Magnetisie
rungskurve,
diejenige Kurve, die das Gesetz der gegenseitigen Abhängigkeit von Magnetismus [* 2] und erregendem Strom, oder auch von ersterm und der durch die Zahl der Amperewindungen gemessenen magnetomotorischen Kraft [* 3] ¶
mehr
eines Elektromagneten darstellt. Wie der Versuch zeigt und auch aus theoretischen Betrachtungen sich ergiebt, ist der Magnetismus, den eine gegebene Eisenmasse annehmen kann, durchaus begrenzt; es kann also die Steigerung derselben durch Steigern der erregenden, magneto-motorischen Kraft keineswegs, wie man anfangs annahm und noch die Formel von Lenz und Jacobi (1839) es ausspricht, proportional der letztern sein, das Verhältnis beider muß vielmehr mit zunehmendem Magnetismus immer mehr abnehmen, dieser letztere einem Maximum sich nähern, also die Kurve eine Asymptote parallel der Abscissenachse haben. Die Formel von Müller (in «Poggendorfs Annalen», 79 [1850], S. 340) nimmt hierauf Rücksicht.
Sie nähert das Gesetz durch eine Arcustangenskurve an, und dieselbe Kurve ergeben auch die ähnlichen Formeln von Dub, Breguet u. a. und auch die neuerdings viel angewendete von Kapp. Sehr viel bequemer ist die das Gesetz durch eine gleichseitige Hyperbel [* 5] annähernde Formel von Frölich (1881), nach welcher der Magnetismus ^[img] ist, worin i die Stromstärke, a und b dagegen Konstanten bedeuten, von denen die erstere a = c.1/s, der Zahl s der Windungen umgekehrt proportional, nur von dieser, die letztere b dagegen nur von den Dimensionen und den magnetischen Eigenschaften des als Kern dienenden Gestelles abhängig ist. 1/a bedeutet dann die Tangente an die Kurve im Punkte i = 0, d. i. die Geschwindigkeit des Ansteigens im Anfang, 1/b das bei dem betreffenden Gestell überhaupt erreichbare Maximum des Magnetismus. Multipliziert man oben und unten mit s und bezeichnet die Zahl der Ampèrewindungen: s.i mit σ, so erhält man die vielleicht noch etwas bequemere Form: ^[img]
Keine der angegebenen Formeln stellt aber die Kurve ihrem ganzen Verlauf nach dar; sie gelten nur für ein gewisses Intervall.
Ein vollständiges Bild derselben giebt nur die graphische Darstellung wirklicher Versuchsergebnisse. (Vgl. Kittler, Handbuch
der Elektrotechnik, Bd. 1, 2. Aufl.,
Stuttg. 1892, S. 32.) Bei der Dynamomaschine wird das Feld durch Elektromagnete erzeugt, deren Magnetismus
in einer Abhängigkeit von der ihn erregenden Stromstärke oder der Ampèrewindungszahl durch die Kurve gegeben ist; und da
andererseits bei unveränderlicher Umdrehungszahl die elektromotorische Kraft der Maschine
[* 6] der Feldstärke, also dem Magnetismus,
proportional ist, so übersieht man sofort die Wichtigkeit der Magnetisie
rungskurve für die Theorie der Dynamomaschine,
da ihre Ordinaten, in entsprechendem Maßstabe gemessen, hiernach auch die elektromotorische Kraft dieser für eine bestimmte
Umdrehungszahl als eine Funktion der Stromstärke, also die Charakteristik (s. d.) der Maschine, darstellen.
Freilich hängt bei der Dynamomaschine die Feldstärke nicht nur von der Stärke
[* 7] der Feldmagnete ab, sondern auch von
dem durch den Strom im Anker
[* 8] erregten Magnetismus, der eine Verschiebung der Pole, eine Verzerrung des Kraftlinienstroms zur
Folge hat. (S. auch Polschuhe, Rückwirkung.) Rein wird die durch die Magnetisie
rungskurve dargestellte Änderung der Stromspannung mit der Stärke
desselben nur bei offenem äußern Kreise,
[* 9] also ohne Strom im Anker, sich beobachten lassen, was wiederum
für die eigentliche oder
Hauptstrom-Dynamo die Anwendung von Fremdstrom zur Erregung des Feldes voraussetzt.
Ist aber, wie dies bei allen bessern Dynamomaschinen mit ihren kurzen, massigen Magneten und viel Eisen [* 10] im Anker, also einem Magnetkreise von geringer Länge und großem Querschnitt und gleichzeitig nur wenig Windungen auf dem Anker in der That der Fall ist, der Magnetismus infolge des Stroms im Anker sehr klein im Verhältnis zum Magnetismus der Magnete selbst, so ist die Charakteristik auch für den Fall, daß die Maschine mit Strom im Anker läuft, durch die Frölichsche Formel darstellbar. Beispiele von Charakteristiken mit und ohne Strom und ihre Annäherung durch die obige Formel giebt ein Aufsatz von Baumgardt in der «Elektrotechnischen Zeitschrift», 1890, S. 670.