Kruciferen
[* 3] (Kreuzblütler), dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Krucifloren, einjährige, zweijährige oder ausdauernde Kräuter, bisweilen Halbsträucher: mit Pfahlwurzel, die bei manchen rübenartig verdickt ist, runden oder eckigen Stengeln und einfachen, nebenblattlosen Blättern, die entweder sämtlich grundständig zu einer Rosette vereinigt sind, oder auch am Stengel [* 4] wechselständig stehen und ganz, gezahnt, fiederspaltig, leierförmig, auch mehrfach gefiedert, unten meist gestielt, nach oben oft mit herz- oder pfeilförmiger Basis sitzend sind.
Die Blüten stehen in Trauben, welche bald verlängert, bald verkürzt und dann doldentraubig erscheinen und immer auf den Enden des Stengels und der Äste sich befinden, bisweilen durch den unter ihnen stehenden Seitenzweig zur Seite gedrängt werden und dann dem Blatt [* 5] gegenüberzustehen scheinen. Den Trauben fehlen meistens die Deckblätter unter den Blütenstielchen. Die regelmäßigen Blüten haben vier freie, abfallende Kelchblätter, von denen zwei rechts und links und etwas tiefer, die beiden andern vorn und hinten stehen; jene sind an der Basis oft mehr oder weniger sackförmig nach unten aufgetrieben.
Die vier Blumenblätter stehen kreuzweise zwischen den Kelchblättern auf dem Blütenboden eingefügt; sie sind meist lang genagelt und haben eine ungeteilte oder ausgerandete, seltener gespaltene, noch seltener fiederteilige Platte von weißer oder violetter oder gelber Farbe. Von den sechs auf dem Blütenboden entspringenden, meist freien Staubgefäßen stehen zwei kleinere den beiden seitlichen Kelchblättern gegenüber, die andern paarweise vor dem vordern und hintern Kelchblatt. Auf dem Blütenboden befinden sich außerdem nektarabsondernde Drüsenhöcker an der Basis der Kelch- und Blumenblätter. Das oberständige einfache Pistill wird aus zwei rechts und links stehenden Karpellen gebildet, welche zu einem zweifächerigen Fruchtknoten mit einfachem, endständigem Griffel und zwei meist zusammenhängenden Narben vereinigt sind. Die Scheidewand im Fruchtknoten ist daher von vorn nach hinten gerichtet; an ihrem Rand, ¶
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wo sie in die Fruchtknotenwand übergeht, befindet sich der Samenstrang mit meist mehreren Samenknospen in jedem Fach. Die Früchte
sind meist Schoten; sie springen in zwei Längsklappen auf, wobei hier der wandständige Samenträger und die zwischen ihm
ausgespannte häutige Scheidewand auf dem Blütenstielchen stehen bleiben. Die Kapsel ist entweder länger
als breit (Schote, siliqua), oder ebenso breit, oder breiter als lang (Schötchen, silicula). Manche Kruciferen
bilden oft in den Fächern
Querscheidewände, und an diesen Stellen bricht die reife Frucht der Quere nach in mehrere übereinander stehende, nußartig
geschlossene, oft einsamige Glieder
[* 7] auseinander (Gliedernuß, lomentum).
Diese können weniggliederig, ja selbst eingliederig sein, und im letztern Fall haben wir ein eigentliches
nußartiges Früchtchen (nucamentum), welches meist wenig- und selbst einsamig ist. Die Samen
[* 8] sind ohne Endosperm, der Keimling
hat blattartige, ziemlich große, an fettem Öl reiche Kotyledonen und ist stets so gekrümmt, daß das Würzelchen über die
aufeinander liegenden Kotyledonen zu liegen kommt. Die Kruciferen
bilden eine sehr übereinstimmende Familie, die
gegen 1200 Arten enthält und über den ganzen Erdkreis verbreitet ist.
Vgl. Cruciferae in Decandolles »Prodromus«, Bd. 1. Am zahlreichsten vertreten ist sie in den gemäßigten Zonen, manche Arten sind auch wirklich kosmopolitisch.
Die Kruciferen
enthalten
in allen Teilen schwefelhaltige ätherische Öle
[* 9] von scharfem, zu Thränen reizendem Geruch, scharfem Geschmack
und flüchtig reizender Wirkung auf die Haut.
[* 10] Diese Stoffe sind teils schon fertig gebildet in der Pflanze vorhanden, teils erzeugen
sie sich erst im Augenblick, wo der Pflanzenteil befeuchtet wird (Senföl in den Senfsamen), und bedingen die Benutzung der
Wurzeln, des Krauts und der Samen als auf die Verdauungsorgane reizend wirkender, antiskorbutischer Heil-
und Genußmittel sowie als kräftig blasenziehender Arzneien. Andre Arten liefern wirkliche Nahrungsmittel,
[* 11] wie namentlich der
Kohl in seinen verschiedenen Varietäten. Wieder andre sind wichtig als Ölpflanzen, indem aus ihren Samen fettes Öl gewonnen
wird (Raps, Rübsen etc.), wobei als Nebenprodukte auch Futtermittel in Gestalt
der Rapskuchen gewonnen werden; der Waid liefert einen blauen Farbstoff; Lack, Levkoje u. a. sind Zierpflanzen.