Inkubation
(lat., griech. Enkoimesis), das Liegen und Schlafen in den Tempeln und heiligen Bezirken (besonders des Äskulap, Apollon, [* 2] Serapis), die älteste Art der Verbindung religiöser Vorstellungen mit der Heilwissenschaft bei den Ägyptern, Griechen und Römern. Den Griechen ward der Gebrauch durch die Priesterfamilie der Asklepiaden gebracht. Die Kranken wurden zu diesem Behuf in die Tempelbezirke eingelassen und hier verschiedenen Reinigungen und Zeremonien unterworfen, darauf feierlich in den Tempel [* 3] gebracht und dort auf einer Lagerstätte, die mit dem Fell eines frisch geschlachteten Opfertiers bedeckt war, niedergelegt, um unter dem Einfluß von geheimen Prozeduren in einen Zustand des Schlafes zu verfallen, welchen unsre neuern Mesmeristen häufig mit dem Hellsehen verglichen haben. In diesem Zustand meinten sie durch unmittelbare göttliche Eingebung die Orakel der heilenden Götter zu erhalten und hingen, von der Krankheit befreit, eine kurze Nachricht über dieselbe als Opfergabe in den Heiligtümern auf (Votivtafeln). Die noch jetzt üblichen Wallfahrten Kranker nach heiligen Stätten samt den dort aufgehängten Krücken, Bildern und nachgeformten Gliedern sind auf jene antike Sitte zurückzuführen.
Vgl. Ritter v. Rittershain, Der medizinische Wunderglaube und die I. im Altertum (Berl. 1878).