Hypothek
(griech., »Unterpfand«, in
Frankfurt
[* 2] a. M. auch
Insatz genannt), eine Form der Verpfändung, bei welcher der
Gläubiger nicht sofort, wie beim
Faustpfand
(s.
Pfand), in den
Besitz der Pfandsache gesetzt, sondern wobei ihm ein wirksames
Pfandrecht durch bloße Bestimmung einer
Sache
zum
Pfand eingeräumt wird. Wie bei jedem
Pfandrecht, kann der
Gläubiger nötigen Falls zur Realisierung
seiner
Forderung die Pfandsache zum Verkauf bringen; er mußte sich aber nach römischem
Recht bei der Hypothek
den
Besitz der
Sache
erst verschaffen durch die
hypothekarische Klage (actio hypothecaria).
Diese
dingliche Klage gibt das
römische Recht dem
Pfandgläubiger gegen jeden
Besitzer der
Sache auf Herausgabe
derselben. Dieselbe geht nur auf Herausgabe der Pfandsache, um zum Verkauf derselben durch den
Richter (distractio pignoris)
schreiten zu können, keineswegs aber auf Bezahlung der Hauptschuld; nur wenn sie gegen den Pfandschuldner selbst geht, ist
ihre
Verbindung mit der
Klage auf die Hauptschuld möglich. Dritte
Besitzer können der hypothek
arischen
Klage entgehen, wenn sie die
Schuld bezahlen, wogegen sie vom
Pfandgläubiger Abtretung seiner
Rechte verlangen können
(jus offerendi
et succedendi).
Nach dem römischen
Recht können Hypotheken
entstehen: entweder durch
Bestellung derselben und zwar durch
Vertrag (pactum hypothecae),
an welches
Konventionalpfandrecht sich die testamentarisch begründete Hypothek
anschließt, oder durch
richterlichen Befehl in der Exekutionsinstanz im
Prozeß:
Missio in bona, Einweisung des
Gläubigers in die
Güter des
Schuldners,
und durch richterliches
Urteil (adjudicatio) auf eine Teilungsklage, wenn der
Richter den einen Teilhaber zur Leistung an den
andern verurteilt und diesem deshalb ein
Pfandrecht an der jenem zugewiesenen
Sache zuspricht.
Dies sind Entstehungsgründe für
Pfandrechte überhaupt, also namentlich auch für das
Faustpfand. Eigentümlich der allein
ist die Entstehung unmittelbar durch
Gesetz. Dergleichen »gesetzliche, stillschweigende Hypotheken«
können
entweder an allen
Gütern des
Schuldners (gesetzliche
Generalhypotheken) bestehen, wie z. B. ein solches
Recht der
Fiskus wegen
aller
Forderungen, die bevormundeten
Personen an den
Gütern der
Vormünder, die
Kinder in gewissen
Fällen
am
Vermögen der Eltern etc., die Ehefrauen an demjenigen ihrer
Männer haben; oder sie begreifen nicht alle
Güter des
Schuldners,
sondern nur gewisse Teile derselben (gesetzliche Spezialhypotheken
), wie dergleichen dem Verpachter an den von seinem
Pachter
eingeernteten
Früchten, dem
Mündel an den mit seinem
Geld (gleichviel,
wer der
Käufer ist) erkauften
Sachen
etc. zustehen.
Bei dieser so verschiedenartigen Entstehungsweise der Hypotheken
können leicht an einer und derselben
Sache mehrere Hypotheken
entstehen. Im allgemeinen soll nun das Rangverhältnis mehrerer Hypotheken
an derselben
Sache sich nach dem
Alter bestimmen,
so daß die ältere der jüngern vorgeht; allein dieser
Grundsatz leidet durch Privilegien, wonach manche
Gläubiger
(Fiskus, Ehefrauen etc.) ohne Rücksicht auf das
Alter allen andern vorgehen sollen, eine Ausnahme. Diese Umstände:
zahlreiche gesetzliche
Pfandrechte, Privilegien in Hinsicht auf den Vorrang, ferner und vorzugsweise die Unmöglichkeit oder
doch die Schwierigkeit für den
Kredit Gewährenden, sich zuverlässig über die Belastung des
Vermögens
des
Kredit Suchenden zu unterrichten, haben frühzeitig das Bestreben nach einer
Reform des römischen Hypothek
enrechts hervorgerufen.
Im Anschluß an das ältere deutsche Recht forderte man zur Entstehung einer an Grundstücken die Eintragung (Ingrossation, Intabulation) derselben in die öffentlichen Grund- und Pfandbücher. Diese Eintragung erfolgt auf Antrag des Verpfänders bei dem kompetenten Gericht. Die Ingrossation an sich gibt aber dem Gläubiger noch keine Sicherheit hinsichtlich gesetzlicher oder privilegierter, ihm vielleicht ganz unbekannter Pfandrechte, durch welche das seinige ganz entwertet werden kann.
