Kieselfluorid
(Siliciumfluorid,
Fluorkiesel,
Fluorsilicium) SiFl4 entsteht beim Erwärmen von
Flußspat
[* 2] (Fluorcalcium) und Quarzsand (Kieselsäureanhydrid) mit konzentrierter
Schwefelsäure,
[* 3] ist ein farbloses
Gas, riecht und schmeckt
stechend sauer, bildet an feuchter
Luft dichte
Nebel, wird unter einem
Druck von 30
Atmosphären zu einer
farblosen
Flüssigkeit verdichtet, greift
Glas
[* 4] nicht an, erträgt hohe
Temperaturen und zerfällt mit
Wasser in gallertartig
sich ausscheidende
Kieselsäure und
Kieselfluorwasserstoffsäure oder
Kieselflußsäure H2SiFl6 . Zur
Darstellung der
Kieselfluorwasserstoffsäure leitet man das wie
oben angegeben entwickelte in
Wasser und
läßt dabei die Mündung des Gasrohrs, damit es sich nicht verstopfe, in
Quecksilber tauchen; ist die
Flüssigkeit von der
ausgeschiedenen
Kieselsäure breiig geworden, so preßt man diese ab, leitet in die
Lösung von neuem Kieselfluorid
und fährt so bis
zur gewünschten
Konzentration fort.
Beim
Großbetrieb läßt man das in einen mit
Ziegeln lose ausgesetzten
Turm
[* 5] strömen, in welchem
Wasser herabrieselt.
Auch hat man in hochofenartigen
Apparaten durch Erhitzen von
Flußspat mit
Sand und
Kohlen dargestellt oder mit
Kieselsäure gemengten
Kryolith durch
Schwefelsäure zersetzt. Man erhält eine farb- und geruchlose
Flüssigkeit, die an der
Luft
raucht, sehr sauer schmeckt,
Glas nicht angreift, bei einer bestimmten
Konzentration aber in Kieselfluorid
und
Fluorwasserstoffsäure zerfällt
und dann auch
Glas ätzt. Mit der bei ihrer
Darstellung ausgeschiedenen
Kieselsäure verdampft, zersetzt sie sich rückwärts
zu Kieselfluorid.
Den
Gehalt der
Säure bei verschiedenem spezifischen
Gewicht zeigt die
Tabelle:
Proz. H2SiFl6 | Spez. Gewicht |
---|---|
34 | 1.3162 |
30 | 1.2742 |
25 | 1.2235 |
20 | 1.1748 |
15 | 1.1281 |
11 | 1.0922 |
10 | 1.0834 |
9 | 1.0747 |
8 | 1.0661 |
7 | 1.0576 |
6 | 1.0491 |
5 | 1.0407 |
4 | 1.0324 |
3 | 1.0242 |
2 | 1.0160 |
1 | 1.0080 |
Mit Basen bildet Kieselfluorwasserstoffsäure Salze (Kieselfluormetalle, Silikofluoride), welche meist in Wasser löslich und kristallisierbar sind. Die Verbindungen des Kaliums, Natriums, Lithiums, Baryums und Calciums sind gallertartig und schwer löslich. Man benutzt Kieselfluorwasserstoffsäure zur Abscheidung mancher Säuren aus ihren Kalisalzen, zur Darstellung von chlorsaurem Natron, auch als Surrogat der Weinsäure in der Färberei und Druckerei; sie eignet sich ferner zur Herstellung künstlicher Steine, zur Fixation der Farben in der Stereochromie, zum Weißsieden von Stecknadeln, zur Sodafabrikation direkt aus Kochsalz und zur Pottaschegewinnung aus Chlorkalium, zum Aufschließen der Knochen [* 6] und Phosphorite etc. Diese Verwendbarkeit der Kieselfluorwasserstoffsäure ist um so beachtenswerter, als man die bei ihrer Darstellung sich abscheidende Kieselsäure zur Bereitung von Wasserglas, Zement, alaunfestem Ultramarin, zur Entkalkung des Rübensafts und zum Aufschließen des Kryoliths benutzen kann.