Lemurien, von dem engl. Naturforscher Sclater eingeführte Benennung einer hypothetischen
Landmasse, die in einer frühern Periode der Erdentwicklungsgeschichte an der Stelle des heutigen Indischen
Oceans ungefähr von Madagaskar bis Sumatra und nordwärts bis Indien über den Meeresspiegel emporragte. Er wollte damit erklären,
wie von den Gattungen und Arten der sog. Halbaffen (s. d.) oder Lemuriden, die für die Fauna des östl. Südafrika,
[* 8] namentlich
für die von Madagaskar charakteristisch sind, einige, wie die Gattungen Stenops und Tarsius, auch in dem
Kontinentalindien und auf den IndischenInseln vorkommen können. Das untergegangene Lemurien wäre die ursprüngliche Heimat
der erwähnten Ordnung der Säugetiere gewesen. Von dort aber hätten sie sich sowohl gegen Westen bis Madagaskar als auch
gegen Osten bis zu den IndischenInseln u. s. w. ausgebreitet. Hierauf wäre der betreffende Kontinent
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verschwunden und infolgedessen die Trennung der afrik. von den asiat. Lemuriden entstanden. Obwohl die Entdeckung einiger fossilen
Lemuriden in alttertiären Schichten Europas und Nordamerikas die Frage nach den Ursachen der jetzigen Verbreitung dieser Tiere
durch Annahme eines Lemuria noch nicht sonderlich gefördert erscheinen läßt, so sprechen doch auch andere zoogeogr.
Verhältnisse zu Gunsten dieser Annahme; soll doch nach den eingehenden Erläuterungen M. Neumayrs zur Jurazeit eine Halbinsel
von Südafrika über Ostmadagaskar nach Südindien hin sich erstreckt haben, deren Trümmer heute Madagaskar, die Seychellen
und Amiranten darstellen. (S. auch Atlantis.)