mehr
Dominion ist aus den Wappen der sieben vereinigten Provinzen zusammengestellt. Die Flagge ist die englische (s. Tafel »Flaggen [* 3] I«). [* 4]
Vgl. außer den zahlreichen offiziellen Veröffentlichungen: Hunt, Canada, a geographical, agricultural and mineralogical sketch (Toronto 1865);
Russell, Canada, its defences, condition and resources (Lond. 1865);
Marshall, The Canadian Dominion (das. 1871);
Silver, Handbook to Canada (das. 1881);
J. ^[John] Carling, Canada, its history, productions and natural resources (Ottawa 1886);
Lovell, Gazetteer of British North America (Montreal [* 5] 1881);
Wiedersheim, Kanada
, Reichsbeschreibung
und
Bericht über die dortigen land- und volkswirtschaftlichen Verhältnisse (Stuttg. 1882);
Grant, Picturesque Canada (Toronto 1884, 2 Bde.);
Dawson, Handbook for the Dominion of Canada (Montreal 1884);
Lemcke, Kanada
, das Land und seine Leute (Leipz. 1886);
»Canadian Almanac« (Toronto, jährlich);
Hurlbert, Physical Atlas [* 6] of the Dominion of Canada (Ottawa 1880);
Selwyn, Berichte über das Geological and natural history survey of Canada (Montreal, seit 1878);
Derselbe,
Geologische
Karte von Kanada
(das. 1885).
Geschichte.
Die ersten
Europäer, welche Kanada
besuchten, waren wohl die
Venezianer
Giovanni und Sebastiano
Caboto, welche 1497 mit sechs
englischen
Schiffen hierher kamen;
aber sie sowohl als die bald darauf nach Kanada
gelangenden
Spanier legten keinen Wert auf dieses
rauhe Land. 1506 nahm der
Italiener
Giovanni Verrazani, der mit einigen französischen
Schiffen dahinkam,
das Land für
Frankreich in
Besitz;
doch machte der Franzose Jacques Cartier, der den St. Lorenzstrom hinauffuhr und das umliegende Land Neufrankreich nannte, noch 1534 auf die Bedeutung dieses Landes vergebens aufmerksam;
erst 1608 nahm
Frankreich die
Kolonisation
Kanadas
in
Angriff.
Der erste
Gouverneur war
Samuel Champlain, der 1608
Quebec anlegte, worauf die
Kolonie
zum französischen Vizekönigreich erklärt wurde. 1628 ging auf
Richelieus Betrieb eine
Handelsgesellschaft nach Kanada
, welche
das
Handelsmonopol daselbst erhielt, sich aber anheischig machen mußte, bis 1643: 16,000
Handwerker und
Ackerbauer dahin überzusiedeln.
Indes wurde die Ansiedelung längere Zeit gehemmt durch stete
Kämpfe mit den
Indianern.
Noch mißlicher
gestalteten sich die dortigen Verhältnisse, als die jesuitische Intoleranz den
Reformierten gegenüber auch jenseit des
Meers
diesen die Zuflucht abschnitt.
Seit 1664 stand Kanada
unter der
Verwaltung der französisch-westindischen
Kolonie; 1674 aber erhielt es durch
Colbert eine eigne
Regierung, das
Conseil souverain, welches aus einem
Gouverneur, einem apostolischen
Vikar und vier Edelleuten
als
Räten zusammengesetzt war. Die
Verwaltung des
Landes wurde von
Kavalieren und
Geistlichen, besonders
Jesuiten, in streng kirchlicher
und feudalistischer
Richtung geführt; die katholische
Religion herrschte ausschließlich, und
Grund und
Boden war im Alleinbesitz
der
Seigneurs, welche ihn an
Pachter vergaben.
Nach wiederholten
Reibungen mit den benachbarten Engländern, welche schon 1629 und 1711 einen
Versuch
gemacht haben, Kanada
zu erobern, rief das Unternehmen der
Franzosen, von Kanada
bis nach
Louisiana eine
Reihe von Blockhäusern und
Forts im
Rücken der englischen Niederlassung zu errichten, den
Krieg von 1754 hervor, welcher nach dem
Sieg
Wolfes bei
Quebec durch den
Pariser
Frieden 1763 das Land ganz in die
Hände der Briten brachte. Von der englischen
Regierung
wurden nun ganz neue
Ordnungen eingeführt: die
Katholiken sollten von allen Ämtern ausgeschlossen sein, die französischen
Kavaliere aus den hohen Ämtern verdrängt, die englische
Jury eingeführt, überhaupt die alten
Traditionen
des
Landes umgestürzt werden.
