Kollar
510 Wörter, 3'600 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Kollar
Kollár,
Jan, slaw. Dichter und Altertumsforscher, geb. zu Mossocz im ungarischen Komitat Thurócz, studierte auf dem Lyceum zu Preßburg [* 2] und seit 1817 in Jena [* 3] Theologie und wurde 1819 slowakischer Prediger der neubegründeten evangelischen Gemeinde in Pest. Als Dichter trat er zuerst auf mit einer Sammlung kleinerer Gedichte, »Básne « (Prag [* 4] 1821),
welche später teilweise umgearbeitet unter dem Titel: »Slávy-Dcera« (»Tochter der Slawa«, 3. Aufl., Pest 1832, 2 Bde.; Prag 1862) erschienen, und worin er seinem Schmerz über das Verdrängtwerden seines Stammes durch die deutsche Kultur Ausdruck gab. Dann folgte die verdienstvolle Sammlung slowakischer Volkslieder: »Narodnie Zplewanky« (2. Aufl., Ofen 1832-33). Von seinen übrigen Werken nennen wir die Schrift über die Vorzüge des slawischen Volkes: »Dobré vlastnosti národu slovanského« (Pest 1822),
das gleichfalls in slowakischer Sprache [* 5] abgefaßte Werk »Über die Namen und Altertümer des slowakischen Volkes etc.« (Ofen 1830),
sein »Slowakisches Lesebuch« (Pest 1830),
namentlich aber sein deutsch geschriebenes Werk »Über die litterarische Wechselseitigkeit zwischen den Stämmen und Mundarten der slawischen Nation« (das. 1831; 2. Aufl., das. 1844). Als darauf die Sprachenkämpfe in Ungarn [* 6] begannen, scharte sich die ganze slowakische Jugend um den berühmten Dichter und Schriftsteller, obschon dieser selbst sich gegen jegliche panslawistische Tendenz verwahrte. 1849 zum ordentlichen Professor der Archäologie an der Universität zu Wien [* 7] ernannt, starb er daselbst Nach seinem Tod erschien noch das archäologische Werk »Staro-Italia slavjanská« (»Das slawische Altitalien«, Wien 1853; neue Aufl., Prag 1868). Seine gesammelten Werke (mit der Autobiographie des Dichters) erschienen in 4 Bänden (2. Aufl., Prag 1868).
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Kollar,
Jan, czech. Dichter, geb. zu Mossocz im ungar. Komitat Thurocz, studierte von 1812 bis 1815 im evang. Lyceum zu Preßburg, war dann Hauslehrer, und bezog 1816 die Universität Jena, von wo aus er 1817 das Wartburgfest mitmachte. Hier entstand «Die Tochter des Ruhms» («Slávy dcera»),
ein Sonettenkranz, worin er seine eigenen Leiden
[* 9] und Freuden, seine Geliebte
und sein Vaterland, d. i. hier das gesamte Slawentum (Slawien), besingt (1821). In den spätern Ausgaben fügte er immer neue
Sonette hinzu, sodaß deren Zahl schließlich auf 645 anwuchs. Das Werk trug zur Förderung des slaw.
Selbstbewußtseins mächtig bei. 1819 wurde Kollar
evang. Geistlicher
in Pest, schrieb Predigten (2 Bde., Pest 1831-44) und machte Forschungsreisen in Deutschland,
[* 10] der Schweiz
[* 11] und Italien.
[* 12]
Beim Beginn der Revolution 1849 wurde er als Vertrauensmann der Regierung nach Wien berufen und erhielt bald darauf die Professur
für slaw. Altertümer daselbst. Er starb Kollar
gab eine verdienstliche Sammlung «Volkslieder
der Slowaken in Ungarn» heraus (2 Bde., Ofen 1823 u. 1827; 2. vermehrte Ausg. 1832 u. 1833),
eine Aufsehen erregende Schrift «Über die litterar. Wechselseitigkeit zwischen den verschiedenen Stämmen und Mundarten der slaw. Nation» (anfangs czechisch geschrieben, dann von ihm selbst ins Deutsche [* 13] übersetzt, Pest 1837; 2. Aufl., Lpz. 1844),
«Die Göttin Slawa und der Ursprung des Namens Slawen» (1839); ferner seine «Reisebeschreibung u. s. w.» (Pest 1843; Prag 1863) und endlich «Das slaw. Altitalien» (Wien 1853; 2. Aufl., Prag 1865). Eine (unvollständige) Sammlung seiner Werke erschien in Prag (4 Bde., 1862-63); darin eine Selbstbiographie K.s, seine Jugendzeit umfassend.