Morchella
Dill. (Morchel), Pilzgattung aus der Unterordnung der Diskomyceten, charakterisiert durch große, gestielte, hutförmige Fruchtkörper mit fast stets hohlem Stiel oder Strunk und häutigem oder wachsartig fleischigem, eirundem oder kegelförmigem Hut [* 2] oder Mütze, welcher auf der Spitze des Strunks befestigt ist und daher glockenförmig herabhängt oder auch mit seinen Rändern an den Strunk angewachsen ist, und dessen buchtig faltige oder netzig zellige äußere Oberfläche das Hymenium darstellt, welches aus den Sporenschläuchen mit je 6-8 Sporen besteht. Es sind ansehnliche, zart fleischige Pilze, [* 3] welche meist im Frühjahr auf der Erde, besonders in Gebirgswäldern, wachsen, sämtlich nahrhafte, wohlschmeckende, beliebte Pilze, die leicht kenntlich sind und allgemein für die Küche gesammelt werden.
Man benutzt sie als
Gemüse, Zusatz zu
Suppen,
Frikassees,
Saucen und
Ragouts. An der
Luft und der
Sonne
[* 4] oder in der Ofenwärme
getrocknet, sind sie sehr haltbar. Morchella
esculenta
Pers. (gemeine
Morchel, Speisemorchel, s. Tafel
»Pilze«),
mit 2,5-4
cm hohem,
9-12
mm breitem
Strunk und 2,5-8
cm hoher, 2,5-5
cm breiter, rundlicher, eiförmig hohler, gelblicher
Mütze, die mit ihrem untern
Rand an den
Strunk angewachsen, mit vielen netzförmig verbundenen und gefalteten, schwarzbraunen
Rippen
besetzt ist; ist weit über
Europa,
[* 5]
Asien
[* 6] und
Nordamerika
[* 7] verbreitet und die häufigste Art. Eine zweite Art mit dünnerer,
kugelförmiger
Mütze mit schmalen, länglichen
Feldern wird als Spitzmorchel bezeichnet. Morchella
patula
Pers. (Glockenmorchel),
mit glockenförmig über den
Strunk herabhängender, auswendig ebenfalls netzförmig gerippter, brauner oder gelbbrauner
Mütze,
in Gebirgsgegenden, ist der vorigen an
Güte gleich.
Die Faltenmorchel oder Lorchel bildet eine eigne Gattung, Helvella (s. d.). Die Morchel enthält einen giftigen Bestandteil, welcher die Blutkörperchen [* 8] auflöst und schwere diffuse Nierenentzündung und Ikterus erzeugt. Im Anfang entstehen Verdauungsbeschwerden und Blutharnen, schließlich aber versagen die Nieren ihren Dienst, es tritt Harnverhaltung und der Tod ein. Dieser giftige Bestandteil findet sich nur in frischen Morcheln, von welchen 1,5-1,75 Proz. des Körpergewichts bei einem Hunde [* 9] tödlich wirken.
Bei etwa vierwöchentlicher Trocknung verflüchtigt sich das Gift, während nach 10-20tägiger Trocknung immer noch schädliche Wirkungen zu beobachten sind. Durch kaltes Waschen wird die Schädlichkeit der Morcheln auf etwa ¼-⅙ reduziert. Dagegen nimmt heißes Waschwasser einen großen Teil des Gifts auf, und die Abkochung der Morcheln wirkt sehr viel heftiger als der frische Pilz, [* 10] während der gehörig ausgekochte Pilz vollkommen unschädlich ist. Ort, Zeit und sonstige Umstände der Einsammlung, die man zur Erklärung der schon früher beobachteten rätselhaften Erkrankungen nach Genuß von Morcheln herbeigezogen hatte, sind ohne Bedeutung. Bei der Zubereitung müssen mithin die gut gewaschenen Pilze mit reinem Wasser wiederholt aufgekocht und dann abgespült werden. Die Abkochung ist fortzugießen. Über die chemische Natur des Morchelgifts ist nichts Näheres bekannt, doch dürfte dasselbe zu den flüchtigen Alkaloiden gehören.