Khereddin
(Kaireddin) Pascha, türk. Staatsmann, geboren um 1820 in Kaukasien von tscherkessischen Eltern, ward als Knabe in die Sklaverei verkauft und kam in den Besitz eines tunesischen hohen Beamten, der ihm eine vortreffliche Erziehung zu teil werden ließ und dann die Freiheit schenkte. Er trat darauf in die tunesische Armee ein und wurde Adjutant von Achmed Bei, den er 1846 nach Paris [* 3] begleitete. 1852-55 vertrat er die Interessen des Beis von Tunis [* 4] am Hof [* 5] Napoleons III. in Paris, wo er sich die französische Sprache und europäische Kultur aneignete. Er avancierte bald zum Marineminister, dann zum Präsidenten des Hohen Rats von Tunis, war 1872 Präsident der internationalen Kommission, welche die finanziellen Verhältnisse von Tunis ordnen sollte, und 1873 erster Minister.
Nachdem er 1871 Tunis durch den Ferman vom 23. Okt. wieder eng mit dem türkischen Reich verbunden und unter die Oberhoheit des Sultans gestellt hatte, ging er mit Ernst und einer bei den Orientalen seltenen unbestechlichen Ehrlichkeit an die Reform der innern Zustände, sowohl der Verwaltung als der Justiz, deren Grundsätze und deren Ausführbarkeit er in einem französisch geschriebenen Werk dargelegt hatte (»Réformes nécessaires aux États musulmans«, unter seiner Leitung übersetzt, Par. 1868). Doch entzweite er sich darüber mit dem Bei und nahm seine Entlassung.
Nach kurzem Aufenthalt in
Frankreich ward er 1878 vom
Sultan nach
Konstantinopel
[* 6] berufen, um hier bei der
beabsichtigten
Reform des türkischen
Staats, besonders des
Finanzwesens, mit
Rat und That behilflich zu sein. Am ernannte
ihn der
Sultan zu diesem
Zweck zum
Großwesir; aber alle Bemühungen Khereddins
, durch
Ordnung und Sparsamkeit
das
Finanzwesen zu regeln, der
Willkür,
Trägheit und Bestechlichkeit der
Efendis ein Ende zu machen und eine geordnete
Verwaltung
und Rechtsprechung herzustellen, scheiterten an der unheilbaren
Korruption der hohen türkischen
Büreaukratie, dem
Widerstand
Osman
Paschas, des allmächtigen Kriegsministers, und der
Schwäche des
Sultans. Als dieser im Juli 1879 einen neuausgearbeiteten
Reformplan Khereddins
ablehnte, nahm derselbe wieder seine Entlassung und wurde zum Mitglied des
Senats ernannt.