Titel
Kâlidâsa
,
der berühmteste ind. Dichter. Seine Lebenszeit ist unbekannt; die früher gangbare Annahme, er habe in der Mitte des 1. Jahrh. v. Chr. am Hof [* 3] des Königs Vikramâditja gelebt, ist von A. Weber (»Indische Litteraturgeschichte«, S. 217 ff.) widerlegt worden; wahrscheinlich hat er mehrere Jahrhunderte nach Christo (nach Lassen im 3. Jahrh.) gedichtet. Außerdem hat es gewiß mehrere Dichter seines Namens gegeben, woraus sich auch erklärt, daß unter seinem Namen Dichtungen von sehr ungleichem Wert gehen. Von Dramen gehören ihm sicher drei zu. 1) »Sakuntalâ«, das bekannteste indische Drama.
Inhalt: König Duschmanta vermählt sich mit
Sakuntalâ, der Tochter des frommen
Einsiedlers Kanva, erkennt sie aber, als sie
an seinen
Hof kommt, nicht wieder infolge des
Fluches eines von
Sakuntalâ beleidigten Büßers. Die Verzweifelnde
wird von
Nymphen an
Indras
Hof entführt, das Auffinden eines verlornen Erkennungsringes aber führt die Vereinigung der
Gatten
herbei. Das
Stück ist uns in zwei
Rezensionen überliefert, der sogen.
Devanâgarî- und der
Bengali-Rezension; die letztere
ist nach
Pischel
(»De Kâlidâsae
Çâkuntali recensionibus«, Bresl. 1870) die ältere.
Ausgaben der erstern von
Böhtlingk mit Prosaübersetzung
(Bonn
[* 4] 1842), von
Monier
Williams (Hertf. 1853), von Burkhard (Bresl.
1872), der bengalischen von
Pischel (2. Aufl.,
Kiel
[* 5] 1886). Der ersten englischen Übersetzung von
William
Jones (Lond. 1789,
Edinb. 1796; danach deutsch von
Forster, 1791 u. 1803) lag die bengalische
Rezension zu
Grunde, auf die
auch B.
Hirzel (Zürich
[* 6] 1833 u. 1849 nach der
Ausgabe von
Chézy, Par. 1830) und neuerdings L.
Fritze
(Chemn. 1877) zurückgegangen sind,
während E.
Meier
(Tübing. 1851, Hildburgh. 1867), Lobedanz (7. Aufl. 1884)
und
Fr.
Rückert (»Aus
Fr.
Rückerts
Nachlaß«, Leipz. 1867, besonders gedruckt 1885) nach der
Devanâgarî-Rezension
übersetzt haben.
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2) »Vikramorvaçî« behandelt die Liebesschicksale des Königs Purûravas und der Nymphe Urvaçî in etwas opernhafter Weise;
herausgegeben von Lenz (Berl. 1833) und Bollensen (Petersb. 1846), in einer
andern, gekürzten Rezension von Pischel (Oktoberbericht der Berliner
[* 8] Akademie 1875); übersetzt von Höfer (Berl. 1837), Hirzel
(Frauenf. 1838), Lobedanz (3. Aufl., Leipz.
1884) und von Fritze (das. 1881). 3) »Mâlavikâgnimitra«,
ein Liebesintrigenstück, an poetischem Werte den beiden vorhergehenden bedeutend nachstehend, daher von vielen dem Kâlidâsa
abgesprochen,
während A. Weber dessen Autorschaft aufrecht hält; herausgegeben von Tullberg (Bonn 1840), Shankar (Bombay
[* 9] 1869), Bollensen
(Petersb. 1879); übersetzt von A. Weber (Berl. 1856) und Fritze (Leipz. 1882). Eine italienische Übersetzung
der drei Dramen lieferte A. Marozzi (»Teatro di Calidasa«, Mail. 1871). Außerdem werden dem Kâlidâsa
zugeschrieben die epischen
Gedichte: »Kumârasambhava«, von dem jedenfalls nur die ersten sieben (von 17) Bücher von Kâlidâsa
herrühren (hrsg. und übersetzt
von Stenzler),
und »Raghuvança« (hrsg. von Stenzler, auch Kalk. 1852) sowie das lyrisch-epische Gedicht »Meghadûta« (»Wolkenbote«),
eine Botschaft, die ein verbannter Liebender seiner fernen Geliebten durch eine Wolke zuschickt, und die Beschreibung des Wegs, den die Wolke zu nehmen hat; herausgegeben von Wilson (Kalk. 1813) mit englischer Nachdichtung, die im 2. Band [* 10] seiner »Essays« (Lond. 1864-65) wiederholt ist, von Gildemeister (Bonn 1841) und Stenzler (Bresl. 1874); deutsch von M. Müller (Königsb. 1847),
Schütz (Bielef. 1859),
Meier (»Morgenländische Anthologie«, Hildburgh. 1870), L. Fritze (Chemn. 1879).
Vgl. Neve, Kâlidâsa
, ou la poésie sanscrite dans les raffinements de sa culture (Par. 1864).