Lafette
(Laffete, v. franz. l'affût),
Gerüst, in welchem das Geschützrohr beim
Schießen
[* 2] und meist auch beim
Transport
liegt. Für die
Feldgeschütze ist möglichst leichte und schnelle Handhabung und Fahrbarkeit der Lafette
Hauptbedingung. Der
Leichtigkeit der ist indes eine praktische
Grenze durch den Rücklauf gesteckt, welcher im umgekehrten
Verhältnis zum
Gewicht
der Lafette
steht. Man beschränkt ihn durch
Hemmvorrichtungen. Im allgemeinen bestehen die Lafetten
aus zwei
auf der hohen
Kante stehenden, meist parallelen
Wänden, welche durch
Riegel auseinander- und (bei hölzernen Lafetten
) durch
wagerechte
Bolzen zusammengehalten werden.
In der obern
Kante der
Wände befinden sich die Schildzapfenpfannenlager zur
Aufnahme des Geschützrohrs; die
Höhe ihrer
Achse über dem
Boden ist die
Lager- oder Feuerhöhe. Unter dem Bodenstück des
Rohrs sitzt zwischen den
Wänden die
Richtmaschine, meist mit Doppelschraube, bei welcher sich die Richtschraube mit Rechtsgewinde in einer
Hülse
[* 3] schraubt, die
außen mit einem Linksgewinde in einer
Mutter der Richtwelle sich dreht. Dieses Doppelschraubensystem
ermöglicht ein schnelles
Heben und Senken des
Rohrs beim
Richten, zum Bewegen dient ein Griffrad oder eine
Kurbel.
[* 4] Das hintere
Ende der Lafette
, der Lafettenschwanz, endet bei den Räderlafetten entweder in eine Protzöse, oder der Schwanzriegel
hat ein Protzloch zur
Verbindung der Lafette
mit der
Protze.
Die Feldlafetten
C/73 der deutschen
Artillerie (s. Tafel
»Geschütze
[* 5] I«) haben aus Gußstahlblech gestanzte
Wände, zwischen denen ein Lafette
nkasten für Zubehörstücke eingenietet ist. Die
Achse aus
Gußstahl ist rund, ohne Achsfutter
und auf Abflachungen mit Schraubzwingen an den
Wänden befestigt. Zur Verhütung des
Brechens der
Achse beim
Rückstoß dienen
die Mitnehmer, flache Eisenstäbe, welche mit einer
Öse, die als Stoßscheibe dient, über die Achsschenkel
bis zum
Stoß geschoben sind, und deren anderes Ende an die Lafette
nwände angebolzt ist.
Die
Räder, nach dem Thonetschen
System konstruiert, haben eine bronzene
Nabe, zwischen deren beiden
Scheiben die keilförmigen
Enden der hölzernen
Speichen stecken. Auf der
Achse und dem Mitnehmer ruht auf drei
Trägern mit Gummipuffern
zu jeder Seite der ein Achssitz für je einen
Kanonier der Geschützbedienung. Jedes
Rad hat eine Hebelbremse, deren Bremsklotz
hinter der
Achse (also beim Bodenstück des
Rohrs) gegen den Radreifen liegt. Zur Fahrbarmachung wird die Lafette
aufgeprotzt, d. h.
mit der
Protze verbunden, die den Vorderwagen des Fahrzeugs bildet. Über der
Achse desselben steht der
Protzkasten, zur
Aufnahme der
Munition,
Zündungen
[* 6] und einiger Zubehörstücke. Auf dem Deckel sitzen beim
Fahren drei Bedienungskanoniere.
Hinter dem Protzkasten sitzt am Ende der Scherarme der Protzhaken, über welchen die Lafette
mit der Protzöse gehängt
wird. Der Protzhaken steht so weit hinter der
Achse, daß durch die aufgeprotzte Lafette
die Deichsel im
Gleichgewicht
[* 7] gehalten wird (daher Balanciersystem).
