen, sich der
Gewalt zu bemächtigen; »das
Volk will und
braucht einen
Herrn«, äußerte er zu seinen
Vertrauten. Sofort begannen die Verschwornen, zu denen außer
Napoleons
Brüdern,
Joseph und
Lucian,
Sieyès,
Talleyrand und
Fouché sowie die meisten
Generale gehörten, die Vorbereitungen
zum Umsturz der Direktorialregierung, der am 18.
Brumaire (9. Nov.) erfolgen sollte. An diesem
Tag wurde von dem zum Teil eingeweihten
Rate der Alten der
Rat der Fünfhundert nach St.-Cloud verlegt und Napoleon
mit dem Oberbefehl über die
Truppen der Hauptstadt
beauftragt.
Barras ward von
Talleyrand zum
Verzicht bewogen, die beiden
Direktoren
Moulins und Gohier von
Moreau gefangen gehalten.
Am 19.
Brumaire (10. Nov.) rückte. Napoleon
mit 8000 Mann nach St.-Cloud, besetzte die Zugänge zum Sitzungssaal der Fünfhundert,
trat selbst in denselben und hielt eine verworrene
Rede, in der er von einem großen
Komplott der
Parteien
redete und die höchste
Gewalt für sich forderte, die aber wirkungslos blieb. Er verließ den
Saal und erschien wieder mit
einigen
Grenadieren.
Nun aber erhob sich ein großer
Tumult: die
Deputierten umringten Napoleon
, überhäuften ihn mit Schmähungen
und schüttelten ihn am
Kragen, so daß er fassungslos und fast ohnmächtig von den
Grenadieren aus dem
Saal geschleppt werden mußte. Der
Staatsstreich wäre gescheitert ohne die Entschlossenheit
Lucian
Bonapartes, der
Präsident
der Fünfhundert war. Statt, wie die Versammlung forderte, die
Acht über Napoleon
aussprechen zu lassen, rief er von neuem die
Truppen herbei, ließ die
Deputierten mit
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gefälltem Bajonett verjagen und am Abend von 30 Mitgliedern eine Dankadresse an Napoleon
und die Truppen beschließen, 67 Mitglieder
für ausgestoßen erklären, beide Räte bis zum vertagen und eine Kommission zur Revision der Verfassung sowie ein
provisorisches Konsulat, aus Napoleon
, Sieyès und Roger Ducos bestehend, erwählen. Der Rat der Alten erteilte
diesen Beschlüssen seine Genehmigung, und nachts 12 Uhr
[* 22] leisteten die drei Konsuln vor beiden Räten den Eid.
Durch die Verfassung des Jahrs VIII, welche bereits im Dezember 1799 verkündet wurde, erhielt Napoleon
unter dem Titel eines Ersten
Konsuls auf zehn Jahre die volle Gewalt eines konstitutionellen Fürsten; die beiden andern Konsuln, Cambacérès
und Lebrun, hatten nur eine beratende Stimme. Durch Besetzung der zahlreichen Staatsämter mit seinen Anhängern belohnte er
seine alten und gewann neue. Seine Wohnung verlegte er in die Tuilerien und bildete einen glänzenden Hof.
[* 23]
Der Mehrzahl der Emigranten wurde die Rückkehr gestattet und der Krieg in der Vendée durch kluge Maßregeln
beendet. Fouché organisierte eine furchtbare Polizei, welche die Tagespresse unterdrückte und die Parteien sprengte. Die innere
Verwaltung wurde nach dem Prinzip mechanischer Zentralisation, wie sie dem mathematisch angelegten Geist Napoleons entsprach,
umgeformt und war eine Hierarchie von einander übergeordneten Diktaturen, die in der des Ersten Konsuls
gipfelten. Napoleon
handhabte diese Maschine,
[* 24] die allmählich das ganze geistige und materielle Leben der Nation regelte, mit überlegener
Intelligenz und verlieh ihr den Anschein einer genialen Schöpfung, während sie jede Selbständigkeit und individuelle Thatkraft
erstickte und der politischen Bildung der Nation höchst nachteilig geworden ist.