Zur Abhilfe dieser Übelstände hat die neuere deutsche
Gesetzgebung nach dem Vorgang der preußischen
(Hypothek
enordnung von 1783 und allgemeines
Landrecht von 1794) die gesetzlichen und generellen Hypotheken
an
Grundstücken
gänzlich aufgehoben und nach dem
Grundsatz der
»Publizität und
Spezialität« vorgeschrieben, daß Hypotheken
nur für bestimmte
Summen, nur an bestimmten einzelnen
Grundstücken und den diesen gleich geachteten
Rechten und lediglich
durch den
Eintrag in die öffentlichen
Bücher (Hypotheken-
,
Konsens-, Grundbuch,
Landtafel) des
Richters der verpfändeten
Sache
entstehen können, daß deren Vorzug lediglich nach dem
Alter bestimmt wird, und daß nur von demjenigen oder gegen denjenigen
eine Hypothek
bestellt werden kann, welcher dem
Gericht sich als
Eigentümer legitimiert.
Durch
Vertrag,
Testament oder gesetzliche Vorschrift kommt hiernach nicht die Hypothek
selbst, sondern nur ein
Pfandrechtstitel zur Entstehung, vermöge dessen erst der
Eintrag der Hypothek gefordert werden kann.
Liegen auch nicht alle Voraussetzungen
dazu vor, so kann doch eine vorläufige, bedingte Eintragung, Vormerkung, erfolgen; diese geht zwar erst mit Erledigung des
Anstandes in eine endgültige, definitive über, sichert aber dem
Gläubiger, für den sie gleichsam die
Stelle des Hypothekenbuchs mit
Beschlag belegt, den Vorzug vor allen später, wenn auch vor ihrem Übergang in eine definitive,
eingetragenen Hypotheken. In ähnlicher
Weise kann derjenige, dem ein wenn auch noch zweifelhaftes Widerspruchsrecht gegen
eine Verpfändung zusteht, durch
Eintrag seines
Protestes gegen später eingetragene Hypotheken gesichert
werden. Damit genau ermittelt werden kann, für welche Pfandschulden ein
Grundstück haftet, dürfen Hypotheken nur auf einzelne
Grundstücke und für
¶
mehr
bestimmte Summen eingetragen werden, daher für Forderungen von noch unbekannter Größe, z. B. für Ansprüche aus einer Vormundschaft, und ebenso bei sogen. Kautionshypotheken Maximalbeträge vereinbart werden müssen, über welche hinaus das Grundstück nicht haftet. Der öffentliche Glaube, den das Hypothekenbuch gewährt, erfordert, daß eine Hypothek so lange als bestehend gilt, als sie dort eingetragen ist.
Von dem Hypothekenbuch kann jeder Beteiligte Einsicht nehmen. Für dessen ordnungsmäßige Führung sind die damit beauftragten Beamten verantwortlich, und der Staat ist zu ihrer Vertretung verpflichtet. Nach der preußischen Hypothekenordnung und den ihr nachgebildeten Gesetzen hat jedes Grundstück im Hypothekenbuch sein eignes Blatt, [* 4] und hier sind in verschiedenen Rubriken die Person des Eigentümers, dessen Besitztitel, die sonstigen dinglichen Verhältnisse des Grundstücks, endlich die darauf haftenden Hypotheken mit allen Nebenbestimmungen und allen Veränderungen, die sich damit zugetragen, eingeschrieben.
Durch dieses Hypothekensystem ist der Realkredit vollkommen gesichert. Eine wesentliche Änderung ist in Preußen [* 5] durch die Gesetze vom über Grundeigentum und Hypothekenrecht herbeigeführt worden, an welche sich eine Grundbuchordnung vom gleichen Tag anreiht. Der Grundsatz der Eintragung wird vollständig durchgeführt. Das Recht der und der Grundschuld entsteht durch die Eintragung ins Grundbuch (s. d.). Zur Beurkundung der Eintragung der Hypothek wird ein gerichtlicher Hypothekenschein (Schuld- u. Pfandurkunde, Hypothekenbrief, Hypothekeninstrument, Grundschuldbrief) ausgefertigt.
Der Hypothekengläubiger kann sich zum Zweck seiner Befriedigung nicht mehr selbst in Besitz der Pfandsache setzen, er muß vielmehr die gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um die Zwangsversteigerung herbeizuführen (s. Zwangsvollstreckung). Im Konkurs (s. d.) des Schuldners sichert ihm die Hypothek gesonderte und vorzugsweise Befriedigung. Um die Aufnahme von Darlehen gegen Unterpfand noch mehr zu erleichtern, dienen die hypothekarischen Kreditinstitute und die von diesen ausgegebenen Papiere auf den Inhaber mit Realsicherheit (s. Hypothekenbanken).
Eine weitere Sicherung des Kredits bietet die Hypothekenversicherung (s. d.).
Vgl. Bremer, und Grundschuld (Götting. 1869);
Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigentum und Hypothekenrecht (3. Aufl., Berl. 1881);
Paris, [* 6] Kollision der Hypothek mit dem Eigentum (Kösl. 1875);
Buchka, Die Hypothek des Eigentümers nach der neuesten deutschen Gesetzgebung (Wism. 1875);
»Deutsches Hypothekenrecht« (hrsg. von Meibom, Leipz. 1871-81, 8 Bde.), bearbeitet von Bar (Hannover), [* 7] Meibom (Mecklenburg), [* 8] Regelsberger (Bayern), [* 9] Siegmann (Sachsen), [* 10] Dernburg und Hinrichs (Preußen), Exner (Österreich), [* 11] Puchelt (rheinisch französisches Hypothekenrecht), Römer [* 12] (Württemberg) [* 13] u. a.; Kurtz, Verfügungen und Verhandlungen in (preußischen) Grundbuchssachen (Brest: 1884).