Kaviar
(aus dem
Türkischen oder Tatarischen), eingesalzener
Rogen des
Hausen,
Stör,
Scherg und
Sterlett, wird besonders
am untern
Lauf der
Wolga,
Emba, des Mius,
Don,
Dnjepr,
Bug und
Dnjestr, am
Ural,
Aralsee,
Asowschen und
Kaspischen
Meer bereitet und
namentlich von
Astrachan aus in den
Handel gebracht. Die bei weitem größte
Menge des Kaviars
stammt vom
Hausen, der bisweilen bis 3 Ztr.
Rogen enthält. Der dunkelgraue
Rogen wird auf einem
Sieb geknetet, damit die
Eier
[* 2] durch dessen
Maschen hindurchfallen, während
Membranen,
Fasern und
Fett des
Eierstockes auf dem
Sieb zurückbleiben.
Die reinen
Eier werden mit 4-6 Proz. feinem
Salz
[* 3] gemengt und liefern den teuern flüssigen Kaviar
(Ikra). Je großkörniger, lockerer,
frischer und je schwächer derselbe gesalzen ist, desto höher wird er geschätzt; aber diese beste
Sorte kann nur bei Winterfrost
bereitet werden und ist am wenigsten haltbar. Preßkaviar
(Pajusnaya) wird mit Salzlake gesalzen, dann
in
Säcken gepreßt und in Tönnchen gefüllt, die innen mit
Leinwand ausgeschlagen sind (daher Serviettenkaviar
). In neuester
Zeit wird der Kaviar
auch in hermetisch verschließbare Blechbüchsen
[* 4] gefüllt, in welchen er sich sehr lange hält.
Die
Produktion des flüssigen Kaviars
beträgt 1/7-1/8 (etwa 500,000 kg) von der des Preßkaviars.
Der
beste Kaviar
ist der russische, besonders der von
Astrachan und der aus der
Krim.
[* 5] Hauptbestandteile des Kaviars
sind
Eiweiß und
Fett, er ist leicht verdaulich und nahrhaft und wirkt in eigentümlicher
Weise anregend und reizend auf den
Magen.
[* 6] Er mundet
besonders zum
Wein; in der
Küche benutzt man ihn als
Farce für
Pasteten und
Omeletten und als Zusatz zu
feinen
Würsten.
Bei
Tisch
figuriert er als Entremet oder als Zuspeise zu gebratenem
Fasan etc. In Rußland genießt man ihn hauptsächlich als
Vorkost mit
Branntwein, bei uns auf
Brot,
[* 7] am besten auf geröstetem Weißbrot und ohne
Butter.
Zwiebeln und
Zitronensaft verderben den Wohlgeschmack des guten Kaviar.
Die Kaviarproduktion hat sich in den letzten
Jahren sehr ausgebreitet;
abgesehen von dem in
Pillau,
Magdeburg
[* 8] und
Hamburg
[* 9] dargestellten Kaviar
aus Elbstören wird auch roter Kaviar
(Ketzin) für die
Juden
aus
Hechten,
Karpfen,
Karauschen, für die ärmern Volksklassen Kaviar
aus
Zandern,
Brassen, Sparusarten und
Zärten
gewonnen. In
Italien
[* 10] bereitet man Kaviar
aus dem
Rogen der
Thunfische, Wolfsbarsche,
Brassen,
Äschen, welchen
¶
mehr
man in die Fischblasen füllt, salzt und hart räuchert, Norwegen
[* 12] salzt den Rogen des Dorsches, der Makrele und des Leng (Gadus Molva)
ein. Kaviar
ist in den Niederungen des Dnjepr, des Don und der Wolga ein wichtiges Nahrungsmittel
[* 13] des Volkes; der größte Teil des
Exports geht nach der Türkei,
[* 14] Rumänien,
[* 15] Serbien, Persien
[* 16] und Ägypten,
[* 17] während er im westlichen Europa
[* 18] wegen
der Länge und Schwierigkeit des Transports, der geringen Haltbarkeit und beschränkten Produktion als Delikatesse gilt, die
schon zu Anfang des 16. Jahrh. beliebt war. Fischrogen wurde wahrscheinlich zuerst in Italien eingesalzen und gepreßt und
galt in Klöstern als Fastenspeise. Der flüssige Kaviar
ist eine Erfindung der Kosaken und jetzt besonders
in Deutschland
[* 19] geschätzt.