Leibschmerz
,
s. Kolik.
Leibschmerz
6 Wörter, 46 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Leibschmerz,
s. Kolik.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Leibschmerz,
s. Kolik.
(Leibschmerz, Bauchgrimmen, Enteralgie, Colica), im weitern Sinn jeder heftigere Bauchschmerz, im engern Sinn aber nur derjenige Schmerz, wobei eigentliche anatomische Veränderungen, z. B. entzündliche u. dgl. der Darmwandungen, nicht vorhanden sind, wo vielmehr der Schmerz nur mehr ein Nervenschmerz, ein Krampf ist, der anfallsweise auftritt, und wobei die Gedärme hörbar und fühlbar sich heftig bewegen. Ursprünglich bezeichnete man mit Kolik nur Schmerzen, die im Dickdarm (colon) ihren Sitz haben.
Die Ursachen der Kolik sind sehr mannigfaltig, und daher kommt es, daß man früher so vielerlei Koliken unterschied. Am häufigsten veranlaßt sie der Darminhalt, namentlich zu große Mengen oder ungeeignete Beschaffenheit der Speisen, saure, gärende, unreife Früchte, unverdauliche Substanzen (endemische Kolik), oder Gasansammlungen in den Gedärmen, oder Ansammlung von Kotmassen oder fremden Körpern in den Därmen, wie Fruchtkerne, Würmer, [* 3] Kot oder Gifte und Medikamente, z. B. Bleivergiftung (C. saturnina) und Kupfervergiftung (C. cuprica).
Eine besondere anfallsweise auftretende Kolik begleitet den Durchgang größerer Gallensteine (s. d.) durch den engen Gallengang in den Zwölffingerdarm. Andre Ursachen liegen in Störungen des Nervensystems, wie dies bei Hysterischen und bei Hypochondern nach Gemütsbewegungen häufig beobachtet wird, oder die Kolik entsteht durch Fortpflanzung eines Reizes auf die Därme, z. B. vom Uterus, von der Leber, den Nieren, Hoden etc. aus, oder aber nach Erkältungen der Füße etc. als rheumatische Kolik. Das Hauptsymptom der Kolik ist der Schmerz, dessen Heftigkeit und Ausdehnung [* 4] sehr verschieden sind.
Als sein Hauptsitz wird gewöhnlich die Nabelgegend bezeichnet, er verbreitet sich aber auch oft um dieselbe herum und geht nach Mastdarm und Blase. Druck auf den Bauch [* 5] lindert den eigentlichen Kolikschmerz in der Regel, und die Kranken pressen sich sogar selbst die Faust auf den zusammengekrümmten Leib im Gegensatz zu Leibschmerz aus andern Ursachen, z. B. Darmkatarrh, Bauchfellentzündung. Ein weiteres Symptom bilden die heftigen Zusammenziehungen der Gedärme, die man oft sehen oder wenigstens fühlen kann.
Der Stuhl ist in der Regel angehalten, doch kommt auch Diarrhöe vor, und gleichzeitig ist dann auch nicht selten Erbrechen vorhanden. Mehr oder weniger gesellen sich andre Schmerzen, des Magens, des Rückens, der Arme und Beine etc., hinzu; Unruhe, Angst, kalte Schweiße, kalte Hände und Füße, unregelmäßiger Puls, Krämpfe, Ohnmachten begleiten die heftigern Anfälle meistenteils. Lassen die Anfälle nach, so bemerkt man heftiges Aufstoßen oder Abgang von Blähungen, die dann sehr erleichternd wirken, mitunter auch Stuhlentleerung.
Die Erkennung der Kolik ist in den meisten Fällen nicht schwer, schwieriger schon ist die Entscheidung über die derselben zu Grunde liegende Ursache. Bei heftigen Koliken muß man immer auch Verdacht auf Vergiftung hegen. Ist die Ursache entfernt, so schwindet auch die Kolik, und da man bei der einfachen Form derselben jene meist entfernen kann, so ist auch die Voraussage in der Regel günstig. Je nach der Ursache ist aber die Behandlung etwas verschieden. Nur wo man jene nicht herauszufinden im stande ist, reicht man schmerzstillende Mittel, besonders Morphium.
Oft wirkt Asa foetida oder Bibergeil und Baldrian, verbunden mit warmen Umschlägen auf den Bauch und spirituösen Einreibungen, erleichternd. Sind Ansammlungen schädlicher Substanzen vorhanden, so reicht man ein Brechmittel, wenn Kamillenthee etc. nicht Linderung verschafft, gibt Klystiere, Kindern säuretilgende Mittel, Magnesia u. dgl. oder auch abführende Mittel bei Verdacht auf Kotanhäufung. Die durch Gasansammlungen veranlaßte Kolik, welche eine der heftigsten ist, bedarf vorzugsweise der Klystiere, verbunden mit blähungtreibenden Mitteln, Kamillen-, Pfefferminzthee und leichten Abführmitteln (Rhabarber mit Magnesia), zwischendurch aber auch oft mit entsprechenden Gaben von Opium.