Doch wurde infolge der dadurch hervorgerufenen Unzufriedenheit in der
Quebec-Akte von 1774 allgemeine
Religionsfreiheit gewährt,
der
Klerus wieder in seine Einkünfte eingesetzt und die alte Zivilgesetzgebung wiederhergestellt. Überdies wurde die
Habeaskorpusakte
auf Kanada
ausgedehnt, die drückendsten
Steuern abgeschafft und nach dem
Friedensschluß mit den
Vereinigten Staaten
[* 7] noch weitere Verbesserungen in der
Verwaltung der
Kolonie durchgeführt. Hierdurch wurde bewirkt, daß die französisch-katholische
Bevölkerung
[* 8] beim
Ausbruch der
Revolution in den südlichen
Kolonien (1775) trotz der Aufrufe an sie seitens der Neuenglandstaaten
und verschiedener Einfälle der Amerikaner in Kanada
sich dem
Aufstand der englisch-protestantischen
Staaten nicht anschloß,
sondern der britischen Herrschaft treu blieb.
Durch die
Konstitution von 1791 wurde in zwei
Provinzen,
Ober- und Niederkanada
, eingeteilt. Die Grenzlinie der beiden
Bezirke
wurde so gezogen, daß
Nieder- oder Unterkanada
den größten Teil der französischen
Bevölkerung, Oberkanada
aber vorwiegend
die englischen
Kolonisten
in sich schloß. Die
gesetzgebende Gewalt wurde einem
Ober- und einem
Unterhaus
(Council and Assembly), die
vollziehende Gewalt in jeder
Provinz einem
Gouverneur
übertragen. Dem
Gouverneur war ein Vollziehungsrat
beigegeben, welcher nur der
Regierung in
England verantwortlich war.
Die
Gouverneure wechselten häufig; in der kurzen Zeit von 1810 bis zum
Ausbruch des großen
Aufstandes von 1837
waren
nicht weniger als elf
Gouverneure im
Amte. Die
Verwaltung war aber eine sehr mangelhafte und willkürliche. Die französischen
Einwohner wurden gegenüber den englischen hintangesetzt, die
Finanzen nachlässig und oft gewissenlos verwaltet, die liberale
Opposition unterdrückt und alle noch so berechtigten
Beschwerden vom
Gouverneur oder dem englischen
Parlament unbeachtet gelassen.
Die
Folge davon war, daß die
Opposition nur noch energischer wurde. Unter der
Führung Papineaus beschloß 1836 die Assembly
von Niederkanada
die
Steuerverweigerung, wenn nicht den vorgebrachten
Beschwerden abgeholfen würde, und als das
Parlament nicht
darauf einging, kam es zum
Aufstand. Der
Verein der
»Söhne der
Freiheit«, welcher seinen Zentralausschuß
in
Montreal hatte, verkündigte die Trennung Kanadas
von
England und erließ Aufrufe an die jungen
Männer des freien
Nordamerika.
[* 9]
Auf der andern Seite traten die
Loyalen im
Dorischen
Klub zusammen und erregten die ersten
Unruhen in
Montreal. Ein
Kampf in der
Stadt
Montreal, der sich zwischen
Loyalen und
Söhnen der
Freiheit entspann, war das Zeichen zum allgemeinen
Aufstand.
Brown,
Nelson und O'Callaghan stellten sich an die
Spitze von bewaffneten Insurgentenhaufen. Aber obwohl
sie den englischen
Truppen bei dem Dorf
St.-Denis und bei
St.-Charles siegreiche
Treffen lieferten, so gaben doch die Anführer ihre
Sache bald verloren
und flohen nach den
Vereinigten Staaten, worauf die ihrer
Führer beraubten Insurgenten bei
St.-Eustach und
Grand-Brulé geschlagen und zersprengt wurden. Nicht glücklicher waren die Aufständischen in Oberkanada.