Gleichwohl befestigte sich die neue Regierung rasch und ohne Widerspruch, da das Volk den politischen Aufregungen
überdrüssig war. Zudem, verschaffte ihm Napoleon durch überraschende Erfolge einen ehrenvollen, vorteilhaften Frieden. Nachdem
England und Österreich die angebotene Versöhnung zurückgewiesen hatten, überschritt Napoleon im Mai
1800 den Großen St. Bernhard
und siegte in der Schlacht bei Marengo
[* 25] (14. Juni), worauf die Österreicher Italien bis zum Mincio räumten. Nach
dem Sieg Moreaus bei Hohenlinden (3. Dez.) schloß Österreich den Frieden von Lüneville, und nachdem Napoleon Ägypten preisgegeben
und dadurch den Frieden mit der Pforte ermöglicht hatte, verstand sich auch England zum Frieden
von Amiens
[* 26]
Die Stiftung der Ehrenlegion und das Konkordat mit dem Papst verstärkten die Macht des neuen Regiments über das Volk, so daß Napoleon es wagen konnte, sich durch ein Plebiszit (3 Mill. Stimmen gegen wenige tausend) zum Konsul auf Lebenszeit wählen zu lassen; doch hielt er es auch für nötig, seine Gegner einzuschüchtern und der Opposition jede Möglichkeit, sich geltend zu machen, zu rauben. Die Mitglieder der gemäßigten Opposition im Tribunat und im Gesetzgebenden Körper wurden im Januar 1802 ausgestoßen und durch Offiziere und Beamte ersetzt und durch Verfassungsänderungen jede Kontrolle der Regierung des Konsuls beseitigt. Ein Attentat auf Napoleon gab den Anlaß, eine Anzahl Jakobiner hinzurichten und 130 Republikaner zu deportieren.
Eine royalistische Verschwörung wurde durch Verhaftung ihrer Häupter, Cadoudal und Pichegru (März 1804), unschädlich gemacht, wobei sich Napoleon auch eines verhaßten Nebenbuhlers, Moreaus, durch Verbannung entledigte; noch schärfer traf er die Familie Bourbon und setzte er die Welt in Schrecken durch die feige Mordthat an dem Herzog von Enghien deren Verantwortung trotz aller Heuchelei und Lügen Napoleons selbst und seiner Helfershelfer allein auf Napoleon fällt.
Unter dem erschütternden Eindruck dieser Ereignisse, unter den Glückwünschen und Ergebenheitsbezeigungen der Beamten und Staatskörper zu Napoleons glücklicher Errettung, beantragte der Senat in einer Adresse an Napoleon, die höchste Gewalt in Napoleons Familie erblich zu machen. Napoleon nahm den Antrag 25. April an, und nachdem Tribunat und Gesetzgebender Körper ihre Zustimmung gegeben, ward Napoleon in Paris zum erblichen Kaiser der Franzosen proklamiert.
Das darauf veranstaltete Plebiszit bestätigte die Thronerhebung mit 3,572,329 Stimmen. Am fand die Kaiserkrönung, zu der Papst Pius VII. nach Paris kam, unter großem Pomp in der Kirche Notre Dame statt, nachdem sich Napoleon zu seinem Ärger 1. Dez. auf Verlangen des Papstes mit Josephine hatte kirchlich trauen lassen müssen; Napoleon rächte sich, indem er den Papst eine Stunde warten ließ und ihm im Augenblick der Krönung die Krone entriß, um sie sich selbst aufzusetzen. Am folgte dann im Dom zu Mailand die Krönung mit der Eisernen Krone der Lombardenkönige.
Die Errichtung der neuen Monarchie hatte die Steigerung des Despotismus im Innern zur Folge; auch die geistige Freiheit wurde unterdrückt, der Unterricht der Jugend durch den geradezu gotteslästerlichen, aber von einem Kardinallegaten approbierten »Catéchisme impérial« vergiftet, die Presse [* 27] durch die brutalsten Maßregeln geknebelt. Nach außen handelte er ganz nach Willkür und riß die Nation in seine Eroberungspolitik fort. Sein heißester Wunsch war, England zu demütigen.
Nachdem die Besetzung Hannovers (1803) wirkungslos geblieben, bereitete er in Boulogne eine Landung vor, die sich indes schließlich wegen der Mangelhaftigkeit seiner Kriegsflotte als unausführbar erwies. Die Bildung einer neuen Koalition gegen seine gewaltthätige Politik besonders in Italien, welche Pitt im August 1805 zu stande brachte, und welche aus England, Österreich, Rußland und Schweden [* 28] bestand, befreite ihn von der beschämenden Notwendigkeit, die Unmöglichkeit seines Landungsplans einzugestehen.
