Kartoffelkäfer
[* 1] (Leptinotarsa decemlineata Say), nach seiner Heimat in den Felsengebirgen im Westen Nordamerikas, besonders in den Thälern des Coloradoflusses auch Koloradokäfer genannt, Käfer [* 2] aus der Gruppe der Kryptopentameren und der Familie der Blattkäfer (Chrysomelinae), 10 mm lang, unbehaart, etwas glänzend, rotgelb, mit elf schwarzen, von je zwei unregelmäßigen Reihen tieferer Punkte eingefaßten Längsstreifen auf den lichtgelben Flügeldecken, schwarzen Endgliedern der Fühlhörner, auch am Kopf, Halsschild, Bauch [* 3] und an den Beinen schwarz gefleckt, nährt sich von den Blättern von Solanum rostratum und wohl auch von andern Pflanzen aus der Familie der Solaneen im Felsengebirge, überwintert etwa 60 cm tief in der Erde, legt im Mai (700-1200) rotgelbe Eier [* 4] (Fig. a) auf die Unterseite der Blätter, aus welchen die blutroten, später rotgelben, am Kopf und an den Beinen schwarzen, an den Seiten mit zwei Reihen schwarzer Flecke gezeichneten Larven [* 1] (Fig. b-d) nach wenigen Tagen auskriechen, um sich nach 17-20 Tagen in der Erde zu verpuppen [* 1] (Fig. e). Der nach weitern 10-12 Tagen ausschlüpfende Käfer erzeugt schon Mitte Juni die zweite Generation, welcher Anfang August eine dritte folgt.
Diese große
Fruchtbarkeit des Kartoffelk
äfers ist verhängnisvoll geworden,
weil er von seiner Stammpflanze auf die
Kartoffel
übergegangen ist und auf den
Feldern die großartigsten Verwüstungen anrichtet.
Schon im Juli sind die
Felder völlig kahl
gefressen und die
Käfer zur
Wanderung gezwungen, durch welche sie seit 1859 von
Nebraska aus immer weiter
nach O. vorgedrungen sind. Etwa um das Jahr 1865 überschritten
sie den
Mississippi, und 1874 hatte der
Vortrab bereits den
Atlantischen
Ozean erreicht.
Gegenwärtig ist der Kartoffelkäfer
über ein
Areal von 40-50,000 QM. (nördlich bis zu den
Seen und
Montreal,
[* 5] südlich bis
Indiana
Territory,
Arkansas,
Tennessee,
Baltimore)
[* 6] verbreitet; er verschwindet nicht in den westlicher gelegenen Gegenden, sondern bleibt
überall, wo er einmal erschien, zum beständigen Aufenthalt. Er verursachte oft einen
Ausfall der
Ernte
[* 7] von 20-30 Proz., richtete
aber auch bisweilen solche Verheerungen an, daß man den Anbau der
Kartoffel zeitweise ganz einstellen mußte.
Von den Kartoffelfeldern ist die Larve auch auf mehrere wild wachsende Pflanzen und auf Kohl und Tomaten übergegangen, so daß der Käfer auch durch diese verschleppt werden kann. Natürliche Feinde hat der in einer Schnellfliege, den Larven verschiedener Arten von Marienkäferchen, Wanzen, Raubkäfern, Erdkröten, Krähen und mehreren Vögeln, vielleicht sogar in den Enten [* 8] und Hühnern (?). Die Wirksamkeit dieser Tiere hat man durch Einsammeln des Käfers und der Larven, Zerdrücken der Eier und durch Bespritzen der Blätter mit Schweinfurter Grün unterstützt. Beim Einsammeln ist Vorsicht geboten, weil Käfer und Larven einen Saft ausscheiden, durch welchen die Hände anschwellen. Für
[* 1]
^[Abb.: Kartoffelkäfer
(Leptinotarsa decemlineata). a
Eier, b-d
Larve, c
Puppe.]
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Europa [* 10] liegt die Gefahr der Einschleppung sehr nahe, da sowohl der Käfer auf seiner Wanderung recht wohl die Schiffe [* 11] erreichen als auch die Larve durch Gemüse an Bord gelangen und im lebenden Zustand bei uns eintreffen kann. Es sind deshalb Vorkehrungsmaßregeln getroffen worden, um dieser Gefahr möglichst vorzubeugen.
Vgl. »Der Kartoffelk
äfer« (hrsg.
im Auftrag des preußischen Ministeriums, Berl. 1875);
Gerstäcker, Der Koloradokäfer (Kassel [* 12] 1878).