Titel
Haug
,
1)
Johann
Christoph
Friedrich,
Lieder- und Epigrammendichter, geb. zu
Niederstotzingen in
Württemberg,
[* 2] erhielt seine
Bildung (mit
Schiller) auf der
Karlsschule, ward 1784
Sekretär
[* 3] im herzoglichen
Geheimen
Kabinett, 1794
Geheimer
Sekretär und 1817
Hofrat und Bibliothekar zu
Stuttgart,
[* 4] wo er starb. Haug
hat sich besonders durch seine sehr zahlreichen
Epigramme
Ruf erworben, die er anfangs unter dem
Namen Hophthalmos veröffentlichte
(»Sinngedichte«, Frankf. 1791;
»Epigramme und vermischte Gedichte«, Berl. 1805, etc.).
Für die Beweglichkeit seines hyperbolischen, selten verletzenden
Witzes zeugen namentlich seine »Zweihundert
Hyperbeln auf
Herrn
Wahls ungeheure
Nase«
[* 5] (Stuttg. 1804; neue Aufl.,
Brünn
[* 6] 1822). Auch gab er mit
Weisser eine »Epigrammatische
Anthologie«
(Stuttg. 1807-1809, 10 Bde.) heraus.
Außerdem versuchte er sich in
Fabeln,
Balladen,
Scharaden und
Erzählungen. Eine Auswahl seiner »Gedichte«
erschien
Hamburg
[* 7] 1827
, 2 Bde., und
Stuttgart 1840.
2) Martin, bedeutender Orientalist, geb. zu Ostdorf bei Balingen in Württemberg als Sohn eines Landmanns, widmete sich seit 1848 in Tübingen [* 8] und Göttingen [* 9] besonders dem Studium des Sanskrits und habilitierte sich 1854 zu Bonn, [* 10] von wo er 1856 nach Heidelberg [* 11] übersiedelte, um sich auf Einladung Bunsens an dessen Bibelwerk zu beteiligen. 1859 einem Ruf nach Indien folgend, wurde er im Puna College als Sanskritprofessor und Superintendent of Sanscrit studies angestellt.
Seine umfassende Kenntnis der heiligen Schriften der Parsen und Hindu brachte ihn in vertrauten Verkehr mit den gelehrtesten Priestern beider Religionen, und er erlangte dadurch die genaueste Kenntnis ihres Kultus, die ihn in stand setzte, viele neue Beiträge zum Verständnis des Zendavesta und der Wedas zu geben. 1863 unternahm er im Auftrag der englischen Regierung eine wissenschaftliche Reise durch die Provinz Gudschrat, auf der er zahlreiche kostbare Zend-, Pehlewi- und Sanskritmanuskripte zu sammeln Gelegenheit fand.
Familien- und Gesundheitsrücksichten riefen ihn indessen 1866 nach
Deutschland
[* 12] zurück, wo er 1868 als ordentlicher
Professor
des
Sanskrits und der vergleichenden Sprachwissenschaft an der
Universität zu
München
[* 13]
angestellt wurde. Er entwickelte dort
eine bedeutende Lehrthätigkeit, starb aber schon im
Bad
[* 14]
Ragaz. Wichtige Beiträge zum Verständnis
des
Zendavesta, besonders seiner ältesten Teile, sind: »Die fünf
Gathas, oder Sammlungen von Liedern und
Sprüchen
Zarathustras
etc.« (Leipz. 1858-62, 2 Bde.)
und die auf einen weitern Leserkreis berechneten
»Essays on the sacred language, writings and religion of
the Parsees«
(Bomb. 1862; 2. verbesserte
Auflage von
West, Lond. 1878). Haugs
Hauptwerk im Gebiet der altindischen Litteratur
ist die
Ausgabe und Übersetzung eines der ältesten wedischen Ritualbücher, des »Aitareya
Brâhmana of the Rigveda«
(Bomb. 1863, 2 Bde.). Von frühern
Schriften sind zu nennen: Ȇber die
Schrift und
Sprache
[* 15] der
zweiten Keilschriftgattung«
(Götting. 1855) und »Über die Pehlewisprache und den
Bundehesch« (das. 1854). Auf das
Pehlewi,
dessen eigentlicher Entzifferer er ist, beziehen sich die anerkanntesten
Arbeiten Haugs
, die im Auftrag der
Regierung von
Bombay
[* 16] im
Verein mit einem der gelehrtesten Parsenpriester veröffentlichten
Schriften: »An old Zand-Pahlavî glossary« (Lond. u.
Bomb. 1867) und »An old Pahlavî Pâzand glossary«, mit einem längern
»Essay on the Pahlavî language« (das. 1870);
dann das mit Unterstützung des Engländers West herausgegebene »Book of Ardâ Vîrâf together with other Pahlavî texts«, mit Übersetzung, Anmerkungen, Glossar und kurzer Grammatik (Lond. 1872-74, 2 Bde.).
Von andern Schriften seiner spätern Zeit sind zu erwähnen: »Über den gegenwärtigen Stand der Zendphilologie« (Stuttg. 1868) und die 1868-75 in den Abhandlungen und Sitzungsberichten der Münchener Akademie der Wissenschaften veröffentlichen Arbeiten: »Brahma und die Brahmanen« (1871),
»Über das Wesen und den Wert des wedischen Accents« (1873),
»Wedische Rätselsagen und Rätselsprüche« (1875) u. a. Seine bedeutende Handschriftensammlung wurde nach seinem Tod von der Münchener Hof- und Staatsbibliothek angekauft.