[* 1]
(LepusL.), Säugetiergattung aus der
Ordnung der
Nagetiere
[* 2] und der
Familie der
Hasen
(Leporina), gestreckt gebaute
Tiere mit hohen Hinterbeinen, langem, gestrecktem
Schädel mit großen
Ohren, fünfzehigen Vorder-, vierzehigen Hinterfüßen
und kurzem, aufgerichtetem
Schwanz. Das
Gebiß weicht insofern von dem aller übrigen Nager ab, als im
Oberkiefer hinter den breiten, scharfen Nagezähnen zwei kleine, stumpfe Schneidezähne stehen.
Hasen finden sich mit Ausnahme
Australiens in allen Teilen der
Erde in
Ebenen und
Gebirgen.
Der gemeine Hase(L. timidusL.), 67
cm lang, mit 8
cm langem
Schwanz, 30
cm hoch, 6-9 kg schwer, ist auf der
Oberseite braungelb, schwarz gesprenkelt, am
Hals gelbbraun, weißlich überlaufen, an der Unterseite weiß, variiert aber
sehr in der Färbung; die Häsin (Setzhase) ist röter als das Männchen
(Rammler).
JungeHasen haben häufig einen sogen.
Stern
auf der
Stirn. Das
Ohr
[* 3] des
Hasen nennt man
Löffel, den
SchwanzBlume. Er bewohnt Mitteleuropa von Südfrankreich
und Norditalien bis
Schottland, Südschweden und Nordrußland, steigt in den
Alpen
[* 4] bis 1500 m, bevorzugt fruchtbare
Ebenen mit
Gehölzen und bewaldete Vorberge und hält gern an der Geburtsstätte fest. Er liegt gern in
Rüben-,
Saat- und Krautfeldern
und läßt sich im
Winter in seinem
Lager,
[* 5] welches im
Winter tiefer als im
Sommer ausgescharrt ist, verschneien.
Der
Busch- und Waldhase geht im
Winter in die dichtesten Gehölze. Der eigentümliche
Bau des
Hasen, zumal die langen Hinterläufe
sichern ihm große
Schnelligkeit und Gewandtheit; seine
Bewegung ist eine eigentümliche, er schiebt immer von hinten nach,
d. h. er schnellt und setzt die Hinterläufe immer vor die
Spur der Vorderläufe (s. Figur). Die Hinterlaufsspur
ist länger u. breiter als die der Vorderläufe, weil der Hase einen Teil der Hinterläufe,
fast bis zur
Ferse, aufsetzt. Bei ruhiger
Gangart stehen diese fast
nebeneinander, in der Flucht steht der rechte Hinterlauf etwas vor dem linken. Der Hase nährt sich besonders von Kohl- und Rübenarten,
Getreide
[* 7] und Ölsaat, benagt bei Schnee
[* 8] die Rinde der meisten jungen Bäume und äst sich besonders nachts. Der Hase ist sehr munter,
spiellustig, schlau, läuft sehr schnell, schwimmt auch im Notfall, ist aber sehr scheu und furchtsam,
wagt nie sich zu widersetzen und kämpft nur in der Rammelzeit mit andern Hasen. Oft zeigt er sich boshaft und unfriedlich.
Er rammelt bei Eintritt milderer Witterung, oft schon Ende Januar, und bis zum September.
Die Häsin setzt nach 30 Tagen in einer einfachen Vertiefung 1 oder 2 Junge, das zweite Mal 3-5, das dritte
Mal 3 und im August wieder 1 oder 2 Junge, verläßt diese schon nach 5-6 Tagen und kehrt nur von Zeit zu Zeit zu ihnen zurück,
um sie zu säugen (etwa 3 Wochen). Sie verteidigt sie fast nie, und der Rammler peinigt sie oft zu Tode.
Bei keinem wild lebenden Tier kommen so viele Mißgeburten vor wie beim Hasen. JungeHasen von einem Viertel der normalen Größe
heißen Quarthasen, zu drei Vierteln ausgewachsene Dreiläufer.
Nach 15 Monaten sind die Jungen erwachsen, aber schon im ersten Jahr zur Fortpflanzung fähig. Der Hase erreicht
ein Alter von 7-8 Jahren, fällt aber meist viel früher seinen sehr zahlreichen Feinden zum Opfer. Auch geht mancher an Leberfäule
zu Grunde. Bisweilen zeigen sich an den Geschlechtsteilen erbsen- und bohnengroße Tuberkeln (Venerie). Jung eingefangene Hasen
werden leidlich zahm, sind aber immer zärtlich, sterben leicht und vertragen sich nur mit Meerschweinchen
und Kaninchen.
[* 9]
Mit letztern erzeugen sie fruchtbare Bastarde. Der Hase schädigt Baumpflanzungen, indem er die Rinde benagt. Die Jäger unterscheiden
Wald- und Feldhasen, von denen erstere stärker (größer) sind und sich fast ausschließlich im Wald halten. Rammler und Häsin
sind schwer und nicht sicher zu unterscheiden, ersterer schnalzt mit der Blume (Schwanz) und hält das
Hinterteil beim Laufen schief, sitzt auch weniger fest im Lager. Die künstliche Vermehrung derHasen in dicht umzäunten, mit
Buschwerk bewachsenen und mit Futterständen versehenen Hasengärten, welche vom Revierförster Hartung in Braunschweig
[* 10] empfohlen
wurden, hat sich nicht bewährt, weil die jungen Hasen darin häufig erkranken und eingehen. Man jagt
den Hasen des Fleisches und des Pelzes halber und benutzte früher sein Haar,
[* 11] Fett, Blut, Gehirn,
[* 12] selbst Knochen
[* 13] und Kotmedizinisch.
