Makart
,
Hans, Maler, geb. zu Salzburg, [* 2] bezog 1858 die Akademie in Wien, [* 3] kehrte aber schon nach ein paar Monaten nach Salzburg zurück und malte seines Unterhalts wegen Wappen. [* 4] 1859 kam er nach München [* 5] und arbeitete von 1861 bis 1865 im Atelier Pilotys, unter dessen Leitung sich sein koloristisches Talent schnell entwickelte. Seine Erstlingswerke waren ein in Rembrandts Art gemalter Lavoisier im Gefängnis (1862) und eine Nachmittagsunterhaltung vornehmer Venezianer für einen Speisesaal in Petersburg. [* 6]
Dann folgten: der Ritter und die Nixen, nach H. Heine (in der Schackschen Galerie), eine anmutige Leda, eine Elfenkönigin (Sammlung Raczynski in Berlin) [* 7] und eine große Landschaft mit italienischem Charakter, die Frucht einer ersten italienischen Reise (1863). Seinen ersten durchschlagenden Erfolg errang er mit den modernen Amoretten (1868), einem dreiteiligen Bild auf Goldgrund, in welchem sich bereits seine Neigung zu üppigen Formen und zu einer vollen koloristischen Wirkung auf Kosten richtiger Zeichnung und Modellierung kundgab.
Noch stärker und berauschender war diese
Wirkung in dem ebenfalls dreiteiligen, 7 m langen
Bilde: die sieben
Todsünden oder
die
Pest von
Florenz,
[* 8] worin sinnliche Üppigkeit in den glühendsten
Farben, aber ebenfalls mit Mißachtung
der Form, geschildert wird. Dieses
Bild rief bei seiner
Ausstellung in
Deutschland
[* 9] und
Paris
[* 10] einen
Sturm von Bewunderung und Entrüstung
hervor, und fortan knüpfte sich dieselbe
Erscheinung an alle Gemälde Makarts
, die von spekulativen Kunsthändlern in Separatausstellungen
allerorten gezeigt wurden.
Bis ins Krankhafte steigerte sich die Eigentümlichkeit Makarts
in einer
Abundantia, einer in Friesform
gehaltenen
Allegorie des Überflusses, bei welcher der greisenhafte
Ausdruck der Kindergestalten, die starre Leblosigkeit und
die stumpfe
Sinnlichkeit der
Frauen einen abschreckenden
Eindruck macht. Hier trat auch Makarts
Vorliebe für herbstlich welke
Blätter und abgestorbene
Blumen hervor (daher die Bezeichnung Makart
boukett). Auch in dem Gemälde: die
scheintote
Julia auf der
Bahre
(Wien, kaiserliche
Galerie) macht sich die
Neigung für das Leichenhafte und Abgestorbene geltend.
Nach einem wiederholten Besuch
Italiens
[* 11] ließ sich Makart
1869 in
Wien nieder, wo ihm auf Staatskosten ein großes
Atelier gebaut
worden war. Hier entstand sein erstes, ganz in der Art der
Venezianer
Veronese und
Tintoretto behandeltes
Historienbild: die
Huldigung
Venedigs vor
Katharina
Cornaro (1873,
Berlin, Nationalgalerie), welches wohl an
Glanz des
Kolorits
den Vorbildern nahekommt, aber die geistige Belebung und individuelle Vertiefung der
Köpfe vermissen läßt.
Wenn sich Makarts
koloristisches
Talent auch noch reicher entwickelte, so gelang es ihm doch niemals,
seine
Figuren mit wirklichem
Leben zu erfüllen
und sie zu
Trägern einer geistigen Thätigkeit zu machen. Darunter leiden sowohl
seine Historienbilder als seine
Porträte.
[* 12] Makart
war ein überwiegend dekoratives
Genie und leistete meist Vortreffliches, solange
er sich in den
Grenzen
[* 13] des dekorativen
Stils hielt. Bei seiner starken Produktivität und der großen
Flüchtigkeit
in der Ausführung ist die Zahl seiner
Bilder eine sehr große.
Die hervorragendsten sind: die
Gaben des
Meers und der
Erde,
Kleopatra auf dem
Nil
(Stuttgart,
[* 14] Staatsgalerie), eine Spazierfahrt
auf
dem
Nil,
Siesta am
Hof
[* 15] der Mediceer (1875), ägyptische
Frauen, Einzug
Karls
V. in
Antwerpen
[* 16] (1878, Kunsthalle
zu
Hamburg),
[* 17] die fünf
Sinne (fünf nackte Frauengestalten, 1879), die
Jagd der
Diana (1880), der
Sommer (ein Frauenbad), die
Jagd auf dem
Nil, der
Tod der
Kleopatra, die Amazonenjagd, die Bacchantenfamilie, der Bacchantenzug und der
Frühling. Im J. 1875 unternahm
eine
Reise nach
Ägypten,
[* 18] und 1879 wurde er
Professor an der
Wiener
Kunstakademie. In dieses Jahr fällt auch
der von ihm arrangierte und geleitete Festzug zur silbernen
Hochzeit des österreichischen Kaiserpaars. Makart
hat in den letzten
Jahren seines
Lebens auch
Entwürfe zu phantastischen Bauten und Innendekorationen sowie für kunstgewerbliche Gegenstände
geschaffen. Er starb in
Wien.