Inspiratio
nsgemeinden,
die zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch Anregung von seiten der Propheten der Kamisarden (s. d.) aus Separatisten gegründeten Sekten, welche an eine fortwährend bestehende unmittelbare göttliche Inspiration einzelner Auserwählten glaubten. Nach dem unglücklichen Ausgang der Religionskämpfe in den Cevennen wandten sich viele der neuen Propheten nach England und Schottland und von dort, aus der bischöflichen anglikanischen Kirche ausgeschlossen und dadurch zur Konstituierung einer besondern Kirchengemeinschaft gezwungen, nach den Niederlanden.
Sie stimmten in der
Lehre
[* 2] im wesentlichen mit der evangelischen
Kirche überein, nur verwarfen sie deren äußere
Institutionen,
namentlich das Lehramt und die
Sakramente. Der
Heilige
Geist erwählt sich nach ihrer Meinung jeweilig aus den Gläubigen seine
Werkzeuge
[* 3] und erteilt ihnen durch ein
»inneres
Licht
[* 4] oder
Wort« (lumen sive verbum internum) besondere
Offenbarungen.
Die mit der »Einsprache« Begnadigten traten sodann in den gottesdienstlichen
Versammlungen auf mit Ermahnungen zur
Buße und Besserung, die unter Zuckungen und Schluchzen stoßweise sich aus der
Seele
losrangen. Dann und wann fanden
Liebesmahle statt, denen die Fußwaschung voranging. Dieses Inspiratio
nswesen
fand bei den Pietisten und Separatisten im nördlichen und westlichen
Deutschland
[* 5] einen besonders empfänglichen
Boden.
Schon
1713-14 entstanden in
Halle
[* 6] und
Berlin
[* 7] I. Sie verpflanzten sich in die
Wetterau, wo sich ihnen die
Führer der dortigen Separatisten,
Eberhard
Ludwig
Gruber (gest. 1728) und
Rock (gest. 1749), anschlossen.
Inspirierte
Missionäre durchzogen von der
Wetterau aus das ganze westliche
Deutschland und die
Schweiz
[* 8] und
gründeten allenthalben kleinere I. Auch in
Germantown in
Pennsylvanien war durch
Joh.
Gruber, Sohn des Vorgenannten, eine separatistische
Gemeinde gestiftet worden. Streitigkeiten, teils mit den geistesverwandten Herrnhutern, teils innere, beschleunigten
aber den mit
Rocks Ableben eintretenden
Verfall der I.
Fast erloschen, lebte seit 1816 der Inspiratio
nsgeist
wieder
auf, und die alten
Gemeinden in der
Wetterau, der
Pfalz und dem Elsaß reorganisierten sich, wanderten aber, vielfach
bedrückt, 1841 nach
Ebenezer bei
Buffalo im
Staat
New York aus, wo sie, etwa 2000
Seelen stark, sich unter Leitung von
Christian
Metz
[* 9] mit
Ackerbau und Tuchfabrikation beschäftigten und in teilweiser
Gütergemeinschaft lebten. Auch nach
Kanada haben sie
Kolonien ausgesandt. 1854 wandten sich die meisten nach dem
Staat
Iowa.
Vgl. Göbel in Niedners »Zeitschrift für historische Theologie« 1854-57.