[* 3] (engl. Heligoland), kleine, den Briten gehörige
Insel mit vielbesuchtem
Seebad in der
Nordsee, nordwestlich
von den Mündungen der
Elbe und der
Weser, 44,5 km vom
Festland entfernt, unter 54° 10' nördl.Br. und
7° 53' östl. L. v. Gr., ist 1700 m lang, 600 m breit,
hat etwa 4000 m
Umfang und 0,55 qkm (0,01 QM.)
Flächengehalt und besteht aus dem Oberland und dem im SO. vorgelagerten Unterland (s.
Kärtchen). Das Oberland ist ein bis 63 m hoher, roter Thonsteinfelsen, der, von fern gesehen, wie eine
matt ziegelrote, unregelmäßige
Mauer aus den grünen Meereswogen emporsteigt, mit niedrigem Strauchwerk,
Gras,
Klee und einigen
Gerste- und Kartoffelfeldern bedeckt ist und auch eine kleine Stadt sowie einen schönen
Leuchtturm trägt; das Unterland ist
ein flaches, sandiges, mit
Muscheln
[* 4] und
Seetang bedecktes
Vorland von geringer
Ausdehnung,
[* 5] mit dem Oberland
durch eine
Treppe
[* 6] von 193
Stufen und seit 1885 durch einen
Aufzug
[* 7] in
Verbindung stehend. Etwa 1200 m östlich von diesem
Vorland¶
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liegt die Düne, eine auf Felsgrund gelagerte, sanft hügelige, im Sonnenglanz blendend weiß erscheinende Sandinsel von 550 m
Länge, deren fester und feiner Sandgrund den herrlichsten Badestrand darbietet, zu dem man auf kleinen Fahrzeugen übersetzt,
und wo man an der Nord- oder Ostseite je nach der Windrichtung stärkern oder schwächern Wellenschlag
benutzen kann. Das 1826 gegründete Seebad nimmt entschieden den ersten Rang unter allen deutschen Nordseebädern ein; es ist
das einzige, dessen insulare Lage eine stets reine Seeluft bedingt.
Seitdem die Badeanstalt
[* 9] vor längerer Zeit in die Hände der Munizipalität gelangt ist, haben zeitgemäße Verbesserungen
stattgefunden, unter denen das mit einem Dampfbad verbundene große, glasgedeckte Schwimmbassin und die
erwähnte Aufzugverbindung mit dem Oberland besonders zu nennen sind. Im J. 1887 soll die Badeanstalt auf 80 Jahre verpachtet
werden; es soll dann an Stelle des jetzigen Konversationshauses ein Hotel gebaut und ein Konversationshaus an Stelle des jetzigen
Strandpavillons errichtet werden.
Die Badezeit beginnt Anfang Juni und dauert bis Ende Oktober. Im J. 1886 zählte man 8500 Badegäste und 4000 Touristen.
Die Brandung des Meers hat an der ehemals viel größern Insel arg gearbeitet. Die Düne wurde von der Insel losgetrennt.
An der Westseite Helgolands zeigt sich zur Ebbezeit ein 100 m breiter Felsgrund, und die Uferwände bieten
hier das großartigste Bild von hohen Felsthoren, riesigen Felskegeln und großen, tiefen Grotten dar. Auf den Felsvorsprüngen
brüten viele HundertPaare von Seevögeln in gedrängten, langen Reihen. Aus der lebhaften Farbenzusammenstellung, welche das
Landschaftsbild der Insel darbietet, entstand die grün-rot-weiße Flagge der Helgoländer. Die Reede (Nord-
und Südhafen genannt) liegt zwischen und der Düne und wird von vier Batterien verteidigt.
Die Zahl der Einwohner betrug 1860: 2172, 1881 nur 2001. Sie bewohnen eine kleine Stadt, teilweise im Oberland, teilweise
im Unterland gelegen, mit Kirche und Schule, und nähren sich von Fischerei
[* 10] nebst Austern- und Hummernfang,
Schiffahrt, Lotsendienst sowie von dem starken Fremdenverkehr während der Badesaison. Sie besitzen 45 kleine Segelboote
(zusammen von 454 Ton. Gehalt). Kartoffeln und Fische
[* 11] sind Hauptnahrung. Die Helgoländer sind vorwiegend friesischen Stammes
und sprechen einen friesischen Dialekt (vgl. Ölrichs, Wörterschatz, Leipz. 1882), während
die deutsche SpracheKirchen- und Schulsprache ist.
Ihre Biederkeit wird allgemein gerühmt, Verbrechen sind unter ihnen fast unerhört; dennoch ist ihnen durch den Verkehr mit
vielen Fremden eine gewisse berechnende Schlauheit eigen geworden. Seit 1868 residiert ein englischer Gouverneur auf der Insel.
