(spr. i-on), 1) mythischer Ahnherr der
Ionier, Sohn des
Apollon
[* 2] und der
Krëusa, der Tochter des
Erechtheus und Gemahlin
des
Xuthos, ward von der
Mutter in einer
Höhle ausgesetzt, durch
Apollon aber nach
Delphi gebracht und hier
von der
Pythia erzogen. Nachdem er herangewachsen, befragten
Xuthos und
Krëusa das
Orakel um die
Ursache ihrer Kinderlosigkeit
und erhielten den
Bescheid, das erste
Kind, welches ihnen beim
Austritt aus dem
Tempel
[* 3] begegnen werde, solle
ihr Sohn sein. So wird I. von
Xuthos als Adoptivsohn anerkannt; allein
Krëusa, in demselben die
Frucht einer frühern
Liebe
ihres Gemahls vermutend, will ihn vergiften.
2) Griech.Schriftsteller aus
Chios, ein vielseitig gebildeter Mann, lebte im 5. Jahrh.
v. Chr. und verfaßte
historische
Schriften, lyrische
Dichtungen der verschiedensten Art und
Tragödien, die sich weniger durch Erhabenheit als durch
Korrektheit und
Glätte auszeichneten.
Als er 452 in
Athen einen dramatischen
Sieg errang, soll er jeden
Athener mit einem
Krug
Chierwein beschenkt haben. Er starb 422 in
Athen. Von seinen prosaischen und poetischen Werken besitzen
wir nur dürftige Überreste. Sammlung der historischen
Fragmente von
Müller (»Fragmenta historicorum graecorum«, Par.
1848),
der lyrischen in
Bergks »Poetae
lyrici graeci«, Bd.
2, der dramatischen in
Naucks »Tragicorum graecorum fragmenta« (Leipz.
1856).
Vgl. die
Monographien von Nieberding (Leipz. 1836) und
Köpke (Berl. 1836).
der mythische Stammvater der Ionier, war nach der Sage von Deukalion (s. d.) ein Sohn des Xuthos,
Bruder des Achaios, Enkel des Hellen, Urenkel des Deukalion. Nach attischer Sage wurde Krëusa, des Erechtheus Tochter, in Attika
Gemahlin des Xuthos. Nach Euripides in der Tragödie «Ion» war
I. ein Sohn des Apollon und der Krëusa, den sie vor
ihrer Vermählung mit Xuthos gebar. Er wurde in einem Kästchen von der Mutter in der nämlichen Höhle des Burgfelsens ausgesetzt,
in welcher sie von Apollon umarmt worden war.
Auf dessen Wunsch bringt Hermes
[* 6] das Kind nach Delphi, wo es erzogen wird. Da die später eingegangene Ehe der Krëusa mit Xuthos
kinderlos bleibt, so beschließt Apollon, dem Xuthos I. als eigenen Sohn zu übergeben. Es geschieht dies mit Hilfe eines Orakels,
und Luthos nimmt I. mit väterlicher Liebe auf. Krëusa indes sucht den ihr unbekannten Jüngling zu vergiften und flieht,
als das Verbrechen offenbar wird, zum Altar, wohin sie I. verfolgt. Hier stellt sich aber heraus, daß
I. ihr eigener Sohn ist, und Athene
[* 7] weissagt schließlich, daß auch Xuthos von Krëusa noch Kinder bekommen werde: Achaios
und Doros, daß aber I.s Söhne den vier Stämmen des Landes die Namen geben und daß seine Abkömmlinge, nach ihm Ionier benannt,
Inseln und Küsten Europas und Kleinasiens besiedeln würden. Der attische Stolz sträubte sich dagegen,
daß I. von einem Fremden abstammen sollte, und setzte an die Stelle des XuthosApollon, den die ion. Geschlechter in Athen als
Stammgott verehrten.
von Chios, griech. Schriftsteller, kam 478 v. Chr. als junger Mann zuerst nach Athen, wo er,
wohl kurz vor 422, auch gestorben ist. Er fand in dem Kreise
[* 8] des Kimon und PeriklesAufnahme und war mit Äschylus wie mit Sophokles
persönlich bekannt. In ion. Prosa verfaßte er namentlich «Reiseerinnerungen»
(Epidēmíai), in welchen er vorzugsweise seine Erlebnisse an fremden Orten, welche er aufsuchte, beschrieb und die
eine wichtige Quelle
[* 9] für die Historiker geworden sind.
Als Dichter war I. in den verschiedensten Gattungen der lyrischen Poesie mit Auszeichnung thätig; insbesondere dichtete er
Elegien und Dithyramben. Eine Sammlung der sämtlichen erhaltenen Bruchstücke giebt es nicht; die prosaischen stehen im 2. Bande
der «Fragmenta historicum graecorum», hg. von C. Müller (Par. 1853),
die aus den Tragödien in den «Tragicorum
graecorum fragmenta» von Nauck (2. Aufl., Lpz. 1889),
die lyrischen im 2. Bande der «Poetae lyrici graeci» von Bergk (4. Aufl.,
ebd. 1882).