Milchkonse
rvierung,
die Maßregeln zur
Erhöhung der Haltbarkeit der
Milch. Ein Zusatz chem. Konservierungsmittel
hat entweder nicht die gewünschte Wirkung oder gesundheitliche Bedenken.
Kohlensaure oder doppeltkohlensaure
Alkalien, Kochsalz,
Borsäure, Salicylsäure,
Wasserstoffsuperoxyd,
Fluorverbindungen u. s. w. beeinflussen zum
Teil den
Geschmack und müßten dem
Milchkäufer ausdrücklich namhaft gemacht werden, weil dieser auf
Grund des Nahrungsmittelgesetzes reine
Milch ohne jeden Zusatz beanspruchen kann. Milchkonse
rvierung durch Kälte (Gefrieren) hat ihre Schattenseiten
in der eintretenden Entmischung der Milchbestandteile. Milchkonse
rvierung durch Hitze hat die größte praktische
Bedeutung.
Schon von alters her wird in den Haushaltungen die
Milch aufgekocht, um die darin enthaltenen
Krankheits- oder Zersetzungskeime
zu töten oder in ihrer
Entwicklung zu hemmen, ohne daß jedoch der Hinzutritt neuer
Keime dadurch gehindert
würde. Es sind deshalb verschiedene Sterilisierungsverfahren entstanden, von denen das Soxhletsche sich am besten bewährt
und in den meisten Kinderstuben eingebürgert hat. (S.
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Auffütterung der Kinder.) Solche Milch hat verschiedene Vorzüge auch gegenüber der in den Massensterilisieranstalten der Städte hergestellten käuflichen sterilisierten Milch. Letztere arbeiten vorwiegend nach dem Verfahren von Neuhauß-Gronwald-Öhlmann (Deutsches Reichspatent Nr. 53778), nach welchem die Milch in einem Vorwärmeschrank bei 85-90° vorsterilisiert und dann erst bei 102° C. sterilisiert wird, wobei das Verschließen der kleinen Flaschen unter Abschluß der atmosphärischen Luft innerhalb des Apparats selbst erfolgt. Es bestehen auch noch verschiedene andere Verfahren zur Herstellung sterilisierter oder Dauermilch, auch um größere Mengen Milch in Kannen zu sterilisieren.
Für den Export muß die Milch in vollgefüllten Blechdosen sterilisiert werden, damit das Ausbuttern verhütet wird. Durch das starke Erhitzen nimmt die Milch einen Kochgeschmack an, auch tritt leicht bei geringem Schütteln Verbutterung des Fettes ein. Durch Zersetzung des Milchzuckers erhält sie ferner eine gelbe bis bräunliche Färbung und bittern Geschmack. Um diesem vorzubeugen, wird die Milch vielfach nur bei Temperaturen von höchstens 75° C. pasteurisiert, wodurch die Haltbarkeit der Milch allerdings eine kürzere, aber für viele Zwecke vollkommen genügend ist; dieses Verfahren läßt sich auch in den Sennereien mit Hilfe verschiedener Pasteurisierapparate bequemer ausführen.
Kondensierte, präservierte Milch erhält man durch Eindicken von Milch unter Luftabschluß (im Vakuum) mit oder ohne Zusatz
von Rohrzucker. Nachdem E. N. Horsford in Boston
[* 3] 1849 die Verhältnisse festgestellt hatte, unter denen
eine haltbare und schmackhafte Milchkonserve
in fester Kuchenform zu bereiten ist, entstanden in den fünfziger Jahren im
Staate Neuyork
[* 4] auf Grund eines amerik. Patents von Gail Borden mehrere Fabriken für kondensierte Milch, denen die erste und
ietzt noch bedeutendste in Europa,
[* 5] die Anglo-Swiß-Condensed-Milk-Company in Cham (Kanton
[* 6] Zug),
1866 folgte. Gegenwärtig giebt
es viele solche Fabriken. Die Herstellung der kondensierten Milch geschieht durch Eindampfen derselben auf ein Viertel ihres
Volumens im luftverdünnten Raume unter gleichzeitigem Zusätze von ungefähr 12 Proz. ihres
ursprünglichen Gewichts au feinstem Rohrzucker. Das Präparat, welches eine weißliche Farbe, eine dickflüssige
Konsistenz, einen milden, süßen Geschmack und lange Haltbarkeit besitzt sowie durch Zusatz von 3 bis 4 Teilen Wasser sich
zu einer milchähnlichen Flüssigkeit auflöst, hat im Mittel folgende Zusammensetzung: Wasser 26 Proz., Fett 11 Proz.,
Proteïnstoffe 12 Proz., Milchzucker 16 Proz., Rohrzucker 33 Proz. und
Asche 2 Proz. Außer dieser unter Zuckerzusatz hergestellten kondensierten Milch bereitet man seit einigen Jahren auch solche
ohne Zucker.
[* 7] Pulverförmige Konserven haben den Nachteil unvollständiger Löslichkeit und veränderten Geschmacks. In Skandinavien
und Finland macht man die Milch mit Hilfe von Pflanzen (Pinguicula) oder darauf vorkommenden Pilzen schleimig, fadenziehend
und dadurch haltbar. Solche «lange Milch» (Långmjölk, Tätmjölk) bildet einen Handelsartikel. -
Vgl. Petri und Maaßen,
Über die Herstellung von Dauermilch («Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamtes, Bd. 7, Berl.
1891); Weigmann, Die Methoden der Milchkonse
rvierung (Brem. 1893); Soxhlet, Über Kindermilch und Säuglingsernährung (Münch. 1886); ders.,
Ein verbessertes Verfahren der Milchsterilisierung (ebd.
1891).