Letten
,
s. Thon.
Letten
2 Seiten, 1'189 Wörter, 8'494 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Letten,
s. Thon.
Letten,
Volksstamm in Rußland, der mit den Litauern, den Shmuden (Samogitiern) und den alten
Preußen
[* 2] einen besondern
Zweig des baltischen
Astes des indogermanischen
Völker- und Sprachstammes, den litauischen oder lettischen,
bildete. und Litauer haben denselben Nationalcharakter und in der Hauptsache dieselben
Sitten, häuslichen Einrichtungen und
Gewohnheiten. Solange die Geschichte sie kennt, erscheinen die Letten
als eine
Fremden unterworfene
Nation,
zuerst den
Russen tributpflichtig, später den
Deutschen unterthan.
Stets unkriegerisch, haben sie nicht einmal einen Landesadel aus sich erzeugt, sondern sind seit
Jahrhunderten ein stilles,
friedliches
Volk von Ackerbauern und
Hirten. Während die Litauer der polnischen Herrschaft und damit dem polnischen
Katholizismus
anheimfielen, wurden die Letten
dem
Deutschen
Orden
[* 3] unterthan und dadurch zum
Luthertum geführt. Sie bewohnen
ein Gebiet, dessen Grenzlinie bei
Salis im O. des Rigaischen
Meerbusens beginnt, über Rujen,
Walk und Oppekaln ins witebskische
Gouvernement führt, sich dann südlich wendet, an Marienhausen und Rositten vorbei bis gegen die Ostspitze
Kurlands und von
da, mit Einschluß von
Birsen und Szaimen, nach
Polangen führt.
Unterabteilungen des eigentlichen lettischen
Stammes gibt es vornehmlich drei: die eigentlichen Letten
im südlichen
Livland,
[* 4] das
oft vorzugsweise Lettland
(Latweeschu seme) genannt wird, die kurländischen auf der
Halbinsel
Kurland und die Semgaller im
Herzogtum
Semgallen (»Grenzland«),
dem Teil von
Kurland, der von
Mitau
[* 5] aus sich an der
Düna hinauf erstreckt.
Ihre Anzahl wird auf 1,050,000 angegeben; davon leben 460,000 in
Kurland, 17,500 im
Gouvernement
Kowno, 392,000 in
Livland, 175,000
in
Witebsk, der Rest in St.
Petersburg
[* 6] und einigen benachbarten
Gouvernements. Die Letten
sind von mittlerer
Größe, selten korpulent,
von weißer Hautfarbe, mit schlichtem, meist blondem
Haar,
[* 7] grauen oder blauen
Augen, mäßigem Bartwuchs
und mäßig langem, ziemlich breitem
Schädel.
Seit der Aufhebung der
Leibeigenschaft sind die Letten
in einer raschen Zunahme begriffen. Ihrem Nationalcharakter nach sind sie
schüchtern, geduldig und fügsam, offenherzig, gastfrei, aber gegen ihre
Herren, die
Deutschen und
Russen, mißtrauisch und
versteckt. Die Spekulationssucht und die Handelstalente der
Russen fehlen den Letten
Da es ihnen früher nicht
erlaubt war, Manufakturen und andre Etablissements irgend einer Art zu begründen, so zersplitterten sie ihre von
Natur reichen
Anlagen in den kleinen
Geschäften des
Ackerbaues und der häuslichen
Wirtschaft.
Jetzt findet man bei ihnen
Handwerker jeder Art, und besonders seit in jüngster Zeit der Erbgrundbesitz
sich bei ihnen eingebürgert hat, entfalten sie eine rege Thätigkeit, infolgedessen der materielle Wohlstand im
Wachsen begriffen
ist.
Dörfer gibt es namentlich in
Kurland und im südlichen
Livland nur wenige, da die Letten
vorzugsweise in Einzelhöfen leben.
In ihrer
Kleidung wählen sie fast ausschließlich die weiße und hellgraue
Farbe, ihre alte
Nationaltracht
verschwindet aber von Jahr zu Jahr mehr.
Die Propaganda der griechisch-katholischen Kirche hat es vermocht, daß etwa 50,000 Letten vom Luthertum abgefallen und zur orthodoxen Kirche übergetreten sind. Die Sprache [* 8] der Letten bildet mit dem Litauischen und dem ausgestorbenen Altpreußischen zusammen die »lettische« (baltische oder litauische) Familie des indogermanischen Sprachstammes, steht aber an Altertümlichkeit und daher an Wichtigkeit für die Sprachforschung hinter ihren beiden Schwestersprachen weit zurück.
