Titel
Hassenpflug
,
1) Hans Daniel Ludwig Friedrich, kurhess. Minister, geb. zu Hanau, [* 2] studierte 1812-13 und 1814-16 in Göttingen [* 3] die Rechte, machte den Feldzug von 1813 als Freiwilliger mit und wurde 1821 mit dem Titel eines Obergerichtsrats als Assessor bei dem Oberappellationsgericht zu Kassel [* 4] angestellt, im März 1832 zum Ministerialrat und Mitglied des Gesamtstaatsministeriums, 19. Mai zum Justizminister und Geheimrat und 27. Mai zugleich zum Minister des Innern ernannt.
Sofort begann er mit großer und eines bessern
Ziels würdiger
Energie den
Kampf gegen die
Grundsätze der neuen kurhessischen
Verfassung, indem er alle auf dieser
Verfassung beruhenden
Rechte der Einzelnen wie der
Korporationen zu
verkümmern und zu vernichten
und die ministerielle Allgewalt wiederherzustellen suchte. Nachdem er die
Presse
[* 5] unterdrückt, begann
er den
Kampf mit der
Ständeversammlung, indem er die
Rechte und
Kompetenz derselben bestritt, sich in deren Legitimationsrecht
einmischte, die legislatorische Mitwirkung derselben durch
Verordnungen außer
Kraft
[* 6] setzte und durch Urlaubsverweigerung,
Vertagung und
Auflösung der
Kammern, Epuration der
Gerichte und kirchliche Intoleranz der
Reaktion auf staatlichem
wie auf kirchlichem Gebiet
Bahn zu brechen suchte, wobei ihm hervorragende Begabung, Gewandtheit und Geschäftskenntnis sehr
förderlich waren (vgl. »Aktenstücke, die landständischen
Anklagen wider den kurfürstlich hessischen Staatsminister Hassenpflug
betreffend«, Stuttg.
1836). Durch sein rücksichtsloses
Verfahren selbst dem
Kurfürsten unbequem geworden, erhielt er im Juli 1837 die
ihm vorher verweigerte Entlassung aus dem kurhessischen
Staatsdienst. Im
November 1838 ward er als
Chef der
Regierung und des
Hofgerichts nach
Hohenzollern-Sigmaringen und im Juni 1839 als
Zivilgouverneur an die
Spitze der
Verwaltung des neu zu organisierenden
Großherzogtums
Luxemburg
[* 7] berufen.
Doch glaubte er die Interessen des Landes durch die niederländische Regierung beeinträchtigt und nahm daher 1840 seine Entlassung. Er fand darauf in Preußen [* 8] einen Wirkungskreis, ward 1841 Mitglied des Obertribunals zu Berlin [* 9] und 1846 Präsident des Oberappellationsgerichts in Greifswald. [* 10] Ein ärgerlicher Prozeß, in welchen er wegen Fälschung eines Rechnungsbelegs verwickelt ward, der aber zuletzt mit seiner Freisprechung endete, verleidete ihm seine Stellung, weshalb er die Gelegenheit, wieder in den kurhessischen Staatsdienst einzutreten, gern benutzte.
Auf von seiten des
Kurfürsten an ihn ergangene Einladung traf er wieder in
Kassel ein und wurde nach der an demselben
Tag erfolgten Entlassung des Märzministeriums an die
Spitze der
Verwaltung gestellt. Seine anfangs gegebenen
beruhigenden
Versicherungen erwiesen sich als trügerischer
Schein, nur zu bald nahm
er den
Kampf gegen die
Stände wieder auf
und machte sich durch sein verfassungswidriges Schalten und Walten bei allen
Parteien verhaßt. Nachdem sich der
Kurfürst
im
September 1850 mit Hassenpflug
nach
Wilhelmsbad begeben, erfolgte die Anrufung des restaurierten
Bundestags zum
Einschreiten, das Einrücken österreichischer und bayrischer
Truppen ins Land, die Beseitigung der
Verfassung und die Oktroyierung
einer neuen unter Mitwirkung des
Bundestags.
Der
Urheber und
Leiter aller dieser Maßregeln war Hassenpflug.
Seine amtliche Wirksamkeit in
Kurhessen war aber wieder nicht von langer
Dauer. Nachdem er schon Ende 1853 wegen seiner
Mißhandlung durch den Schwiegersohn des
Kurfürsten,
Grafen
Isenburg-Wächtersbach, der übrigens nachher ins Irrenhaus kam, seine Entlassung erbeten, aber nicht erhalten hatte,
wurde ihm dieselbe auf sein wiederholtes Ansuchen verwilligt, worauf er nach
Marburg
[* 11] übersiedelte. Er starb hier
2) Karl, Bildhauer, Sohn des vorigen, geb. zu Kassel, kam nach Berlin in das Atelier von Wichmann und war 1844-47 Schüler von Schaller in München. [* 12] Von 1848 bis 1850 verweilte er in Rom und [* 13] modellierte dort die Gruppe: Simson und Delila. Nach Deutschland [* 14] zurückgekehrt, arbeitete er in Hannover [* 15] für das neue Theater, [* 16] machte eine Reise nach England und hielt sich dann in Kassel auf, wo er mehrere plastische Arbeiten für die Elisabethkirche in Marburg und die Michaelskirche in Fulda [* 17] ¶
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ausführte. 1856 ging er zum zweitenmal nach Rom und schuf dort aus dem Mythenkreis seine schönsten Arbeiten von großer Lieblichkeit der Formen, namentlich die Marmorgruppe: Amor und Psyche (für den König Friedrich Wilhelm IV.), Eros [* 19] und Anteros (Museum in Köln), [* 20] Ariadne, Galatea von Amorinen umgeben. 1868 ward er Professor der Bildhauerkunst [* 21] an der Akademie seiner Vaterstadt und schuf daselbst für das Orangeriegebäude mehrere Medaillons hessischer Fürsten und für das Galeriegebäude die Gruppen der Giebelfelder sowie Genregruppen und Reliefs.