- Die Jagd wird mittels des Anstandes, auch auf der Suche mit dem Vorstehhund (s. d.) betrieben; letztere,
zeitig im Herbst ausgeübt, hat jedoch den Nachteil, daß vorzugsweise die festsitzenden und daher gut haltenden, oft noch
tragenden Häsinnen geschossen werden.
Bei der Treibjagd, welche als Vorsteh-, Kessel- und böhmisches Treiben eingerichtet werden kann, besonders bei der ersten,
werden mehr die mobilern Rammler erlegt. Endlich wird der Hase mit Bracken gejagt und mit Windhunden gehetzt.
Durch Wilddiebe werden viel Hasen in Schlingen gefangen, und es muß deshalb besonders bei Schnee, wenn dieselben aus Not die
Dorfgärten aufsuchen, von Jagdberechtigten hierauf geachtet werden. Im Wald stellen die Wilddiebe die Schlingen auf die an der
Spur kenntlichen Hasenwechsel und treiben wohl die Schonungen ab, um die Hasen in die vorgestellten Schlingen
zu jagen. Die Schießzeit beginnt nach dem Wildschongesetz für Preußen
[* 14] mit dem Anfang September und dauert bis Ende Januar,
doch kann die Bezirksregierung den Beginn und Schluß der Jagd um 14 Tage verschieben. - Der Alpenhase (Schneehase) ist
im Winter
weiß, an der Spitze derLöffel schwarz, im Sommer graubraun; ein in Irland lebender, diesem sehr ähnlicher Hase (L. hibernicus)
wird nie weiß, der Polarhase (L. glacialis) aber ist stets weiß.
Neuere Forscher rechnen alle diese HasenzuL.variabilisPall. Der Alpenhase ist lebhafter, dreister als unser Hase, hat
kürzere Ohren, breitere Backen und dunkelbraune Augen. Seine Verfärbung richtet sich nach der Witterung. Er lebt in gleicher
Höhe mit dem Schneehuhn und Murmeltier, streift aber oft weit über 2500 m. Die Häsin wirft im April oder Mai und im Juli oder
August je 2-5 Junge. Der Alpenhase ist leichter zu zähmen als unser Hase, mit welchem er Bastarde erzeugt.
Südeuropa besitzt einen Hasen, der den Übergang bildet zu dem sehr langohrigen Erneb (L. aethiopicusPall.) der Ägypter.
Die Abessinier verachten das Wildbret des Hasen und jagen ihn nicht, daher er sich ganz eigentümlich dummdreist gegen Menschen
zeigt, während er gegen Fuchs,
[* 15] Schakal, Wolf ebenso auf der Hut
[* 16] ist wie unser Hase gegen seine Feinde. In der
christlichen Symbolik ist der Hase das Sinnbild des reuigen Sünders, der zu Gott zurückkehrt (z. B. aus einem Marmorepitaph
in den Katakomben, wo er einer Taube entgegenläuft, die einen Ölzweig im Schnabel hält); erst später
wird er zum Sinnbild der Furcht.
Vgl. v. Thüngen, Der Hase, seine Naturgeschichte, Jagd und Hege (Berl. 1878);
»Hutterus redivivus, oder Dogmatik der evangelisch-lutherischen Kirche« (das. 1828, 12. Aufl. 1883),
worüber er in
eine lang dauernde litterarische Fehde mit Röhr verwickelt wurde, worauf sich die »Theologischen Streitschriften«
(das. 1834-37) beziehen;
Neuerdings begann er die Herausgabe
seiner »Kirchengeschichte auf der Grundlage akademischer Vorlesungen« (Leipz. 1885, Bd.
1). Eine Selbstbiographie bis zur Übersiedelung nach Jena gab er in »Ideale und Irrtümer, Jugenderinnerungen«
(Leipz. 1872, 2. Aufl. 1873). - Sein Sohn KarlAlfred, geb. zu Jena, Militäroberpfarrer und Konsistorialrat in Königsberg
[* 34] i. Pr., veröffentlichte: »Lutherbriefe« (Leipz. 1867);
Konrad Wilhelm, Architekt, geb. 1818 zu Einbeck, war Schüler der polytechnischen
Schule in Hannover, studierte einige Jahre unter Gärtner in München und bildete sich dann noch durch Reisen in Italien,
Frankreich, Deutschland und den Niederlanden aus. Er hat sich durch geistvolle Bauten in den beiden Hauptstilen
des Mittelalters hervorgethan, indem er zunächst nicht allein die romanischen Kirchen St. Godehard und St. Michael in Hildesheim
und die Klosterkirche in Lokkum (Übergangsstil) gründlich und stilgemäß restaurierte, sondern auch die spätgotische
Nikolaikirche in Lüneburg, wobei er ein klares Verständnis für den Stil und die Schönheiten der mittelalterlichen
Kunst dokumentierte. 1853-56 erbaute er in Hannover das Museum für Kunst und Wissenschaft im Rundbogenstil mit organischer
Verbindung des Backsteins
¶
mehr
mit dem Sandstein, im Anfang der 60er Jahre die freilich nicht untadelige gotische Christuskirche daselbst und später die
gotische Fassade des Gymnasium Andreanum in Hildesheim. Sein künstlerisch bedeutendstes, geistvollstes Werk ist das von ihm
begonnene, von Oppler (gest. 1880) vollendete Schloß Marienburg, das unbedingt zu den schönsten
Civilbauten gotischen Stils gehört. Neuerdings restaurierte er das spätgotische Rathaus in Hannover.
Er ist Baurat, Professor am Polytechnikum in Hannover, Mitglied mehrerer Akademien, Inhaber des Guelfenordens und der Medaille
für Kunst und Wissenschaft.