An sich ist sie wohllautend, kräftig und besonders in der Ausdrucksweise der Naturlaute reich und schön. Die Poesie der ist eine echte Volkspoesie und zwar lyrisch-idyllischen Inhalts. Der vor 400 Jahren beendigte Kampf gegen die deutschen Eroberer hat nirgends eine Spur von Kriegsliedern bei ihnen zurückgelassen; um so reicher sind sie an zarten und tiefsinnigen mythologischen Liedern, Liebesliedern, Hochzeits- und Klagegesängen und andern Volksliedern, deren man bereits ca. 40,000 gesammelt hat (vgl. Ulmann, Lettische Volkslieder, Riga [* 9] 1874). Nicht weniger zahl- u. sinnreich sind die Volksrätsel, Sprichwörter und Sagen der Letten (vgl. Bielenstein, 1000 lettische Rätsel, Mitau 1881). Mit der Poesie stets aufs innigste verbunden waren Musik und Tanz, und die echten alten Volks- und Tanzweisen zeichnen sich durch große Originalität aus (vgl. Jurjan, Lettische Volkslieder mit Klavierbegleitung, Riga 1885). Von den Musikinstrumenten der alten Letten, zu denen ein Kuhhorn (rags), eine Art Klarinette (stabule), eine Rohrpfeife (swilpe), der Dudelsack (duhkas) und eine Art Zither (kokle, das Instrument der Barden) gehörten, sind jetzt manche nur noch dem Namen nach bekannt; doch findet die Musik auch heute noch durch zahlreiche Gesangvereine eifrige Pflege. Die von Ramm 1530 veranstaltete Übersetzung ¶
der Zehn Gebote und der von Joh. Rivius (gest. 1586) übersetzte Katechismus Luthers werden für die ältesten Denkmäler der lettischen Litteratur gehalten. In der ersten Zeit haben besonders die Deutschen an der Ausbildung und Sammlung des lettischen Sprach- und Litteraturstoffs erfolgreich gearbeitet; in den letzten Jahrzehnten aber ist die lettische Litteratur fast ausschließlich von Letten selbst bearbeitet und bereichert worden, vorzugsweise durch Übersetzungen aus fremden Sprachen, aber auch durch Originalarbeiten. Als der erste Dichter der Letten muß Stender (1714-96), der als Volks- und Sprachbildner bahnbrechend wirkte, genannt werden; nächst ihm verdienen Erwähnung: Jur Alunan (gest. 1864), M. Kroghem (Pseudonym Ausaklis, gest. 1879) sowie von Lebenden der Epiker Lautenbach (Pseudonym Jusminis, geb. 1847), der Novellist M. Kaudsit (geb. 1848), Fr. Brihwsemneeks (geb. 1846) u. a. Zeitschriften in lettischer Sprache erscheinen gegenwärtig neun.
Grammatiken lieferten in neuerer Zeit Rosenberger (Mitau 1830, Dorpat [* 11] 1843), Hesselberg (Mitau 1841 u. 1848), besonders aber Bielenstein (s. d.), der auch um die Erforschung des lettischen und baltischen Altertums große Verdienste hat. Wörterbücher liegen vor von Stender (Mitau 1798, 2 Bde.), Ulmann und Brasche (Libau [* 12] 1875 und Riga 1880, 2 Bde.).
Vgl. Napierski, Chronologischer Konspekt der lettischen Litteratur (Mitau 1830);
Paulus Einhorn, Historia lettica (Dorpat 1649);
G. Merkel, Die Letten (Leipz. 1800);
C. F. Watson, Über den lettischen Volksstamm (Mitau 1822);
Waeber, Anthropologie der Letten (Dorpat 1879);
v. Dorneth, Die Letten unter den Deutschen (2. Aufl., Berl. 1887).
Im Geographisches Lexikon der SCHWEIZ, 1902
Sehr häufiger Ortsname der deutschen Schweiz;
vom althochdeutschen letto, letten = Lehm.
(Kt. Luzern, Amt Willisau, Gem. Dagmersellen).
700 m. Gruppe von 9 Häusern, am NO.-Hang des Dagmersellerwaldes und 5 km nö. der Station Dagmersellen der Linie Luzern-Olten. 68 kathol. Ew. Kirchgemeinde Winikon.
Acker- und Obstbau, Viehzucht.
(Kt. Zürich, Bez. Bülach, Gem. Glattfelden).
343 m. Gruppe von 6 Häusern, zu beiden Seiten der Glatt;
2 km nw. Glattfelden und 1,2 km sö. der Station Zweidlen der Linie Winterthur-Bülach-Basel. 74 reform. Ew. Eine Baumwollweberei.
(Kt. Zürich, Bez. und Gem. Hinwil). 683 m. Gruppe von 6 Häusern; 1,7 km ö. der Station Hinwil der Linie Effretikon-Wetzikon-Hinwil. 38 reform. Ew. Wiesenbau.
(Kt. Zürich, Bez. Horgen, Gem. Adliswil).
494 m. Gruppe von 4 Häusern;
1,2 km nw. der Station Bendlikon der linksufrigen Zürichseebahn (Zürich-Wädenswil-Ziegelbrücke).
30 reform. Ew. Acker- und Weinbau.
(Kt. Zürich, Bez. Uster, Gem. Egg).
521 m. Gruppe von 8 Häusern, 600 m ö. Egg und 6 km sw. der Station Uster der Linie Zürich-Uster-Rapperswil. 34 reform. Ew. Wiesenbau.
(Kt., Bez. und Gem. Zürich, Stadtkreis IV, ¶
410 m. Häusergruppe, am rechten Ufer der Limmat.
Station der rechtsufrigen Zürichseebahn (Zürich-Meilen-Rapperswil).
Wasser(pump)werk der Stadt Zürich.
Seidenwebschule zur Ausbildung von tüchtigen Webermeistern.
Prähistorische Siedelung (heute unter Wasser) mit Funden von Gegenständen aus der Bronze- und Eisenzeit.
Vergl. auch den Art. Zürich (Stadt).
(Im) (Kt. Aargau, Bez. Brugg, Gem. Birr).
405 m. Gruppe von 9 Häusern, am N.-Hang des Kestenbergs und 1 km sw. der Station Birrfeld der Linie Brugg-Lenzburg. 64 reform. Ew. Landwirtschaft.
Im Geographisches Lexikon der SCHWEIZ, 1902
(Kt. und Bez. Zürich, Gem. Birmensdorf).
468 m. 8 Häuser;
500 m s. der Station Birmensdorf der Linie Zürich-Affoltern-Zug. 55 reform. Ew. Kirchgemeinde Birmensdorf.