Die Revenue belief sich 1884 auf 8336 Pfd. Sterl., die Kolonialschuld auf 3547 Pfd. Sterl.
Mit Hamburg,
[* 12] Kuxhaven und Geestemünde besteht regelmäßige Dampfschiffahrt, mit der deutschen Küste submarine Telegraphenverbindung.
Auf verschiedenen Feldern der Naturwissenschaften
bietet Helgoland die interessantesten Erscheinungen dar, z. B. seine geologische Formation
(vgl. Wiebel, Die InselHelgoland, Hamb. 1848). Dann ist die Zahl der Helgoland während der Zugperioden
besuchenden Vögel
[* 13] aller Länder der ganzen nördlichen Hemisphäre geradezu beispiellos (einen Beweis dafür
liefert die Gätkesche Sammlung auf der Insel). Unter den Lepidopteren ist eine höchst interessante Art, Spilosana Zatime,
fast ausschließlich helgoländisch zu nennen, und unter der Flora sind einheimisch die hochnordische Cochlearia danica sowie
die südliche Lobularia maritima; die Zahl und Mannigfaltigkeit der submarinen Flora ist begreiflicherweise
sehr groß. - Helgoland ist das alle Fositesland (s. Forseti) und war, wie die Sage meldet, eine umfangreiche, stark bevölkerte Insel.
[* 3] wurde durch das deutsch-englische Abkommen vom (s. oben, S. 198) an Deutschland
[* 15] abgetreten, das Hauptzugeständnis
Englands für die erheblichen Vorteile, die es in Afrika
[* 16] gewann. Die Denkschrift der deutschen Reichsregierung
über das Abkommen sagte daher auch: »Die kaiserliche Regierung dürfte der Überzeugung leben, daß ein Ersatz für das, was
in Afrika an nationalen Motiven und Wünschen etwa unbefriedigt bleiben mochte, im Wiedergewinn von Helgoland gefunden werden mochte«,
und hob hervor, daß es seit Menschenaltern in Deutschland schmerzlich empfunden worden sei, daß unmittelbar
vor der Mündung der Elbe, der Weser und der Jade ein fremdes ReichHerr deutschen Landes war, und daß ein echt deutscher Stamm,
von seinem Heimatland losgerissen, trotz humanster Behandlung verkümmerte, daß aber alle Versuche, Helgoland von England zu erwerben,
wegen Mangels eines Kompensationsobjekts gescheitert seien.
»Abgesehen aber von diesem pretium affectionis bedeutet der
Besitz der InselHelgoland für Deutschland eine wesentliche Erhöhung seiner Wehrkraft zum Schutze der Küsten und Flußmündungen in der
Nordsee... In deutschen Händen wird Helgoland die Verteidigung unsrer Nordseeküsten wie unsers deutschen Meeres erleichtern, eine
feindliche Blockade aber mindestens sehr erschweren... Auch erhält der zur Zeit im Bau begriffene Nordostseekanal
[* 17] erst durch ein deutsches Helgoland seinen vollen Wert für den Kriegsfall.« Eine Abstimmung der Bevölkerung
[* 18] von über die Abtretung
bedang sich England nicht aus, doch sollten alle Eingebornen sich für die britische Nationalität entscheiden dürfen, alle
vor 1. Juli gebornen männlichen Einwohner vom deutschen Kriegsdienst befreit sein und die vor der Abtretung
gültigen Zölle vor nicht erhöht werden; die Rechte der britischen Fischer in den Gewässern von Helgoland blieben unberührt.
»Ich werde«, versicherte der Kaiser, »dahin Sorge tragen, daß Recht und Gerechtigkeit unter euch unparteiisch gepflegt werden
wird und eure heimischen Gesetze und Gewohnheiten soweit wie möglich unverändert fortbestehen. Eine wohlwollende
und umsichtige Verwaltung wird auch in Zukunft bestrebt sein, eure Wohlfahrt zu fördern und das wirtschaftliche Gedeihen
der Insel zu heben.« Mit Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags (Gesetz vom wurde Helgoland dem KönigreichPreußen
[* 20] und zwar der ProvinzSchleswig-Holstein
[* 21] und dem Kreis
[* 22] Süderdithmarschen einverleibt. Die Bevölkerung
von Helgoland zeigte sich mit dem Wechsel der Herrschaft durchaus einverstanden, da sie deutsch fühlte und bei aller Anerkennung
der Uneigennützigkeit und des Wohlwollens der englischen Regierung doch erhebliche Vorteile sich versprach.
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Zur Litteratur: Lindemann, Die Nordseeinsel Helgoland in topographischer, geschichtlicher, sanitärer Beziehung (Berl.