Die Lafetten
der deutschen Belagerungs- und
Festungsartillerie nach dem Konstruktionsprinzip von 1864 haben eine
Lagerhöhe
von 183
cm. Diese
Erhöhung der Rohrlage, ein charakteristischer Fortschritt der deutschen
Artillerie, brachte die
Scharten in den
Batterien und
Brustwehren der Festungswälle in Wegfall, durch welche diese sehr geschwächt und dem Feind ein
sehr günstiger Zielpunkt gegeben wurde. Diese Lafetten
, neuerdings ganz aus
Eisen
[* 8] gebaut, tragen auf dem vordern Teil der
Wände einen
Aufsatz,
Bock,
[* 9] aus
Eisen (s. Tafel
»Geschütze I«) zur
Aufnahme des
Rohrs.
Nach diesem Konstruktionsprinzip, welches sich im deutsch-französischen
Krieg bewährt hat, sind die Kanonenlafetten
sowohl
für die Belagerungs- als für die
Festungsartillerie gebaut.
Beim
Transport werden die
Rohre in ein hinter dem
Bock befindliches
Marschlager gelegt. Die Lafette
für den gezogenen 21
cm
Mörser (s. Tafel
»Geschütze I«) ist fahrbar; weil
aber bei hohen
Elevationen der
Rückstoß
Achse und
Räder zertrümmern würde, so werden letztere beim
Schießen abgezogen.
Eine Schraubenvorrichtung dient zum
Heben und Senken der
Achse. Die Richtmaschine gestattet
Elevationen bis zu 70°. Die Rahmenkasemattenlafette
C/72 für 8 und 9
cm
Kanonen ist den Küstenlafetten
ähnlich.
Letztere sind für alle schweren
Kanonen nach
demselben
Prinzip gebaut (s. Tafel
»Geschütze II«).
[* 10] Es sind eiserne Rahmenlafetten
von 1,80 oder 2 m Feuerhöhe. Die
eigentliche ist aus
Eisenblechen zusammengenietet. Die Zahnbogenrichtmaschine, durch ein Handspeichenrad in
Bewegung gesetzt
und durch eine
Bremse arretierbar, gestattet wegen ihrer seitlichen
Lage am
Rohr eine tiefe
Senkung des Bodenstücks.
Der Rahmen steht auf vier Rädern, welche mit starken übergreifenden Flantschen auf kreisförmig gebogenen Schienen laufen. Er wird auf diesen durch eine Schwenkvorrichtung seitlich um ein Pivot bewegt, welches nahe der Brustwehr [* 11] liegt, und mit dem er durch die Pivotklappe verbunden ist. Der Rücklauf wird durch eine hydraulische Bremse gehemmt, deren am Rahmen befestigter Cylinder mit Glycerin gefüllt ist. An der ist der Kolben befestigt, dessen Kopf vier nach beiden Seiten trichterförmig erweiterte Löcher hat, durch welche das Glycerin um so heftiger hindurchgepreßt wird, je schneller der Rücklauf ist.
Hierin liegt das Prinzip der Hemmung. Die Schiffslafetten sind im Konstruktionsprinzip den Küstenlafetten ähnlich, nur bedeutend niedriger, damit der Schwerpunkt [* 12] des Geschützes möglichst tief zu liegen komme, was der Schwankungen des Schiffs und der geringen Höhe des Batterieraums wegen erforderlich ist. Zum Feststellen der auf jedem Punkte des Rahmens und zum Hemmen des Rücklaufs dient die Lamellenbremse, 6-8 flache, hochkantig zwischen den Laufschwellen des Rahmens stehende eiserne Schienen, in deren Zwischenräume gleiche, an der Lafette befestigte Schienen greifen, die durch eine Welle mit Klauen aneinander gepreßt werden können. Die dadurch beim Rücklauf ¶
mehr
bewirkte Reibung [* 14] beschränkt die Bewegung. Die Breitseitenlafetten (s. Tafel »Geschütze II«) [* 10] sind für alle Kaliber nach demselben System erbaut. Die Mittelpivotlafetten für 15 cm Ringkanonen (s. Tafel »Geschütze II«) [* 10] haben zur Ausstellung mittschiffs von Kanonenbooten oder im Heck und Bug größerer Schiffe [* 15] ihren Drehpunkt (Pivot) in der Mitte des Rahmens, damit die Geschütze nach allen Seiten feuern können. Die Rahmen der Turmgeschütze sind meist in den Turm [* 16] fest eingebaut, drehen sich daher mit diesem.
