Titel
Löwen
,
[* 2] 1) (niederländ. Leuven, franz. Louvain) Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Brabant, am Fluß Dyle und im Kreuzungspunkt der Eisenbahnen nach Brüssel, [* 3] Mecheln, [* 4] Turnhout, Lüttich [* 5] und Charleroi, 28 m ü. M., ist altertümlich gebaut. Die Wälle der Stadt, jetzt zu Spaziergängen umgewandelt, haben an 12 km Umfang; aber ein großer Teil des Raums, den sie umschließen, ist jetzt nicht mit Häusern, sondern mit Gärten und Pflanzungen bedeckt.
Die vorzüglichsten Gebäude von Löwen
sind: das 1448-63 von
Matthäus Layens im spätgotischen
Stil errichtete und 1842 restaurierte
Rathaus;
die Kirche zu St. Peter (ebenfalls aus dem 15. Jahrh.);
die sogen. Hallen, 1317 als Warenniederlage für die Tuchmachergilde erbaut und 1679 der Universität eingeräumt;
die Ruinen des im 9. Jahrh. vom König Arnulf erbauten Schlosses, das der Volksglaube dem römischen Imperator Julius Cäsar als Erbauer zuschreibt.
Die Bevölkerung [* 6] zählt (1886) 37,843 Seelen. Die Industrie ist seit dem Mittelalter sehr zurückgegangen, zumal die einst berühmte Tuchfabrikation. Die Stadt hat außerdem nur noch einige Brauereien, Fabrikation von Stärke, [* 7] Leder, Chemikalien, Papier und Spitzen und treibt Handel mit ¶
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landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Berühmt war im 16. Jahrh. die 1426 von Johann IV. von Brabant gegründete Universität von
Löwen
, welche zur Zeit ihrer Blüte
[* 9] mehr als 6000 Studenten zählte und der Sitz der antijesuitischen, die gallikanischen Freiheiten
verteidigenden Theologie war. Sie wurde 1793 infolge der französischen Invasion aufgehoben, 1817 aber wiederhergestellt. 1834 vom
Staat aufgehoben, ward sie 1835 vom Klerus aus eignen Mitteln neu dotiert und verfolgt seitdem als sogen. freie Universität
eine streng katholische Richtung. Sie umfaßt fünf Fakultäten und zählte 1883: 1558 Studierende. Außerdem befinden sich
in ein Athenäum, eine höhere Knabenschule, eine Industrieschule und ein Tribunal. - Hier erfocht 1. Sept. 891 König
Arnulf einen entscheidenden Sieg über die Normannen.
Von 994 bis 1100 war Löwen
Sitz der Grafen von Löwen
, später der Herzöge von Brabant. Im 14. Jahrh. war es die größte und reichste
Handelsstadt des Landes mit 100,000 Einw. und großartiger Tuchfabrikation, die zur Zeit
ihrer höchsten Blüte nicht weniger als 4000 Webstühle
[* 10] beschäftigte. 1382 empörten sich die Weber von Löwen
gegen den Herzog
von Brabant, wurden jedoch besiegt, infolge dessen ein Teil derselben nach England auswandern mußte. Es begann dort mit ihnen
die Einführung der Tuchmanufaktur und zugleich die Konkurrenz mit Löwen.
Im 16. Jahrh. wurde der Verfall der
Stadt durch die Pest beschleunigt, welcher fast die Hälfte der Bevölkerung zum Opfer fiel.
Vgl. Molanus, Historia Lovaniensis (hrsg. von de Ram, Brüssel 1861, 2 Bde.);
Piot, Histoire de Louvain (Löwen
1859);
Reusens, Documents relatifs à l'histoire de l'université de Louvain (das. 1887 ff., 3 Bde.). -
2) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Breslau, [* 11] Kreis [* 12] Brieg, [* 13] an der Glatzer Neiße und der Linie Brieg-Kandrzin der Preußischen Staatsbahn, 152 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Schloß, ein Amtsgericht, eine große Mühle, Ziegeleien, Färberei, Molkerei, Gerberei, wichtige Wochen- und Viehmärkte und (1885) 2362 meist evang. Einwohner.