Indischer Salpeter
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Indischer
Salpeter
(salpeter
saures Kali, prismatischer oder Kalisalpeter, Nitrum) KNO3 findet
sich mit andern Salpetersäuresalzen, besonders mit salpeter
saurem Kalk und salpeter
saurer Magnesia, an Stellen, die der Bildung
von Salpetersäure (s. d.) günstig sind, an Mauern, in welche Urin, Kanalwasser etc. einsickern kann, auf Ceylon
[* 4] in Höhlen eines
Magnesia oder Feldspat enthaltenden Kalkfelsens, welcher auch von organischen Stoffen nicht ganz frei und
einer durch Fledermausexkremente ammoniakalischen Luft der Höhlen ausgesetzt ist; unter ähnlichen Verhältnissen findet sich
S. am Adriatischen Meer in Italien,
[* 5] in Tennessee, Kentucky, am Missouri und Crookedfluß, in Afrika
[* 6] und auf Teneriffa.
Ferner finden sich in Indien (Bengalen, Patna), auch in Südamerika,
[* 7] Arabien, Ägypten,
[* 8] Persien,
[* 9] Spanien,
[* 10] Ungarn
[* 11] Salpetersäuresalze oft in großer Ausdehnung
[* 12] im Boden, aber immer nur in einer durch die Luft noch erreichbaren Tiefe; durch
eindringende Feuchtigkeit gelöst, gelangen die Salze an die Oberfläche und bilden Auswitterungen, die, mit Erde gemischt,
eingesammelt (Kehrsalpeter
) und auf S. verarbeitet werden. In ähnlicher Weise benutzt man in Indien auch
die Erde in der Nähe der Wohnungen, welche mit dem Harn von Menschen und Tieren getränkt ist.
Der Stickstoff des Harn wird so schnell in Salpetersäure verwandelt, welche sich mit dem im Boden enthaltenen Kali verbindet,
daß man die Erde in kurzen Zwischenräumen auslaugen kann. In der Schweiz
[* 13] gewinnt man in ähnlicher Weise
S. aus der Erde unter den Ställen, die man alle sieben Jahre aufnimmt. Die zum Teil von der Natur gegebenen Bedingungen der
Salpeter
bildung stellt man auch künstlich in den sogen. Salpeterplantagen her, indem man mit faulenden
stickstoffhaltigen
Substanzen (Dünger, tierische Abfälle aller Art aus Schlachthäusern, Gerbereien etc.) geschwängerte Erde
mit Kalk, Mauerschutt etc. mischt, in Haufen aufschichtet und fortwährend durch Mistjauche oder Harn feucht erhält.
Nach einigen Jahren hat sich in der Erde so viel S. gebildet, daß es lohnt, sie auszulaugen. Die Lauge aller dieser Rohmaterialien
enthält aber auch salpeter
sauren Kalk, salpeter
saure Magnesia etc. und wird deshalb mit Pottasche (kohlensaurem
Kali) versetzt (gebrochen), um Kalk und Magnesia als Kohlensäuresalze zu fällen und salpeter
saures Kali zu bilden. Die geklärte
Lauge wird stark verdampft, wobei sich ein großer Teil der fremden Salze ausscheidet, und dann zur Kristallisation gebracht.
Die von den Kristallen getrennte Mutterlauge kommt mit neuer Rohlauge in den Kessel zurück. Gegenwärtig
wird bei weitem der meiste S. aus Chilisalpeter (salpeter
saurem Natron) dargestellt, indem man letztern mit Chlorkalium in Wasser
löst und die Lösung stark verdampft. Es scheidet sich dabei viel Chlornatrium aus, und die Lösung liefert beim Erkalten salpetersaures
Kali (Konversionssalpeter). Die Mutterlauge wandert in den Lösungskessel zurück. Erhitzt man mit der Mutterlauge
ein Gemenge von Chilisalper ^[richtig: Chilisalpeter] und Chlorkalium, so scheidet sich ebenfalls Chlornatrium aus, und salpetersaures
Kali geht in Lösung. Der rohe S. enthält stets viel Chlorverbindungen und muß namentlich für die Schießpulverfabrikation
sorgfältig gereinigt werden. Man löst ihn in möglichst wenig siedendem Wasser, läßt die geklärte
Lösung unter Umrühren erkalten und wäscht das ausgeschiedene, aus kleinen Kristallen bestehende Salpetermehl mit Wasser und
reiner Salpeterlösung, worauf es getrocknet und gesiebt wird.
S. bildet farblose, wasserfreie, luftbeständige Kristalle [* 14] vom spez. Gew. 2,1, schmeckt kühlend, wenig bitter, löst sich in Wasser unter starker Temperaturerniedrigung, und zwar lösen 100 Teile Wasser bei
0° | 10° | 20° | 40° | 60° | 80° | 100° | |
Teile S. | 13.3 | 21.1 | 31.2 | 64.0 | 111.0 | 172.0 | 247.0 |
und bei 114°, dem Siedepunkt der gesättigten Lösung, 327,4 Teile S. In Alkohol ist S. unlöslich. Er schmilzt bei 339°, erstarrt grobstrahlig kristallinisch, verliert in stärkerer Hitze Sauerstoff und gibt salpetrigsaures Kali, zuletzt Kali. Geschmolzener S. wirkt daher sehr kräftig oxydierend, gibt z. B. mit Kohlenpulver beim Erhitzen unter lebhafter Verbrennung kohlensaures Kali, Kohlensäure und Stickstoff, mit Schwefel schwefelsaures Kali und Stickstoff; er oxydiert bei hoher Temperatur die meisten Metalle, verbrennt organische Stoffe, gibt mit überschüssigem Weinstein durch Kohle schwarz gefärbtes, bei Überschuß von S. aber weißes kohlensaures Kali (schwarzer und weißer Fluß). S. stört bei anhaltendem Gebrauch die Verdauung, wirkt reizend, in großen Dosen giftig, setzt die Pulsfrequenz und Körpertemperatur herab und wird deshalb als Arzneimittel bei entzündlichen, fieberhaften Affektionen benutzt. Am häufigsten dient er zur Darstellung von Schieß- und Sprengpulver, Feuerwerkskörpern, Salpetersäure, Schießbaumwolle etc., zu Kältemischungen, in der Glasfabrikation [* 15] zum Reinigen der Glasmasse, als Oxydations- und Flußmittel bei Metallarbeiten, zum Pökeln des Fleisches neben Kochsalz, zur Herstellung von Preßkohle, als Dünger und zu chemischen und pharmazeutischen Präparaten. S. wird zuerst von Geber als Sal Petrae erwähnt, bei den jüngern Alchimisten findet er sich als Sal Nitri, ¶
während er später einfach Nitrum genannt wurde, unter welchem Namen die Alten das kohlensaure Natron verstanden. Große Bedeutung gewann S. durch die Erfindung des Schießpulvers, und lange wurde der Bedarf durch die heimischen Salpeterplantagen und durch den indischen S. gedeckt. Auch jetzt noch liefert Indien große Mengen S. Bei der plötzlich stark gesteigerten Nachfrage nach S. während des Krimkriegs begannen Wöllner, Grüneberg und Nöllner die Darstellung von Konversionssalpeter aus Chilisalpeter, welche durch die Staßfurter Kaliindustrie neue Anregung gewann und die Salpeterplantagen in England, Frankreich und Deutschland [* 17] vollständig verschwinden ließ, in andern Ländern aber stark einschränkte.