Kaunitz
,
Wenzel
Anton,
Reichsfürst von Kaunitz
-Rietberg, österreich. Staatsmann, geb. zu
Wien,
[* 2] Sohn des
Grafen
Maximilian
Ulrich von Kaunitz
und der Gräfin
Maria Ernestine
Rietberg, deren
Namen er dem
väterlichen beifügte, ward als der jüngste unter fünf
Brüdern zum geistlichen
Stand bestimmt und schon in der Wiege zum
Domicellar zu
Münster
[* 3] ernannt. Der
Tod der ältern
Brüder änderte seine Laufbahn, und er widmete sich, nachdem er in
Wien,
Leipzig,
[* 4]
Regensburg
[* 5] und
Leiden
[* 6] studiert, den Staatsgeschäften.
Karl VI. ernannte ihn 1737 zum Reichshofrat, bald darauf zum Kommissar bei der permanenten Reichsversammlung zu Regensburg. Seit 1741 wurde er mit diplomatischen Sendungen nach Rom, [* 7] Florenz [* 8] und Turin [* 9] betraut und 1744 zum österreichischen Minister am Hof [* 10] des Prinzen Karl von Lothringen, Generalgouverneurs der österreichischen Niederlande, [* 11] ernannt. In Karls Abwesenheit führte er die Regierung mit Umsicht und erwirkte 1746, als die Franzosen Brüssel [* 12] besetzten, für die österreichischen Truppen freien Abzug nach Antwerpen. [* 13]
Auf dem Friedenskongreß zu Aachen [* 14] war er als kaiserlicher Gesandter thätig und wurde sodann zum Wirklichen Konferenz- und Staatsminister ernannt. Als Gesandter in Paris [* 15] von 1750 bis 1753 suchte er aus Haß gegen Friedrich d. Gr., den er vernichten wollte, das spätere Bündnis zwischen Österreich [* 16] und Frankreich anzubahnen und wurde infolgedessen 1753 zum Hof- und Staatskanzler und 1756 zum niederländischen und italienischen Kanzler, 1764 aber vom Kaiser Franz I. in den Reichsfürstenstand erhoben. In dieser Stellung genoß er bis zu Maria Theresias Tode deren unbegrenztes Vertrauen und hatte in allen Fragen der äußern Politik wie der Kriegführung die entscheidende Stimme.
Auch was in dieser
Epoche von Bedeutenderm auf den Gebieten des
Staats sowie der
Wissenschaften und
Künste in
Österreich ins
Leben trat, z. B. die
Kunstschule zu
Wien, mehrere bedeutende
Akademien der
Niederlande und der
Lombardei,
hat ihn zum Schöpfer. Weniger groß war sein Einfluß unter
Joseph II., der ihm zwar sein
Ohr
[* 17] lieh, aber nicht immer seine
Ratschläge befolgte, noch geringer unter
Leopold II., und bei
Franz' II. Thronbesteigung legte er seine Hofkanzlerwürde nieder.
Er starb Kaunitz
war voll
Geist und Schöpferkraft, unermüdlich thätig, ernst, treu, redlich
und ein
Freund der
Wissenschaften und
Künste; herablassend im
Umgang mit Niedern, gefiel er sich nebenbei darin, den
Sonderling
zu spielen.
Für die französische
Etikette bekundete er eine besondere Vorliebe, und der
Spott der
Wiener über seine affektierte
Nachahmung
alles
Französischen in der
Kleidung und im
Umgang reizte ihn nur, jene um so mehr hervortreten zu lassen.
Auch die
französische Sprache und Litteratur, namentlich die Werke
Voltaires und der
Encyklopädisten, hatten in ihm einen
großen Verehrer. An den
Reformen
Josephs II. nahm Kaunitz
den regsten
Anteil.
Sein
Leben beschrieb
Hormayr (im »Österreichischen
Plutarch«, Bd. 6).
Vgl.
Beer,
Denkschriften des
Fürsten Kaunitz
(Wien 1872);
Derselbe,
Joseph II.,
Leopold II. und Kaunitz;
ihr Briefwechsel
(das. 1873). -
Die mährische fürstliche
Linie des
Geschlechts Kaunitz
, der
Fürst
Wenzel
Anton angehörte, erlosch mit seinem Enkel
Alois
Wenzel 1848 im
Mannesstamm; die ältere böhmische gräfliche
Linie, 1617 gegründet, blüht noch; ihr
Haupt ist
Graf
Albrecht
Kaunitz
, geb.