Mit dem kriegsbereiten Heer von 200,000 Mann warf er sich nach Süddeutschland, zertrümmerte das Heer Macks und zwang den Rest zur Kapitulation von Ulm [* 29] (17. Okt.), zog 13. Nov. in Wien [* 30] ein und schlug in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz [* 31] (2. Dez.) die verbündeten Österreicher und Russen; schon 26. Dez. schloß Österreich den Preßburger Frieden, in dem es Napoleon Deutschland [* 32] und Italien preisgab. Napoleon verfügte nun ganz nach seinem Belieben über diese Länder: sein Stiefsohn Eugen Beauharnais wurde Vizekönig von Italien, sein Bruder Joseph König von Neapel, [* 33] sein Bruder Ludwig König von Holland, sein Schwager Joachim Murat Großherzog von Berg; seine Schwester Elise erhielt Lucca, [* 34] Massa und Carrara, seine Schwester Pauline Guastalla. Ein Familienstatut vom erklärte Napoleon zum Haupte der Bonaparteschen Familie und sämtliche Glieder [* 35] derselben nebst ihren Herrschaften zu seinen Vasallen. In Deutschland gründete er den Rheinbund (s. d.), dessen Protektorat er übernahm. Er verfügte unbeschränkt über die militärischen Kräfte desselben, mischte sich aber auch in die ¶
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innern Angelegenheiten der Bundesstaaten, führte französische Institutionen ein und unterdrückte alle Regungen des beleidigten Nationalgefühls durch Gewaltthaten wie die Hinrichtung des Buchhändlers Palm in Braunau (27. Aug.).
Unersättlich in seiner Ruhmbegierde und Eroberungssucht, warf er sich nun auf Preußen, [* 37] das durch seine schwächliche Politik 1805 seine Verachtung und durch seine Schwankungen seinen Haß erweckt hatte, der sich in dem leidenschaftlichen, übermütigen Ton seiner Befehle und Bülletins, in den rohen Schmähungen der Königin Luise kundgab. Der Sieg von Jena [* 38] den Napoleon selbst erfocht, und die schmähliche Haltung der preußischen Heerführer lieferten ihm mit Einem Schlag Preußen in die Hände.
Nachdem Napoleon in Potsdam [* 39] vom Grab Friedrichs II. dessen Degen geraubt hatte, hielt er 27. Okt. seinen Einzug in Berlin, [* 40] von wo er 21. Nov. das Dekret über die Kontinentalsperre erließ. In Polen, wo ihm die Preußen zu Hilfe kommenden Russen entgegentraten, geriet sein Siegeszug im Winter von 1806 bis 1807 ins Stocken, und bei Preußisch-Eylau (7. u. 8. Febr.) erfocht Napoleon trotz ungeheurer Verluste keinen Sieg. Nach längerer Unthätigkeit in schwieriger Lage brachte er aber 14. Juni bei Friedland den Russen eine entscheidende Niederlage bei, worauf er mit Kaiser Alexander 25. Juni auf der Memel [* 41] die Zusammenkunft hatte, in welcher er Polen opferte und Alexander mit der Hoffnung auf die Herrschaft über Nord- und Osteuropa schmeichelte, dadurch aber ihn ganz für sich gewann und bewog, Preußen preiszugeben. Den Versuch der Königin Luise, für ihr Land günstigere Bedingungen zu erlangen, wies er in roher Weise zurück. Er konnte sich weder zu großmütiger Behandlung noch zur völligen Vernichtung Preußens [* 42] entschließen; indem er es zwang, die Hälfte seines Gebiets abzutreten, und drückende Lasten und Demütigungen ihm auferlegte, zog er sich selbst einen unversöhnlichen Feind groß.
Napoleon hatte in Tilsit [* 43] seinen Plan, eine Weltherrschaft zu begründen, der Verwirklichung näher gebracht; im mittlern und westlichen Kontinent von Europa schaltete er als unbedingter Herr. Aber es lag sowohl im System des Cäsarismus als im Charakter Napoleons selbst, daß sein Ehrgeiz und seine gewaltthätige Herrschsucht keine Schranken in dem Recht und der Freiheit andrer anerkennen wollten und ihn zur Überschätzung seines eignen Könnens und zur Geringschätzung fremder Widerstandskraft verleiteten.
Nachdem er 1807 Portugal [* 44] hatte besetzen lassen, weil es England nicht seine Häfen sperrte, benutzte er 1808 den in der spanischen Königsfamilie ausgebrochenen Streit zwischen Karl IV. und seinem Sohn Ferdinand VII., um beide im Mai zu Bayonne zum Verzicht auf den Thron [* 45] zu bewegen, den er darauf seinem Bruder Joseph verlieh, während Murat König von Neapel wurde. Aber in Spanien stieß er bei dem stolzen, streng katholischen Volk auf ungeahnte Schwierigkeiten, die mit der Kapitulation eines französischen Heers bei Baylen (21. Juli) begannen. Die Erhebung des spanischen Volkes und das Eingreifen der Engländer unter Wellington, die nach der Vernichtung der letzten französischen Flotte bei Trafalgar (1805) nun auch auf dem Kontinent Napoleon entgegenzutreten vermochten, rieben Napoleons Kräfte auf, ohne daß es ihm gelang, die Pyrenäenhalbinsel dauernd zu erobern.
