(Maxilla, Mandibula), diejenigen vor der Mundöffnung der meisten Tiere gelegenen, mittels
besonderer Muskeln
[* 3] beweglichen hartem Teile, welche die Zerkleinerung der Speisen, das Kauen, besorgen. Bei manchen Krebsen läßt
sich aus der Entwickelungsgeschichte
[* 4] der Nachweis führen, daß dieselben Gliedmaßen, welche beim jungen Tier die Schwimmfüße
darstellen, dem erwachsenen als Kiefer dienen und zu diesem Behuf Gestalt und Bau wesentlich verändern. Man
bezeichnet daher auch diejenigen Extremitäten, welche zwischen echten Beinen und echten Kiefern die Mitte halten, als Kieferfüße
(s. d.). Von
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besonderer Form sind die Kiefer bei manchen Seeigeln, indem sie, fünf an der Zahl, mit den sie verbindenden harten Teilen des
Mundskeletts eine fünfseitige Pyramide (Laterne des Aristoteles, s. Tafel »Echinodermen«) bilden. Ebenfalls sehr charakteristisch
und zwar von Gestalt eines Vogelschnabels sind die Kiefer bei den Tintenschnecken.
[* 6] Bei den Krebsen, Insekten
[* 7] etc. bewegen sich die in ihrer ursprünglichen Form seitlich gegeneinander, verwandeln sich
jedoch häufig in röhrenartige Saugapparate (z. B. bei Schmetterlingen in den Rüssel) oder auch in Stechborsten.
Bei den Wirbeltieren bewegt sich der Unterkiefer in senkrechter Richtung gegen den gewöhnlich unbeweglichen Oberkiefer; beide
Kiefer tragen meist Zähne
[* 8] und sind nur selten (z. B. bei den Vögeln) zahnlos und mit Horn bekleidet. Der Unterkiefer
besteht aus zwei seitlichen, gewöhnlich aber in der Mittellinie des Gesichts miteinander verschmolzenen Stücken; der Oberkiefer
ist ebenfalls doppelt, jedoch stoßen sein rechter und linker Teil nicht direkt aneinander, sondern sind durch den sogen.
Zwischenkiefer getrennt. Letzterer trägt bei den Säugetieren die Schneidezähne und ist meist deutlich
als besonderer Knochen
[* 9] erkennbar, bei den Affen
[* 10] und noch mehr beim Menschen aber so innig mit den Oberkiefern verwachsen, daß
man lange Zeit an seiner Selbständigkeit zweifelte. Wegen der Kiefer des Menschen vgl. Schädel.
Gattung aus der Familie der Abietineen, Bäume, selten Sträucher, mit Nadeln,
[* 11] die nur an sehr jugendlichen Exemplarenoder an jungen
Trieben einzeln, außerdem zu 2-5 an kurzen, nicht zur Entwickelung gekommenen Zweigen stehen, am Grund umgeben von einer aus
kleinen Niederblättern bestehenden Scheide. Die männlichen Blütenkätzchen stehen gehäuft an der Spitze der
vorjährigen Zweige, die weiblichen einzeln oder zu mehreren an der Spitze der diesjährigen Knospen;
[* 12] die Zapfen
[* 13] bestehen aus
ziegeldachförmigen, offenen, holzigen oder lederartigen, außen gegen die Spitze mit einem mehr oder weniger gewölbten Schild
[* 14] und auf letzterm mit einem Nabel versehenen, zweisamigen, bleibenden Fruchtblättern. Die erst im zweiten
Jahre reifenden Samen
[* 15] besitzen meist einen abfallenden Flügel.
Zur ersten Gruppe (PineaEndl.), mit ungeflügelten Früchten, lange geschlossen bleibenden, am Ende des zweiten, selten im Anfang
des dritten Jahrs abfallenden Zapfen, gehört die Pinie(P.PineaL.), ein 15-30 m hoher Baum mit meist schirmförmig ausgebreiteter
Krone, im Alter rissiger, äußerlich graubrauner, innen lebhaft rotbrauner Rinde, meist gepaart stehenden,
13-20 cm langen, kurz stachelspitzigen, hellgrünen Nadeln, großen, eirundlichen, hell zimtbraunen Zapfen, ziemlich breiten
und dicken Fruchttellern, schwach pyramidenförmigem Schild, stumpfem Nabel und ziemlich harter Fruchtschale.
