Neuchâtel
(spr. nöschatell, Neuenburg),
[* 2] Hauptstadt des schweizer. Kantons Neuenburg,
am
Neuenburger See,
Knotenpunkt der
Linien
Lausanne-Biel und
Neuchâtel-Pontarlier der
Schweizer Westbahn und der
Eisenbahn
Neuchâtel-Locle-Villers le
Lac, steigt stufenartig an dem
Fuß des unten rebengrünen,
oben dunkelgrün bewaldeten
Chaumont hinan, eine
hübsche, wohlgebaute Stadt, deren gelber
Baustein
(Neokom), den nahen
Steinbrüchen entstammend, ein
Wahrzeichen ist (daher
Neuchâtel
scherzweise »ville de beurre« genannt). Im obern Stadtteil
steht das alte
Schloß, welches einst dem
Gouverneur als
Wohnung diente (jetzt Sitz der Kantonsbehörden),
sowie die in reinem romanischen
Stil ausgeführte Hauptkirche, jetzt renoviert und von neuen, aussichtsreichen
Promenaden eingefaßt.
Jeder Gang [* 3] durch die Stadt erinnert an den edlen David Pury, der, als Kaufmann in Lissabon [* 4] (1786) verstorben, seiner Vaterstadt 6 Mill. Frank zu gemeinnützigen Werken schenkte, ein Vermächtnis, aus welchem unter anderm, wie am Piedestal seiner 1855 errichteten Bronzestatue geschrieben steht, das Hôtel de Ville erbaut (1784), das Collège gegründet (1828), der Bergstrom Seyon abgelenkt (1839) ward. Auch das Pourtalès-Hospital und das Waisenhaus sind Stiftungen reicher Bürger.
Die
Akademie (Nouveau
Collège) und das prachtvolle
Gymnasium (1833 vollendet) liegen am
See, hoch über
der Stadt die Pönitentiäranstalt und die
Sternwarte,
[* 5] während
die kantonale
Irrenanstalt Préfargier am Unterende des
Sees,
in der
Nähe des Ausflusses der
Thièle, liegt. Neuchâtel
hatte 1880: 15,612 Einw. (meist
Protestanten), welche sich mit Uhrenindustrie,
Fabrikation von
Bijouterien,
Telegraphen
[* 6] und
Handel beschäftigen. Von öffentlichen Anstalten sind noch
das naturhistorische
Museum, das ethnographisch-archäologische
Museum, die Challandesche Sammlung ausgestopfter Alpentiere,
die Bibliothèque de la ville und insbesondere die
Gemäldegalerie mit Werken von
Calame, Meuron, den Gebrüdern
Robert etc.
zu nennen.
In der Umgegend, zerstreut an den aussichtsreichen
Höhen, manche romantisch über dem rauschenden
Seyon
gelegen, sind zahlreiche Landhäuser und Erziehungsinstitute. Der genannte
Fluß durchströmt das jurassische
Val de
Ruz und
stürzt tosend durch die
Schlacht herab zum
See, den er mittels eines 1839 gebohrten
Tunnels erreicht. Ein beliebtes Ausflugsziel
ist der aussichtsreiche Gipfel des
Chaumont (1172 m); am Weg liegt ein gewaltiger erratischer
Block, die
»Pierre à bot«, vom
Syenit der Montblanckette. An der
Stelle von Neuchâtel
soll im 5. Jahrh. eine feste
Burg
(Novum
Castrum) gestanden
haben, die, im 12. Jahrh. erweitert, den
Kern der Stadt bildete.