Nachdem Joseph aus Madrid [* 46] geflohen war und Wellington die Franzosen aus Portugal vertrieben hatte, erneuerte Napoleon sein Bündnis mit Kaiser Alexander auf der Zusammenkunft in Erfurt [* 47] (27. Sept. bis auf der die Rheinbundsfürsten teils selbst erschienen, teils sich durch ihre Thronerben vertreten ließen, und auf welcher der Imperator seinen Mangel an Erziehung durch empörenden Übermut selbst gegen Alexander bewies. Darauf eilte er mit 80,000 Mann, meist Rheinbundstruppen, nach Spanien, setzte Joseph 4. Dez. in Madrid wieder als König ein und drängte die in Spanien eingefallenen Engländer nach Valladolid zurück, sah sich dann aber durch die Nachricht von Österreichs drohenden Rüstungen [* 48] genötigt, umzukehren.
Obwohl selbst die Vertrauten des Kaisers, wie Fouché und Talleyrand, Mißvergnügen über seinen maßlosen
Ehrgeiz zeigten, auch in der Armee eine gewisse Kriegsmüdigkeit sichtbar wurde, die Bande der Sitte sich lockerten, roher Eigennutz,
Raublust und Feigheit bereits in erschreckender Weise hervortraten, obwohl endlich die Geldmittel nicht mehr so reichlich flossen,
führte Napoleon den Krieg gegen Österreich 1809 wieder mit gewohnter Energie und Schnelligkeit, trieb die Österreicher
bei Regensburg
[* 49] in fünftägigen Kämpfen (19.-23.
April) mit einem Verlust von 50,000 Mann nach Böhmen
[* 50] zurück; zog 13. Mai zum
zweitenmal in Wien ein, und nachdem er nach der Niederlage bei Aspern
[* 51] (21. u. 22. Mai) eine schwere Krisis infolge der Unthätigkeit
seines Gegners glücklich überwunden hatte, brachte er durch den Sieg bei Wagram
[* 52] (5. u. 6. Juli) den Krieg
im Frieden von Wien zum günstigen Abschluß.
Der unglückliche Verlauf des Kriegs in Spanien, die Erhebung Tirols, die Aufstandsversuche in Deutschland, endlich das Attentat von Staps (12. Okt.) hätten Napoleon auf die erwachenden nationalen Kräfte aufmerksam machen können; doch glaubte er durch rücksichtslose Gewalt der »Ideologie« Herr zu werden. Seine Selbstüberhebung und Menschenverachtung waren so hoch gestiegen, daß sich ihm die Grenzen [* 53] des Möglichen verwischten; was er wollte, mußte er auch können. Auch in seinem persönlichen Auftreten wurde er herrisch und gewaltthätig, und jeder Widerspruch reizte ihn zur leidenschaftlichen Wut. Über Völker und Länder schaltete er nach Willkür. Der Kirchenstaat wurde 1809 mit dem Kaiserreich vereinigt und der dagegen protestierende Papst nach Frankreich abgeführt. Nachdem 1810 auch Holland und die deutschen Nordseeküsten einverleibt worden waren, erstreckte sich das Kaiserreich bis zur Ostsee und den Ionischen Inseln, umfaßte 130 Departements, und, die Vasallenstaaten eingerechnet, verfügte Napoleon über 100 Mill. Menschen. Um dies ungeheure Reich an einen Sohn zu vererben und so seine Zukunft zu sichern, ließ er durch einen Senatsbeschluß vom seine kinderlose Ehe mit Josephine scheiden und vermählte sich mit der Erzherzogin Marie Luise, der Tochter des Kaisers Franz I., die ihm einen Sohn gebar, der bei seiner Geburt den Titel eines Königs von Rom [* 54] empfing. Napoleon glaubte das Reich Karls d. Gr. erneuert und für seine Dynastie gesichert zu haben. Die letzten Freiheiten der Revolution wurden beseitigt, die alte Hofetikette, der Erbadel, die Zensur, ja auch die »lettres de cachet« wiederhergestellt.
Das 1808 erneuerte Bündnis mit Rußland war bei Napoleons Herrschsucht nicht aufrecht zu erhalten. Rußland wollte sich die Kontinentalsperre nicht länger gefallen lassen und hob sie teilweise auf, Napoleon gönnte Rußland die Eroberung Finnlands und seine Erfolge im Türkenkrieg nicht und beleidigte Alexander durch die Annexion Oldenburgs, des Fürstentums seiner ¶