1889);
[* 3] (engl. Heligoland), deutsche Insel in der Nordsee, die, 56 km von dem nächsten Punkte Schleswigs (Eiderstedt)
und 58 km im NW. von Cuxhaven gelegen, die Mündungen der Elbe, Weser und Eider beherrscht und von Klippen
[* 26] und
Riffen, unter denen der sog. Mönch die vorzüglichste, umgeben ist. (S. den Situationsplan, S. 5.) Die Insel hat (1890) 2086 E.
Sie ist nur 0,59 qkm (im 13. Jahrh. noch 2–3 qkm) groß und wird in das Ober- und Unterland
eingeteilt. Jenes hat bei 1600 m Länge und 500 m Breite
[* 27] etwa 3600 m im Umfang und erreicht im höchsten
Punkte 53 m Höhe über der Meeresfläche; dieses, ein flaches Vorland aus rötlichem Thon, Sand- und Rollsteinen, ist etwa
0,08 qkm groß.
Etwa 1870 m östlich von dem Vorlande liegt eine bei Ebbe 320 m breite und 2200 m lange, bis 6 m hohe
Sanddüne; sie hing bis 1720 durch einen Landstreif mit der Insel zusammen. Im W. und NW. fällt die Insel steil zum Meer ab
und bildet besonders auf der Westseite zahlreiche Felsgrotten. Das Oberland hat zwar Felsengrund, ist aber mit fruchtbarer
Erde bedeckt, welche Gras und Klee, Gerste,
[* 28] namentlich aber Kartoffeln, auch niedrige Sträucher trägt.
An Vieh sind 150 Schafe,
[* 29] einige Schweine
[* 30] und wenige Kühe vorhanden; als Trinkwasser dient gesammeltes Regenwasser. Auf diesem
Teile, und zwar im äußersten Osten, steht der
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Leuchtturm von 80 m Seehöhe und eine kleine Stadt von 380 Häusern, an die sich auf dem Unterlande noch etwa 140 Häuser
reihen. An der Hauptstraße, der Falm, steht seit 1892 ein Denkmal Hoffmanns von Fallersleben (von Schaper), der hier das
Lied «DeutschlandDeutschland über alles» dichtete. Eine steinerne Treppe von 188 Stufen und ein Aufzug (seit
1885) führt nach oben hinauf. Fischerei, Hummerfang, Schiffahrt, der Lotsendienst, vor allem aber das Seebad bilden die
Haupterwerbsquelle. Die Bewohner sind nordfries. Stammes und sprechen ihre eigene Sprache;
[* 32] Gottesdienst und Schulunterricht
finden in hochdeutscher Sprache statt. Die Helgoländer (Helgolánder) bekennen sich zur luth.-evang.
Kirche und wählen ihre Prediger selbst.
Das Seebad entstand 1832 auf Anraten eines gewissen AndresenSiemens und ist, namentlich seit der regelmäßigen Dampferverbindung
mit Hamburg, Cuxhaven und Geestemünde, eins der besuchtesten der Nordsee. Der Fremdenverkehr stieg in den letzten Jahren auf 11600 Personen.
Ober- und Unterland enthalten zahlreiche Wohnhäuser
[* 33] für Badegäste, auch besteht ein neues Konversationshaus
(seit 1892); der Hauptbadeplatz ist am Südwestufer der Düne, Dampf- und Schwimmbassin sind auf Helgoland selbst errichtet. Seit 1892 besteht
eine königlich preuß. biologische Anstalt für die wissenschaftliche Erforschung der Nordseefauna
und -Flora.
Wegen der strategisch wichtigen Lage sind an Stelle der frühern engl. Batterien auf dem Oberlande mächtige,
mit Geschützen schwersten Kalibers armierte Panzertürme und Mörserbatterien mit unterirdischen Kasematten errichtet worden;
ein Tunnel
[* 34] führt
von einer an der Südostseite des Unterlandes gelegenen Mole
[* 35] hinauf. ^[]
Auf Helgoland war in ältester Zeit ein Heiligtum des Gottes Fosite (s. Fositesland). Mit Nordfriesland kam die Insel
an das Herzogtum Schleswig,
[* 36] war bis 1712, wo Dänemark
[* 37] sie unterwarf, ein Besitztum der Herzöge von Gottorp, wurde aber 1807 von
den Engländern besetzt, welche sie während der Kontinentalsperre Napoleons Ⅰ. zur Hauptniederlage ihres Schmuggelhandels
mit dem Festlande machten. Im Kieler Frieden trat Dänemark 1814 Helgoland förmlich an England ab. 1890 kam
Helgoland auf Grund des deutsch-engl. Abkommens (s. Deutschland und Deutsches Reich, Bd. 5, S. 215 b) an Deutschland und wurde durch Gesetz
vom dem preuß. Staate einverleibt;