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Nikolaus, geistlicher Liederdichter und
Komponist, lebte als
Kantor in
Joachimsthal, wo
LuthersFreund Matthesius
zu gleicher Zeit
Pfarrer war; starb Seine geistlichen
Lieder zeichnen sich, ohne den objektiven
Charakter des streng liturgischen
Kirchenliedes zu besitzen, durch Gemütsinnigkeit und leichten
Fluß der
Diktion aus und gingen
großenteils in die
Gesangbücher über. Sie erschienen in zwei Sammlungen, die sich an die Evangelien und an Historien des
Alten
Testaments anschließen, und wurden meist auch von ihm selbst komponiert (neue Ausg.
von Ledderhose,
Halle
[* 32] 1855).
Von seinen schriftstellerischen Arbeiten sind gleich die ersten über antike Metrik bahnbrechend, indem er eine wissenschaftliche
Theorie derselben auf Grund der Kantschen Lehre von den Kategorien, allerdings unter Übergehung der alten Rhythmiker und Musiker,
aufstellte. Wir nennen: »De metris poetarum graecorum et romanorum« (Leipz. 1796);
Ferner ward Hermann der Begründer einer rationellern Behandlung der griechischen Grammatik, die auf eine bessere Gestaltung der
Grammatik überhaupt, namentlich auch der deutschen, nicht ohne wesentlichen Einfluß geblieben ist. Hierher gehören:
»De emendanda ratione graecae grammaticae pars I« (Leipz. 1801);
die gehaltreichen Zusätze und Exkurse zu
Vigers »De praecipuis graecae dictionis idiotismis liber« (das. 1802, 4. Aufl.
1834) und die »Libri IV de particula an ^[αν]« (das. 1831; auch »Opuscula«,
Bd. 4).
Am glänzendsten bewährt sich Hermanns Meisterschaft in seinen Ausgaben, besonders der griechischen Dichter. Er vollendete
nach Erfurdts Tod (1813)
die von diesem begonnene Ausgabe des Sophokles bis 1825 und besorgte neue Auflagen
der einzelnen Bändchen. Von Euripides edierte er zunächst einzelne Tragödien für seine Vorlesungen; eine Gesamtausgabe
desselben erschien nur bis zum 8. Bändchen (Leipz. 1831-41: »Hecuba«, »Iphigenia Aulica«, »Iphigenia
Taurica«, »Helena«, »Andromacha«, »Cyclops«, »Phoenissae«, »Orestes«). Außerdem gab er heraus die »Nubes« des Aristophanes
(Leipz. 1799 u. 1830),
»Orphica« (das. 1805),
die Homerischen Hymnen (das. 1806); von lateinischen Dichtern: des Plautus »Trinummus«
(das. 1800, 2. Aufl. 1853) und »Bacchides«
(das. 1845);
das Lexikon des Photios (bloßer Textabdruck,
das. 1808) und den GrammatikerDraco Stratonicensis nebst des Tzetzes »Exegesis in Homeri Iliadem« (das.
1812).
Erst nach seinem Tod erschien seine Ausgabe der Bukoliker Bion und Moschos (Leipz. 1849) sowie die schon ein halbes Jahrhundert
vorher von ihm beabsichtigte, nie aus den Augen gelassene Rezension des Äschylos (von seinem Schwiegersohn M. Haupt besorgt,
das. 1852, 2 Bde.; 2. Aufl.
1859). Seine kleinern Aufsätze über die verschiedensten Gegenstände, meist in musterhafter lateinischer Darstellung, nur
selten in der Muttersprache, sowie seine Oden und übrigen lateinischen, auch griechischen Gedichte und Nachbildungen, die
einen wahrhaft klassischen Geist atmen, sind gesammelt in den »Opuscula« (Bd.
17, Leipz. 1827-39 von ihm selbst, Bd.
8, das. 1877 von seinem Enkel TheodorFritzsche herausgegeben). »G. Hermanns lateinische Briefe an seinen FreundVolkmann« gab
A. B. Volkmann (Heidelb. 1882) heraus.
Vgl. O. Jahn, Gottfr. Hermann. Eine Gedächtnisrede (Leipz. 1849);
Köchly, Gottfr. Hermann. Zu seinem hundertsten Geburtstag (das. 1874).
In der Klosterkirche zu Berlin malte er 14 Freskobilder, die Erzväter, die Propheten, die Evangelisten
und die ApostelPetrus und Paulus darstellend. Später zeichnete er 15 große Kompositionen, welche die Hauptentwickelungsmomente
der deutschen Geschichte, von den in jedem Zeitalter vorherrschenden Architekturformen umgeben, zum Gegenstand haben und durch
den Stich vervielfältigt worden sind. Die großen Hoffnungen, die Cornelius auf ihn gesetzt hatte, sind bei seiner schwachen
schöpferischen Kraft
[* 46] und dem Zeitgeschmack, welcher schnell über die Cornelius-Schule hinwegging, nicht in Erfüllung gegangen.
Er starb in Berlin.
Sein Hauptwerk ist das »Lehrbuch der griechischen Antiquitäten« (Teil 1: »Staatsaltertümer«, Heidelb.
1831; 5. Aufl. von Bahr und Stark, 1875; Teil 2: »Gottesdienstliche Altertümer«, 1846; 2. Aufl. von Stark, 1857; Teil 3: »Privataltertümer«,
1852; 2. Aufl. von Stark, 1870), ein Denkmal umfassendster Belesenheit und gründlicher Forschung (eine
durch Blümner und Dittenberger geleitete Neubearbeitung des Werkes in 4 Bänden erscheint seit 1882). Außerdem sind besonders
zu nennen: »Geschichte und System der PlatonischenPhilosophie« (Heidelb. 1839, Bd.
1.; leider unvollendet);
die Bearbeitung des Beckerschen »Charikles« für die 2. Auflage (Leipz. 1854);
die treffliche
Ausgabe von Lukians »De conscribenda historia« (Frankf. 1828) sowie die Textrezensionen des Platon (Leipz. 1851-53), des Persius
und Juvenal (das. 1854).
Daran reiht
sich eine Menge zum Teil höchst bedeutsamer Abhandlungen zu den
griechischen Antiquitäten, der Mythologie und Geschichte, der alten Litteraturgeschichte, der Kunstarchäologie, der alten
Philosophie sowie zur Kritik und Erklärung alter Schriftsteller. Nur ein kleiner Teil derselben ist von ihm vereinigt in »Gesammelte
Abhandlungen« (Götting. 1849).
Vgl. M. Lechner, Zur Erinnerung an K. F. Hermann etc. (Berl. 1864).
6) Konrad, philosoph. Schriftsteller, Sohn von Hermann 2),