Die Pinie stammt wahrscheinlich aus Vorderasien oder Nordafrika, kam aber früh nach Griechenland
[* 16] und Italien
[* 17] und bildet im letztern Land noch heute den malerischen Schmuck der Villen und Gärten. Sie findet sich im Küstengebiet fast
aller Mittelmeerländer, auf Madeira
[* 18] und den Kanarischen Inseln, zum Teil nur angepflanzt, am häufigsten im Westen. Hin und
wieder bildet sie auch zusammenhängende Bestände, und berühmt ist die Pineta von Ravenna. Die Piniennüsse
(Piniolen, Pineolen, Pignolen), welche im vierten Jahr aus den Zapfen herausfallen, sind etwa 2 cm lang, schmal und etwas gekrümmt,
an beiden Enden zugerundet, matt rotbraun und enthalten einen weißen, öligen
Kern, der mandelartig und eigentümlich fein
harzig schmeckt. Italien, Sizilien,
[* 19] die Levante, Marseille,
[* 20] Barcelona
[* 21] liefern Piniennüsse für den Handel;
sie dienen als Dessert, werden aber sehr leicht ranzig.
Der Stamm ist je nach dem Boden und dem Schluß gerade und bis hoch hinauf ohne Äste oder niedrig, gekrümmt, geknickt und teilt
sich dann schon in geringer Höhe in starke, abstehende Äste. Der untere Teil des Stammes ist mit dicker, längsrissiger Borke
bedeckt; nach oben hin geht die Farbe der Rinde durch Rotbraun in leuchtendes Braungelb über, welches den
sich sehr leicht und unaufhörlich ablösenden papierdünnen Rindenhäuten angehört. In gutem Schluß wirft die Kiefer sehr hoch
hinauf die abgestorbenen Äste ab und bildet nur eine unbedeutende, lockere Krone; in freiem Stande dagegen bekommt sie eine
weit ausgreifende, fast kuppelförmig gewölbte und abgestufte und namentlich unter Laubholz eine schirmförmige
Krone, die täuschend derjenigen der Pinie gleicht.
Junge Kiefern erscheinen spitz eiförmig und erhalten im Mai ein eigentümliches Ansehen, wenn sich die neuen senkrecht
stehenden Triebe mit den silberglänzenden Scheiden eben bis zum Erscheinen der Nadeln entwickelt haben. Die
Nadeln sind matt blaugrün und je nach der Fruchtbarkeit des Standortes 2,5 bis fast 8 cm lang. Die Blüten sind bisweilen sehr
ungleich verteilt, und es gibt Bäume, welche sehr reich an männlichen Blüten sind und dagegen nur wenige weibliche entwickeln.
Die erstern enthalten ungemein viel schwefelgelben Blütenstaub, der, in Regenpfützen zusammengeschwemmt,
Veranlassung zur Fabel vom Schwefelregen gegeben hat. Die weiblichen Blüten bilden etwa erbsengroße, schmutzig kirschrote
Zäpfchen. Die Zapfen sind kegelförmig; stets etwas ungleichseitig; sie reifen im Oktober des zweiten Jahrs, aber erst im März
oder April des dritten Jahrs fallen die geflügelten Samen aus. Die Wurzeln dringen ziemlich tief in den
Boden ein; der entschieden ausgebildeten Pfahlwurzel gesellen sich später kräftige Seitenwurzeln bei.
Die Keimpflanze zeigt 5-6 Keimnadeln, und am ersten, bisweilen auch noch am zweiten und dritten Jahrestrieb stehen die Nadeln
einzeln. Die Kiefer wächst in der ersten Hälfte ihres Lebens viel schneller als in der zweiten; vom 50.-80.
Lebensjahr wächst sie langsamer, aber gleichmäßig fort und erreicht ein Alter von ca. 300 Jahren. Die Kiefer besitzt unter den
europäischen Abietineen den größten Verbreitungsbezirk; sie findet sich vom westlichen Spanien
[* 28] bis an den Amur, von Lappland
bis Oberitalien
[* 29] und vom nördlichen Rußland und Westsibirien bis Kleinasien und Persien,
[* 30] nördlich geht
sie bis zur Grenze des Baumwuchses. Sie geht in den mitteldeutschen Gebirgen bis 786, in den bayrischen Alpen
[* 31] bis 1600, im Engadin
bis 1950, in der Sierra Nevada bis 2100 m. Sie besitzt eine ungemein hohe forstwirtschaftliche Bedeutung: sie
bedeckt allein im
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nördlichen Deutschland
[* 33] nach mäßigem Überschlag über 2½ Mill. Hektar Waldfläche, bildet in Süddeutschland einen namhaften
Bruchteil der Gesamtbewaldung, herrscht fast absolut im KönigreichPolen, im westlichen Rußland, im südlichen Skandinavien
und bildet Massenwälder im nördlichen Frankreich, in Belgien,
[* 34] in vielen Teilen von Österreich.