Unter
Mackenzie und van
Egmont, einem ehemaligen
Napoleonischen
Offizier, wurden sie 7. Dez.
von dem Obersten
Mac
Nab geschlagen. So
war zu Anfang 1838 der
¶
mehr
Aufstand zwar bewältigt, aber die Ruhe noch nicht hergestellt, und bald brach der Kampf von neuem aus. Die Aufständischen suchten Unterstützung in den Vereinigten Staaten; dies führte zu gegenseitigen Reibungen, und nach der Verbrennung eines amerikanischen Dampfschiffs, das auf dem Eriesee den Insurgenten Lebensmittel und Munition zuführte, durch die Loyalen fehlte nicht viel, daß die Union an England den Krieg erklärte. Doch gelang es den Präsidenten van Buren und Tyler, die erbitterten Gemüter in der Union zur Ruhe zu bringen, während die englische Regierung versöhnliche Schritte that und den Grafen Durham als Gouverneur nach Kanada schickte, der durch Einführung eines bessern Systems in der Verwaltung sowie durch sein mildes Verfahren gegen die Aufständischen die Ruhe wiederherstellte.
Doch nahm er schon im November 1838 seine Entlassung und kehrte nach England zurück. Hier öffnete er dem Parlament die Augen über die Zustände in Kanada, zeigte, daß alles Unheil durch den Widerstreit der Rassen herbeigeführt werde, und schlug vor, die beiden Vertretungen in eine einzige zu verschmelzen und überhaupt eine versöhnliche Politik zu beobachten. Durhams Vorschläge gingen durch; die Verbannten wurden zurückgerufen, einige am Aufstand Beteiligte sogar zu höhern Regierungsstellen befördert, und trotz des Widerstrebens der hochtoryistischen oder »sächsischen« Partei in Kanada wurde Lord Russells Antrag, beide Kanadas hinsichtlich der Gesetzgebung durch Ein Parlament zu vereinigen und dem Land eine neue liberale Verfassung zu geben, im Juli 1840 vom Parlament angenommen und das betreffende Gesetz 23. Juli d. J. promulgiert. 1841 kam Sir Charles Bagot als Generalgouverneur nach wo nun die projektierten Verwaltungsreformen durchgeführt werden sollten. Aber bald entstanden neue Zerwürfnisse, und namentlich wiederholten sich in Montreal (25. April und 15. Aug.) die Unruhen, welche in Brand und Mord ausarteten.
Inzwischen war die von den Vereinigten Staaten genährte Agitation für den Anschluß Kanadas an die nordamerikanische Union fortgesetzt worden, wobei ebensowohl kommerzielle wie politische Interessen mitwirkten. Der Generalgouverneur Lord Elgin verfügte daher die Absetzung aller bei Anschlußadressen beteiligten Beamten und erklärte sich vor dem am in Toronto neueröffneten Parlament entschieden gegen jeden Versuch, Kanada von England loszureißen. Um die schwache Bevölkerung Kanadas zu vermehren, suchte England besonders seit 1847 den Strom der europäischen Auswanderung dorthin zu leiten, und wirklich zählte man in jenem Jahr 100,000 Einwanderer, während es früher derselben kaum 20,000 gewesen waren. Im September 1852 ward Lord Elgin abberufen und Lord Harris zum Generalgouverneur ernannt.
Unter beider Verwaltung nahm an Bevölkerung wie an materiellen Hilfsquellen zu. Große Eisenbahnbauten, welche, 1856 ausgeführt, Quebec, Toronto und Montreal untereinander und mit den benachbarten Handelsplätzen der Vereinigten Staaten in Verbindung setzten, beförderten wesentlich den Aufschwung des Handels und der Industrie, wobei man aber auch die Hebung [* 11] der Volksbildung durch Errichtung von Normalschulen nicht außer Augen ließ. Der amerikanische Sezessionskrieg trug dann nicht wenig dazu bei, daß der Anschluß an die Union nicht mehr so wünschenswert erschien.
