Mikromēter
Instrumente zur Messung sehr kleiner
Objekte, speziell auch an vielen
Instrumenten und
Werkzeugen befindliche Einrichtungen zu
möglichst feiner, selbst mikroskopischer Fortbewegung verschiebbarer Teile und zur Messung dieser
Bewegung. Gewöhnlich geschieht
die
Verschiebung mittels fein geschnittener
Messing- oder Stahlschrauben (Mikrometer
schrauben). Jede ganze
Umdrehung des Schraubenkopfes bewirkt eine
Verschiebung des
Schiebers von der ganzen
Länge des
Abstandes je zweier Gewindeteile,
Gewindehöhe.
Soll die
Bewegung eines Zeigers,
Radius
(Alhidade), oder eines Vollkreises, Gradringes
(Limbus), um eine
Achse mikrometrisch geschehen
(in der Vermessungskunst als feine, im
Gegensatz zur groben
[Hand-] Drehung, unterschieden), dreht die
Mikrometer
schraube
[* 2] sich gewöhnlich in zwei in
Pfannen liegenden
Kugeln, deren eine, glatt durchbohrt (die Schraubenstange
an ihr drehbar vernietet), im Ausgangspunkt an den feststehenden Teil sich stützt, die andre mit Muttergewinde an dem zu
drehenden Teil angebracht ist.
Man gibt den Kugelmuttern auch wohl verschiedene Gewinde und schneidet die Mikrometer
schraube ebenfalls
in je einer halben
Länge
der
Spindel entsprechend, so daß bei jeder Schraubendrehung die erzielte Mikrometer
bewegung gleich
der
Differenz der beiden Gewindehöhen ist
(Differentialschraube).
[* 3] Eine andre Art der Mikrometer
schraube behufs Zentraldrehung
ist die
Schraube ohne Ende. Der zu drehende
Limbus ist mit einem an der
Peripherie gezahnten konzentrischen
Ring verbunden; an dem feststehenden Teil ist eine
Schraube mit beiden Gewindeenden drehbar vernietet, deren Gewinde in die
Zähne
[* 4] eingreifen; der Achsendrehung der
Schraube entspricht dann die des
Tellers.
Zur feinen Messung geradliniger Schiebung (Maßstabmessung) oder zentraler Drehung (Winkelmessung, Bogenmessung) an Meßinstrumenten bedient man sich meist des Nonius. [* 5] Will man nämlich an dem mit mikrometrisch verschiebbarem Zeigerstrich (Index) versehenen Maßstab [* 6] oder Limbus (graduierter oder mit Gradeinteilung versehener Kreisbogen) kleinere Teile ablesen, messen, als unmittelbar in Teilstrichen angegeben sind, so bringt man zu einer oder beiden (Doppelnonius) Seiten des Index eine kleine Maßeinteilung auf dem Schieber an, deren Einheit von der des Maßstabes, Limbus, differiert.
Diese Maßeinteilung heißt nach dem Erfinder, dem Portugiesen Pedro Nuñez, latinisiert Nonius (17. Jahrh.); nach Lalande ist der Schweizer Vernier (1631) Erfinder, daher das Instrument auch so benannt wird. Der gesuchte und zu messende Abstand des Index (Nullpunkt des Nonius) von dem letztgezählten Strich des Maßstabes ergibt sich durch Aufsuchen desjenigen Noniusstrichs, der mit irgend einem Limbusstrich zusammenfällt; entsprechende Bezifferung des Nonius erleichtert das sofortige Ablesen in Teilen des Limbus; ist z. B. ein Limbus in Bogengrade, der Nonius dagegen so geteilt, daß 29 Limbusteile auf ihm in 30 (Formel: n/(n±1)) Teile abgestrichen sind, so ist eine Minimalnoniusangabe von 1/30 Grad (1/n) = 2 Bogenminuten erwirkt.
Auch versieht man wohl für besonders feine Messungen die
Peripherie des vergrößertes
Kopfes der Mikrometer
schraube
(Trommel)
mit einer
Einteilung, die dann an einem feststehenden Zeiger oder
Nonius vorbeigedreht wird. Beträgt die Gewindehöhe der
Schraube 1
mm, ist die
Trommel in 100 Teile geteilt, gibt der
Nonius 1/10 des Trommelteils, so würde die
winzige Schiebung von ein tausendstel
Millimeter (= 1 Millimillimeter,
Mikromillimeter) gemessen werden können.