[* 35] Seit 100 Jahren hat sie im
mittlern Europa
[* 36] viele früher mit Laubholz bestandene Flächen eingenommen. Unvernünftige Streunutzung,
starke Lichtung der Bestände, übertriebene Weide,
[* 37] regellose Wirtschaft überhaupt haben an vielen Orten zu einer Bodenerschöpfung
geführt, welche die Nachzucht der anspruchsvollen Laubhölzer unmöglich machte und zum Anbau der genügsamen Kiefer zwang.
Dabei empfiehlt sich diese überaus wertvolle Holzart durch raschen Wuchs, hohe Nutzholzausbeute und
bedeutenden technischen Gebrauchswert; sie wächst noch auf Blößen, die durch langes Bloßliegen tiefster Bodenverwilderung
verfallen sind, und auf Sandböden, die jeder andern Baumkultur spotten. Dabei gestattet die Kiefer die einfachsten
Formen des Schlagbetriebs, bei welchen Fläche an Fläche kahl abgetrieben und durch Saat oder Pflanzung wieder
angebaut wird. (Vgl. Weise, Ertragstafeln für die Kiefer, Berl. 1880.) Keine andre Holzart unterliegt aber den Angriffen so zahlreicher
Feinde wie die Kiefer, und diese natürlichen Gegner ihrer Massenverbreitung haben sich in erschreckender Progression vermehrt;
die ausgedehnten reinen Kiefernbestände, welche seit 100 Jahren auf Kahlflächen angebaut worden sind, bieten
den Feinden der Kiefer (Kiefernspinner, Nonne, Kieferneule, Kiefernspanner, großer und kleiner Kiefernrüsselkäfer, große und kleine
Kiefernblattwespe, Kiefernmarkkäfer, auch Maikäfer und Maulwurfsgrille, s. Tafel »Waldverderber
[* 38] I. u. II«) alle Existenzbedingungen
und prädisponieren die einzelnen Baumindividuen von vornherein für ihre zerstörenden Angriffe. Im Naturwald kommt die Kiefer nur
auf ganz armem Boden rein vor; überall auf den bessern und mittlern Bodenarten sind die Bestände mit
Eichen, Buchen, Birken durchsprengt. In freier Kronenentfaltung streben die herrschenden Stämme empor, und es bildet sich eine
reiche Bestrahlungsfläche; Blatt- und Wurzelvermögen entwickeln sich aufs höchste, und widerstandsfähige Gesundheit der
Baumentwickelung ist die Folge davon.
Dagegen gedeiht in dem auf Kahlflächen angebauten Kunstwald nur die Kiefer, die Mischhölzer
schwinden. Mit eingepreßten Kronen
[* 39] strebt Stamm neben Stamm gleichberechtigt empor. Blatt- und Wurzelbildung werden auf ein
Minimum zurückgedrängt; die Bestände verfallen krankhafter Disposition. Diese Verhältnisse haben in der Neuzeit gerechte
Bedenken gegen die Kiefernkahlschlag-Wirtschaft erregt. Man beginnt zu den Schirm- und Samenschlägen zurückzukehren
und begründet statt reiner Kiefernbestände überall, wo dies möglich ist, gemischte Bestände.
Die gemeine Kiefer trägt auf armem Boden oft schon mit 12-15 JahrenSamen. Ihre normale Samenerzeugung beginnt erst mit dem 40jährigen
Alter. Aus 1 hl. Zapfen, welches etwa 55 kg wiegt, gewinnt man etwa 1 kg reinen Kornsamen. Zur Pflanzenerziehung
rigolt man den Boden und saet pro Ar 1½-2 kg reinen Kornsamen in Rillen. Die Pflanzen werden zumeist einjährig, höchstens
Zweijährig in die Bestände gepflanzt. Sie ertragen nur wenige Jahre eine mäßige Beschattung und müssen dann, sollen sie
nicht kümmern, frei gestellt werden.
