Helmstedt.
1)
Kreis
[* 2] im Herzogtum
Braunschweig,
[* 3] hat 797,81 qkm und (1890) 65501 (33150 männl., 32351 weibl.)
E., 7475
Wohnhäuser
[* 4] mit 14680 Haushaltungen, 3
Städte und 87 Landgemeinden und umfaßt die Amtsgerichtsbezirke Helmstedt
, Schöningen,
Königslutter, Borsfelde und
Calvörde.
- 2) Kreisstadt im
Kreis Helmstedt
, etwa 3 km von der preuß. Grenze, an einem
Bache, in 111 m Höhe, in einer weiten Thalsenkung
zwischen Lappwald und Elm, an den Linien Jerrheim-Helmstedt
(22,1 km) und
Braunschweig-Magdeburg der Preuh. Staatsbahnen,
[* 5] Sitz der Kreisdirektion und eines Amtsgerichts (Landgericht
Braunschweig), hat (1890) 10955 (5427 männl., 5528 weibl.) E.,
darunter etwa 1000 Katholiken und 18 Israeliten, Postamt erster
Klasse mit Zweigstelle,
Telegraph,
[* 6] ein herzogl. vereinigtes
Helmstedt
-Schöningensches Gymnasium, 1817 gegründet (Direktor Drewes, 16
Lehrer, 9
Klassen, 228
Schüler),
höhere Mädchenschule, 2
Bürgerschulen, städtische landwirtschaftliche Schule Marienberg (Direktor Kremp, 17
Lehrer, 12
Klassen, 295
Schüler);
Wasserleitung
[* 7] und
Gasanstalt, 2
Krankenhäuser, ein herzogl. Leihhaus und einen Spar- und Vorschußverein.
Die ehemaligen Festungswerke sind in Promenaden verwandelt. Die von Herzog Julius gestiftete, eingeweihte Universität stand besonders im 17. Jahrh, in hoher Blüte, [* 8] wurde aber durch die westfäl. Regierung aufgehoben. In dem im edelsten Renaissancestil aufgeführten Universitätsgebäude («uleum, um 1600 erbaut) mit schönen Portalen und Giebeln befinden sich die Reste der alten Universitätsbibliothek (18-20000 Bände); denselben Stil zeigt das Gymnasialgebäude (1881);
die got. Stephanskirche (14. Jahrh.) enthält Grabmäler berühmter Professoren;
westlich auf einer Anhöhe liegt die 1256 geweihte, jetzt stilvoll renovierte Kirche des luth.
Jungfrauenstifts,
ehemaligen Augustinernonnenstifts Marienberg, eine Pfeilerbasilika, deren prachtvolles Hauptportal für ein Meisterwerk des
Übergangsstils gilt. Helmstedt
hat Fabrikation von landwirtschaftlichen
Maschinen, Schuhwaren,
Thonwaren,
[* 9] Seifen,
Tabak,
[* 10]
Pfeifen, Erdfarben, eine Dampfmühle,
Branntweinbrennereien, zwei Wollgarnspinnereien, eine
Zuckerraffinerie, zwei Fabriken
für
Maschinen der Seifenindustrie, ferner jährlich elf stark besuchte Kram- und Viehmärkte.
In der Umgegend befinden sich Braunkohlen und Koprolithen. 3 km westlich, auf dem St. Annen- oder Corneliusberge, die Lübbensteine, wahrscheinlich heidn. Altäre, östlich bei der Stadt das 1803 säkularisierte Benediktinerkloster St. Ludgeri, jetzt Domäne mit kath. Kirche, mit Resten eines sehr alten ausgelegten Gipsfußbodens, in der Hedwigs-(Doppel-)Kapelle (10. und 11. Jahrh.) neben der Kirche Kapitäle aus karoling. Zeit. 6 km weiter im Lappwald Bad [* 11] und Klarabad mit eisenhaltigen Quellen, besonders von Gichtleidenden besucht, mit einem Denkmal der 1870-71 gefallenen Braunschweiger. 11 km östlich das gräfl. Gneisenausche Gut Sommerschenburg mit dem Grabe des Feldmarschalls Gneisenau und seinem Denkmal; 7 km nördlich das ehemalige Cistercienserkloster Marienthal, jetzt Domäne, mit flachgedeckter roman. Pfeilerbasilika (1138 - 46);
4 km nordwestlich Süpplingenburg. - Helmstedt
ist historisch bekannt seit 798, als Ludgerus,
der erste
Bischof von
Münster,
[* 12] hier taufte und das Benediktinerkloster St. Ludgeri stiftete. Unter den
Äbten von Werden wuchs
der um 900 im
Gau Derlingo gegründete Ort heran, erhielt 1099
Stadtrechte, trat 1457 dem Hansabunde bei und kam 1490 an
Braunschweig.
-
Vgl. Kunhardt, Beiträge zur Geschichte der
Universität Helmstedt
(Helmst. 1797);
Ludewig, Geschichte und
Beschreibung der Stadt Helmstedt
(ebd. 1821);
Geschichte der ehemaligen Hochschule Julia
Carolina. zu Helmstedt
(ebd. 1876).