Die Brookwelllafetten (von Wagenknecht) für 15 cm Kanonen sind Oberdeckslafetten ohne Rahmen, mit drei niedrigen, massiven Rädern. Das Brook- (Hemm-) Tau, um einen Bolzen in der Schiffswand liegend, wickelt sich beim Rücklauf von einer (Brook-) Welle ab und zieht dabei ein Bremsband um so fester an diese an, je heftiger der Rücklauf ist und die Drehung der Welle stattfindet. Neuerdings ist bei der deutschen Marine die Kruppsche Pivotgelenklafette eingeführt worden, deren senkrechte Wände um eine wagerechte Achse drehbar sind. In ihrem obern Drittel sind sie mit einer hydraulischen Bremse verbunden, die ihr Widerlager in einem in die Bettung eingelassenen Ring findet.
Diese Lafette mit geringem Rücklauf bedarf keines besondern Rahmens und wird ähnlich den Mittelpivotlafetten verwendet. Landungslafetten sind leicht zerleg- und zusammensetzbare Räderlafetten für leichte Kanonen, welche bei Landungen verwendet und von Mannschaften gezogen werden. Stellt man Geschütze hinter Panzerwänden und Mauern auf, so verliert man um so mehr an Deckung, je größer die Scharten sind, durch welche die Geschütze feuern. Die Schartenweite aber nimmt zu mit der Differenz zwischen dem größten Elevations- und Inklinationswinkel des Rohrs und beträgt in der Höhe bei schweren Schiffsgeschützen 1,5-2 m. Wenn aber der Drehpunkt des Rohrs beim Richten nicht in der Schildzapfenachse, sondern in der Mündungsfläche des Rohrs liegt, so braucht auch die Scharte nicht größer zu sein als der Mündungsdurchmesser des Rohrs.
Lafetten, welche solche Drehung des Rohrs gestatten, heißen Minimalschartenlafetten. In Deutschland [* 17] ist eine solche nach der Konstruktion von Gruson (s. Tafel »Geschütze I«) für Geschütze in Hartgußpanzerständen eingeführt, bei welcher das Rohr durch eine hydraulische Pumpe [* 18] bewegt wird. Durch die Kruppsche Panzerkanone, welche kugelgelenkartig mit der Mündung in dem Panzer selbst drehbar festgehalten wird, ist sowohl jede offene Scharte als der Rücklauf aufgehoben.
Noch ist diese Konstruktion nicht praktisch angewendet. Eine geniale Erfindung ist die Moncrieffsche Gleichgewichtslafette (s. Tafel »Geschütze II«), [* 10]
bei welcher das Geschützrohr durch den Rückstoß gesenkt und durch die dabei in Gegengewichten aufgespeicherte Kraft [* 19] des Rückstoßes auch wieder in die Feuerstellung gehoben wird. Die Lafette schiebt sich mit den Rollen [* 20] an ihrem hintern Ende auf den schrägen Laufschienen herunter und zieht dabei die Hubscheiben zurück. Das untere Ende der Hubscheiben ist mit Blei [* 21] gefüllt und dient als Gegengewicht. Die gekrümmte Zahnschiene an der Seitenfläche der Hubscheibe greift in eine am Rahmen sitzende Triebwelle, welche eine Bremsscheibe trägt.
Durch das Anpressen eines Bremsbandes an dieselbe kann die Bewegung des ganzen Mechanismus gehemmt werden. Die Zahnschiene ist nach einer cykloidischen Kurve, der Moncrieffschen Kurve, gebogen. Nach Lösung des Bremsbandes wird die Lafette mit Rohr durch die Gegengewichte der Hubscheiben in die Feuerstellung hinaufgehoben. Der Rahmen ist um ein Mittelpivot drehbar. Die Lafette macht die Scharten entbehrlich. Geschütze in Depressionslafetten kommen zur Verteidigung steiler Bergabhänge in Anwendung (Festung [* 22] Ehrenbreitstein bei Koblenz). [* 23]
Die schrotleiterartige Lafette wird hinten durch eine in einem schräg aufrecht stehenden Gerüst angebrachte Windevorrichtung bis zu dem erforderlichen Grade der Inklination des Rohrs gehoben. Die deutschen Feld- und Belagerungslafetten sind für die Neukonstruktion aller Länder mustergültig geworden. Dagegen sind die deutschen Schiffs- und Küstenlafetten aus englischen Konstruktionen hervorgegangen, die auch für andre Länder maßgebend waren.