Die Kolik von Erkältung behandelt man mit warmem Verhalten, warmem Thee, Erwärmen mit Tüchern und Bettflaschen, warmen Klystieren und Opium. Auch bei der Blei- und Kupferkolik sind Opiumpräparate, verbunden mit Castoreum, Baldrian u. dgl., von bester Wirkung, und selbst Chloroform kürzt die Anfälle sehr rasch ab. Auch die Einspritzungen von starken Morphiumlösungen unter die Haut [* 6] haben sich sehr wirksam erwiesen, indem sie oft geradezu momentan die Anfälle abschnitten. Nieren- und Gallensteinkolik sind heftige Schmerzanfälle beim ¶
Durchtritt von Steinen durch die Harn- oder Gallenwege; Menstrualkolik besteht in Schmerzanfall vor und bei Eintritt der Menstruation.
Kolik kommt auch bei allen Haustieren vor; am wichtigsten ist die Kolik der Pferde, [* 8] deren häufigste innere Erkrankung sie darstellt. Sie beruht auf schmerzhaften Zuständen der Verdauungsorgane und ist in der Regel, wenigstens im weitern Verlauf, mit verzögertem Mistabsatz, nicht selten mit völliger Darmverstopfung verbunden. Die kolikkranken Pferde geben Schmerzen im Hinterleib zu erkennen: durch Hin- und Hertreten, Scharren und Kratzen mit den Vorderfüßen, öfteres Umsehen nach dem Bauch, Schlagen nach demselben mit den Hinterfüßen, Niederlegen und Wiederaufstehen, bei heftigern Schmerzen durch rücksichtsloses Niederwerfen und Wälzen, Annahme und Verharren in der Rückenlage etc. Diese Erscheinungen zeigen die Tiere bald anfallsweise, bald mehr oder weniger anhaltend.
Dazu treten: Aufhören der Futter- und Getränkaufnahme, beschleunigtes Atmen, Schweißausbruch, frequenter, kleiner Puls. Ursachen der Kolik sind Erkältungen (rheumatische, Krampfkolik), Anomalien des Darminhalts: Anschoppungen von Futtermassen, Ansammlungen von Gasen (Überfütterungs- und Windkolik), Reizungen der Darmwand durch Darmsteine, Sand etc., welche auch die Weiterbeförderung des Darminhalts verhindern können, endlich auch Würmer (Wurmkolik). Entzündliche Erkrankungen der Darmhäute und des Bauchfelles sowie Lageveränderungen im Darmkanal äußern sich bei Pferden unter dem Bilde der Kolik wenigstens zunächst. Von Bollinger (»Die Kolik der Pferde und das Wurmaneurysma der Eingeweidearterien«, Münch. 1870) ist zuerst nachgewiesen, daß zuweilen von dem Wurmaneurysma der vordern Gekrösarterie kleine Stückchen des Trombus sich loslösen, die Blutgefäße des Dickdarms verlegen und hierdurch Lageveränderungen der Därme sowie Lähmung einzelner Abschnitte des Darmrohrs und somit lebensgefährliche Koliken herbeiführen.
Entzündungen und Zerreißungen eines Darmteils sind häufig die Folgen der Kolik, wie sie als deren Ursache auftreten, und führen nicht selten den Tod der Tiere herbei; daher wird die als eine der gefürchtetsten Pferdekrankheiten angesehen. Da im wesentlichen der Name ein Sammelname für eine Anzahl sehr verschiedener Darmaffektionen ist, so muß auch die Behandlung in den einzelnen Fällen sich verschieden gestalten. Im allgemeinen bewährt sich am meisten eine die Darmentleerung begünstigende, in andern Fällen eine die Schmerzlinderung erstrebende Heilmethode.
Die Pferde sind in geräumige Stallungen u. auf reichliche Streu zu stellen. Der Leib ist mit warmen Decken zu umhüllen und mit reizenden Flüssigkeiten (Spiritus, [* 9] Terpentinöl, Salmiakgeist) einzureiben. Gleich nach der Einreibung wird das an Kolik leidende Pferd [* 10] im Schritt umhergeführt. Innerlich wird als Hausmittel am besten eine große Gabe von Glaubersalz und, wenn die Krankheit länger als zehn Stunden dauert, zweistündlich eine Flasche [* 11] Leinöl verabreicht. Das Eingeben ist vorsichtig und langsam zu bewirken, damit sich das Pferd nicht verschluckt. Bei Überfütterungskolik sind die subkutane Injektion [* 12] von Physostigminum sulfuricum (0,08-0,12 in 6-12 g Wasser) oder die Verabreichung der Aloe, außerdem Infusionen von warmem Wasser in den Mastdarm mittels eines Gummischlauchs angezeigt.