Ist die Genauigkeit für mikrometrische Arbeiten in mechanischer Hinsicht sehr bedeutend, so macht doch die ununterbrochene Veränderlichkeit fast sämtlicher Materie mittels der Wärmeeinflüsse manches scheinbar genaue Resultat zur Illusion. Die Teilung z. B. normaler Metallmaßstäbe muß daher unter peinlicher Berücksichtigung der Temperatur (Normaltemperatur meist +13° R., auch 0°) und der Ausdehnungskoeffizienten des Stoffes geschehen. Wo bei der Mikrometrie das bloße Auge [* 7] nicht mehr ausreicht, geschieht Beobachtung und Messung mittels Lupe [* 8] und Mikroskop. [* 9]
Bei Höhenmeßaneroiden mißt man durch das
Mikroskop an einer kleinen, durch mikroskopische
Photographie
hergestellten Maßeinteilung. Auch die
Meßkeile und
Fühlhebel bei den Basismeßapparaten der
Gradmessung
[* 10] etc. gehören zu
den Mikrometern.
In astronomischen
Fernrohren hat man
(Huygens,
Gascoigne) Mikrometer
in Gestalt fester oder verschiebbarer
Fadenkreuze,
Fadennetze, angebracht. Diese Fadennetze und
-Kreuze werden aus auf
Ringe gezogenen
Platin- und Spinnfäden
hergestellt, neuerdings viel auf dünne achromatische Glasplättchen,
¶
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Glasmikrometer
(namentlich von Breithaupt in Kassel),
[* 12] in Strichen mittels Teilmaschine eingraviert und in den gemeinsamen Brennpunkt
der Objektiv- und Okularlinse eingesetzt; man beobachtet dann gleichzeitig das hier entstehende Objektivbild und das deutlich
vergrößerte Fadennetz. Zur Messung kleiner Objekte unter dem Mikroskop wendet man auch das Schraubenmikrometer
an, indem
man den Objekttisch, eventuell mit Maßeinteilung versehen, mikrometrisch an zwei Fäden eines Glasmikrometers
vorbeischiebt.
Neuerdings hat Breithaupt in Mikroskope
[* 13] zur Beobachtung von kleinen Winkelgrößen an Theodoliten sehr genaue Maßstäbchen auf
Glas
[* 14] eingesetzt, die eine direkte Ablesung sehr kleiner Winkelteilchen ermöglichen und den Nonius überflüssig erscheinen
lassen (s. Carl, Repertorium für Physik, Leipz. 1879). Das Schraubenmikrometer
wird auch in Fernrohren für
astronomische Zwecke benutzt, speziell zur Messung der Planetendurchmesser und der Deklinationsunterschiede der Fixsterne.
[* 15]
Man stellt hierzu das Fernrohr
[* 16] so ein, daß der bekannte Stern sich immer auf einem Strich eines gewöhnlichen Glasmikrometers
fortbewegt, d. h. daß dieser Strich dem Himmelsäquator parallel liegt. Nun kann ein mikrometrisch verstellbarer
Schieber mit Faden
[* 17] so verschoben werden, daß er mit den Strichen des Glasmikrometers
parallel bleibt. Man stellt ihn so ein,
daß er den Mittelpunkt des zu beobachtenden Sterns schneidet, und liest dann die ihrem Wert nach bekannten Umdrehungen der Mikrometer
schraube
ab, woraus sich der Deklinationsunterschied ergibt.
Bei neuern Schraubenmikrometern
benutzt man zwei Fäden, deren einer der täglichen Bewegung des Sterns parallel gestellt wird
und der andre den Deklinationsunterschied bestimmt. Das Kreismikrometer
besteht aus der kreisförmigen Blendung, Diaphragma,
im Okular- und Objektivbrennpunkt oder auch aus einem hier angebrachten platten, genau abgedrehten Metallring; es dient
zur Beobachtung der Zeitunterschiede zwischen Ein- und Austritt zweier Sterne, woraus man den Unterschied
in der Rektaszension und unter Zuhilfenahme des bekannten Durchmessers des Ringes den Deklinationsunterschied berechnet.
Das Rochonsche Mikrometer
(von Arago für astronomische Messungen aptiert) beruht auf Anwendung zweier zusammengekitteter Glasprismen
und Beobachtung der Berührung ihrer Objektbilder. Zur Messung der Winkeldistanz zweier Sterne und der
Neigung ihrer Verbindungslinie gegen die Deklinationsebene des einen der Sterne (Positionswinkels) dient das Positionsmikrometer.
Zu diesem Zweck ist die Mikrometervorrichtung um die optische Fernrohrachse drehbar und die Winkelgröße dieser Drehung zu
messen.
Vgl. auch Heliometer; [* 18] ferner Dove, Maß und Messen (Berl. 1861);
Carl, Prinzipien der astronomischen Instrumentenkunde (Leipz. 1865);
»Zeitschrift für Vermessungswesen« 1880, IX, 3; »Über die Beziehungen zwischen der Vergrößerung der Mikroskope und der Genauigkeit mikrometrischer Messungen«.