Mit Ballen verpflanzt man die jungen Kiefern auch wohl noch vier- bis fünfjährig. Will man einen Kiefernbestand
durch Samenschlag verjüngen, so
genügen 30-35 Samenbäume pro Hektar dem Zweck vollkommen. Schon im zweiten und dritten Jahr
nach erfolgter Besamung werden die Mutterbäume abgetrieben. Das Holz der
[* 40] Kiefer ist weich, grob, etwas glänzend,
läßt sich leicht und schön spalten und ist sowohl im Trocknen als im Feuchten von großer Dauerhaftigkeit; es dient sehr
allgemein als Nutz- und Brennholz. Die Kiefer liefert auch Harz;
die jungen Triebe wurden früher als Blutreinigungsmittel benutzt,
in England und Kanada dienen sie bei der Bereitung des Sprossenbiers.
Die Knieholzkiefer (Krummholzkiefer, Sumpfkiefer, Legkiefer, Latsche, Pinus montana Mill., P. MughusScop., P. Pumilio Hanke,
s. Tafel), einStrauch mit liegendem, knieförmig aufsteigendem, aber auch aufrechtem Stamm, schwarzgrauer, in dicken Blättern
sich lösender Rinde, kurzen, gepaart stehenden Nadeln, aufrecht stehenden weiblichen Blütenzäpfchen
und eiförmigen Zapfen, gehört dem Gebirge des südlichen und mittlern Europa an, kommt aber auch in der Ebene vor und zeigt
so verschiedene Formen, daß sie von vielen Botanikern in mehrere Arten zerfällt worden ist, während sie von andern nur als
Form von P. silvestris betrachtet wird.
Jede rauhe Hochlage bis in die Pyrenäen hat ihre Knieholzform, und diese Formen sind oft auf kleine Gebiete beschränkt. Das
Knieholz ist bis jetzt selten Gegenstand forstlicher Benutzung und Kultur, bedeckt jedoch in den Alpen bei 1400-2000 m Höhe
noch weite Flächen und bildet dort einen energischen Schutz gegen Lawinen und Erdfälle. Man bereitet daraus
das Krummholzöl, welches in seiner Beschaffenheit dem Terpentinöl sehr nahe steht und als Volksheilmittel benutzt wird.
Das Holz ist sehr dicht und fein, mit sehr schmalen Jahresringen und lebhaft braunrotem Kern und dient zu Drechslerarbeiten
und Schnitzereien. Die corsische (P. maritima Mill., P. LaricioPoir., s. Tafel), ein sehr schöner, 30-35
m hoher Baum mit grauschwarzem Stamm, in Stücken sich lösender Rinde, sehr rauhen Ästen, pyramidenförmiger, im Alter gewölbter
Krone, langen, kräftigen, blaugrünen, stachelspitzigen Nadeln und länglich-eiförmigen, fast sitzenden Zapfen mit braunem,
glänzendem, rauten- und pyramidenförmigem Nabel, findet sich von Südspanien bis Kleinasien und vom Wienerwald
bis Sizilien, am meisten in Spanien, auf Corsica,
[* 41] in den Apenninen und in Bithynien.
Sie wird in Frankreich behufs der Harznutzung kultiviert. Eine interessante Abart ist die Schwarzkiefer (österreichische P.austriaca Höss., P. nigricansHost.), mit mehr oder weniger wagerecht in Quirlen abstehenden Hauptästen,
breiter Krone, sehr dunkeln, steifen, stechenden Nadeln in fast schwarzen Scheiden, großen, hellen, konischen Zapfen und schwarzer
Rinde. Diese Abart wächst in den Österreichischen Alpen, bildet hier sehr große Bestände und gewährt eine einträgliche
Harznutzung.
Bei Kulturversuchen in Nordfrankreich und Deutschland hat sie den gehegten Erwartungen nicht entsprochen, dagegen
ist sie für die Landschaftsgärtnerei sehr empfehlenswert. Die Meerstrandskiefer (Igelföhre, Kiefer von Bordeaux,
[* 42] P.PinasterSol., P. maritimaPoir., P. LaricioSav.), ein hoher Baum mit pyramidaler, sich wenig abwölbender Krone, grauschwarzem Stamm,
schon früh rauher und gefurchter, im Alter tiefrissiger, dunkelbrauner Rinde, paarweise stehenden, 13-18 cm langen, ziemlich
dicken, kurz stachelspitzigen, oft gedrehten, lebhaft grünen Nadeln,
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