Ibrahim
Pascha, Adoptivsohn des Vizekönigs Mehemed Ali von Ägypten, [* 3] geb. 1789, eröffnete seine kriegerische Laufbahn mit einem Feldzug gegen die Wahabiten, deren Unterwerfung er 1819 vollendete, wandte darauf seine Waffen [* 4] gegen die Araber und machte die barbarischen Völker von Senaar und Dar Fur [* 5] zinspflichtig. Nachdem er schon 1824 die ägyptische Flotte im Ägeischen Meer befehligt, welche den Türken zur Bekämpfung des griechischen Aufstandes zu Hilfe gekommen war, landete er mit einem 20,000 Mann starken, gut geschulten Heer im Hafen von Modon und eroberte in wenigen Monaten den ganzen Peloponnes sowie, mit den Türken vereint, im April 1826 Missolunghi.
Hierauf machte er den Peloponnes in kurzem einer Wüste ähnlich und schleppte im Dezember 10,000 Flüchtlinge aus Tripolizza, Kalamata etc. in die Sklaverei. Als er 1827 durch die Intervention der Schutzmächte Griechenlands gezwungen worden war, den Peloponnes zu räumen, unternahm er 1831 die Unterwerfung Syriens, welches sein Vater zur Vormauer eines ägyptisch-kretischen Reichs zu machen sich vorgenommen hatte. Er nahm die Festung [* 6] St.-Jean d'Acre mit Sturm, eroberte dann ganz Syrien und Palästina [* 7] und nötigte die Pforte durch die Schlacht bei Konia und die Gefangennahme des Großwesirs, Syrien und Adana an Ägypten abzutreten.
Indes die ägyptische Herrschaft in Syrien, wo I. Statthalter war, war so gewaltthätig und drückend, daß die Bevölkerung, [* 8] welche auch 1834 einen Aufstand versuchte, die Abschüttelung dieses verhaßten Joches ersehnte. 1838 begann zwischen Ägypten und der Pforte der Krieg von neuem. I. schlug die Türken bei Nisibis, wurde jedoch von einer Flotte der Engländer, Russen und Österreicher, die zu Ende 1840 erschien und sich der festen Plätze an der Küste bemächtigte, sowie durch die Erhebung der Bevölkerung zum Rückzug gezwungen, worauf Mehemed Ali auf Syrien wieder verzichtete.
Seitdem in Zurückgezogenheit lebend, beschäftigte sich I. vornehmlich mit Hebung [* 9] des Ackerbaues auf seinen Gütern. Von Mehemed Ali in geheimen Stipulationen mit der Pforte zu seinem Nachfolger designiert, trat er, als jener allmählich in Altersschwäche verfiel, als künftiger Herrscher mehr und mehr in den Vordergrund und ward im Juli 1848, als er in Konstantinopel [* 10] anwesend war, als Nachfolger Mehemeds bestätigt. Er starb jedoch schon in Kairo, [* 11] nachdem er lange krank gewesen und im Winter 1847-48 vergeblich in italienischen Bädern Hilfe gesucht hatte. Ihm folgte, mit Umgehung seiner eignen Nachkommenschaft, Mehemed Alis leiblicher Enkel Abbas Pascha.