Dazu kam, daß mehr und mehr die Selbstverwaltung in Kanada zur Geltung kam; in dieser Richtung wurde 1856 eine Abänderung in der Zusammensetzung der legislatorischen Körperschaft vorgenommen. Dieselbe sollte sich in Zukunft nicht mehr aus von der Krone ernannten, sondern aus 48 gewählten Mitgliedern zusammensetzen. Und für die einheitlichere Gestaltung der verschiedenen Kolonien war es nicht unwichtig, daß 1858 die Königin auf Ansuchen der Bewohner Kanadas das dazu sehr geeignete Ottawa zur ständigen Hauptstadt erhob. Um jedoch die bedeutenden innern Gegensätze, wie sie durch die Verschiedenheit der Abstammung und des religiösen Bekenntnisses Ober- und Unterkanada voneinander trennten, abzuschwächen und mit der Zeit auszugleichen, wurde Kanada mit Neuschottland und Neubraunschweig zu einem Bund vereinigt, der den Namen »Dominion of Canada« führt, und dem in den folgenden Jahren die übrigen britisch-nordamerikanischen Länder, bis auf Neufundland und die Bermudainseln, beitraten (weiteres s. oben).
In der neuesten Zeit entstand ein Streit zwischen England und den Vereinigten Staaten über die Grenze zwischen der Union und Kanada, die sogen. San Juan-Frage. Der Washingtoner Grenzvertrag vom wurde von beiden Parteien verschieden ausgelegt hinsichtlich der Fixierung der Grenzlinie im San Juan-Archipel. Das ganze Streitobjekt war übrigens sehr unbedeutend. Die Frage wurde nach dem Vertrag vom dem deutschen Kaiser zur Entscheidung vorgelegt, welcher zu gunsten der Vereinigten Staaten entschied.
Wegen des Gebiets am Red River (dem oben genannten Manitoba), welches Kanada von der Hudsonbaigesellschaft um 300,000 Pfd. Sterl. angekauft hatte, drohte 1870 eine Verwickelung. Die Bewohner dieses am Winnipegsee gelegenen Landstrichs protestierten zum Teil gegen den Übergang der Herrschaft an die kanadische Regierung und empörten sich gegen den von derselben abgesandten Gouverneur. Dies wollten die in den Vereinigten Staaten befindlichen Fenier benutzen, um das genannte Gebiet Kanada zu entreißen, ja ganz Kanada zu erobern und mit den Vereinigten Staaten zu verschmelzen.
Aber die Feniereinfälle vom 25. und 27. Mai nahmen ein klägliches Ende. Das Gebiet am Red River wurde zu einer besondern Provinz unter dem Namen Manitoba umgestaltet, welche im kanadischen Parlament zu Ottawa durch sechs Mitglieder vertreten ist. Die Wichtigkeit, welche England Kanada beilegte, bekundete 1878 die Ernennung des Schwiegersohns der Königin, des Marquis of Lorne, zum Generalgouverneur, dem 1883 der Marquis of Lansdowne folgte. Von großer Bedeutung für die Entwickelung des Landes war auch der Bau einer kanadischen Pacificbahn.
Unter der noch immer nicht verschmolzenen französischen und englischen Bevölkerung drohte ein nicht unbedenklicher Hader zu entstehen, als 1885 in Ontario und Manitoba ein Aufstand der französisch-indianischen Mischlinge unter Riel ausbrach und die französischen Kanadier für dieselben Partei ergriffen. Doch gelang es General Middleton, die Empörung im Mai rasch niederzuschlagen und Riel gefangen zu nehmen, der darauf hingerichtet wurde.
Vgl. zur Geschichte: Murray, History of British America (Edinb. 1843, 3 Bde.);
Brasseur de Bourbourg, Histoire du Canada (Par. 1852, 2 Bde.);
Sagard-Théodat, Histoire du Canada (2. Aufl., das., 1865-66, 3 Bde.);
Tuttle, History of Canada (Boston [* 12] 1878);
Garneau, Histoire du Canada (Montreal 1883, 4 Bde.);
Dent, The last forty years, or Canada since the union of 1881 (Toronto 1883);
Abbé Faillon, Histoire de la Colonie française en Canada (Montreal, ¶
mehr
1865, 2 Bde.);
Dussieux, Le [* 14] Canada sous la domination française (2. Aufl., Par. 1862);
Smith, Wars in Canada from 1755 to the treaty of Ghent 1814 (Lond. 1862);
Parkman, France and England in North America (Boston 1865-74, 5 Bde.; Bd. 1 und 2 deutsch, Stuttg. 1875-76);
Watson, Constitutional history of Canada (Toronto 1874, Bd. 1);
Stewart, Canada under the administration of the Earl of Dufferin (Lond. 1879);