Harmsscher Thesenstreit
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Harmsscher
1) Klaus, namhafter protest. Theolog, geb. zu Fahrstedt in Süderdithmarschen, unterstützte seinen Vater, einen Müller, bis 1797 in dessen Geschäft, besuchte alsdann zwei Jahre das Gymnasium zu Meldorf und widmete sich hierauf in Kiel [* 3] dem Studium der Theologie. Nachdem er 1802 bis 1806 Hauslehrer gewesen, wurde er Diakonus zu Lunden und 1816 Archidiakonus an der Nikolaikirche in Kiel. Inzwischen war er von der Gefühlsreligion Schleiermachers zur streng kirchlichen Gläubigkeit vorgeschritten.
Seine bei Gelegenheit der Reformationsjubelfeier unter dem Titel: »Das sind die 95 Theses oder Streitsätze Luthers ... und mit andern 95 Thesen als mit einer Übersetzung aus 1517 in 1817 begleitet« (Kiel 1817) veröffentlichte Schrift gab recht eigentlich das Signal zu einem immer energischern Vorgehen der Restaurationstheologie. Die Schrift brachte ihrem Verfasser viele Angriffe ein. Er wurde 1835 Hauptpastor und Propst zu Kiel, 1841 Oberkonsistorialrat;
1849 trat er wegen eines Augenübels zurück und starb Unter seinen zahlreichen, meist praktisch-erbaulichen Schriften sind als die bedeutendsten hervorzuheben: »Winterpostille« ¶
(Kiel 1808) und »Sommerpostille« (das. 1815; von beiden 6. Aufl., Leipz. 1846);
»Neue Winterpostille« (Altona [* 5] 1826) und »Neue Sommerpostille« (das. 1827);
»Pastoraltheologie« (das. 1830-34; 3. Aufl. 1878, 3 Bde.);
aus seinem Nachlaß erschien eine Sammlung Predigten (»Des Christen Glauben und Leben«, Hamb. 1869).
Vgl. »Harms' Lebensbeschreibung, verfaßt von ihm selbst« (2. Aufl., Kiel 1851);
Baumgarten, Ein Denkmal für K. Harms (Braunschw. 1855);
Kaftan, K. Harms (Basel [* 6] 1875);
Lüdemann, Erinnerung an Klaus und seine Zeit (Kiel 1878).
2) Ludwig, luther. Theolog, geb. zu Walsrode im Regierungsbezirk Lüneburg, [* 7] wurde 1844 Gehilfe seines Vaters und 1849 dessen Nachfolger im Amt eines Predigers von Hermannsburg in Hannover. [* 8] Daselbst errichtete er 1849 eine im streng konfessionellen Geist geleitete Missionsanstalt, deren Sendlinge es, im Vertrauen auf die Taufgnade, auf möglichst rasche Bekehrung ganzer Völker sowie auf Errichtung von ganzen Missionskolonien abgesehen hatten. Ein eignes Missionsschiff (Candace) vermittelte seit 1853 den Verkehr zwischen der Anstalt und den Stationen in Südafrika. [* 9] Unter seinen Predigtsammlungen sind die berühmtesten die »Evangelienpredigten« (8. Aufl., Hermannsb. 1877) und die »Epistelpredigten« (2. Aufl., das. 1875). Sein Leben beschrieb sein Bruder Theodor Harms (4. Aufl., Hermannsb. 1874). Dieser wurde, als Ludwig Harms starb, sein Nachfolger; weil er aber die Zivilehe nicht als Ehe anerkennen wollte, ward er 1877 entsetzt und gründete nun die separierte lutherische Kirche Hannovers, worauf das Konsistorium 1878 die bisher übliche Kollekte für die Hermannsburger Mission untersagte. Er starb
3) Friedrich, philosophischer Schriftsteller, geb. zu Kiel, studierte Medizin und unter Ritter und Chalybäus, von welchen der erstere nachhaltigen Einfluß auf ihn übte, Philosophie, habilitierte sich 1842 als Privatdozent zu Kiel, wurde 1848 zum außerordentlichen, 1858 zum ordentlichen Professor an der philosophischen Fakultät daselbst ernannt und 1867 als ordentlicher Professor der Philosophie nach Berlin [* 10] berufen, wo er (seit 1873 auch Mitglied der königlichen Akademie der Wissenschaften) starb.
Von seinen philosophischen Arbeiten seien hier hervorgehoben: »Der Anthropologismus in der Entwickelung der Philosophie seit Kant« (Leipz. 1845);
»Prolegomena zur Philosophie« (Braunschw. 1852),
worin eine neue Grundlegung der Philosophie aus dem Begriff des Wissens zu geben versuchte;
»J. G. Fichte« [* 11] (Kiel 1862) und »Die Philosophie Fichtes nach ihrer geschichtlichen Stellung und ihrer Bedeutung« (das. 1862),
worin er den ethischen und nicht den subjektiven Idealismus als das einheitliche Wesen der Philosophie Fichtes darstellte;
»Abhandlungen zur systematischen Philosophie« (Berl. 1868);
»Zur Erinnerung an Hegels 100jährigen Geburtstag« (das. 1871);
»A. Schopenhauers Philosophie« (das. 1874);
»Über den Begriff der Psychologie« und »Zur Reform der Logik« (das. 1874);
»Über die Lehre [* 12] von F. Harms Jacobi« (das. 1876);
»Über den Begriff der Wahrheit« (das. 1877);
»Die Philosophie seit Kant« (das. 1877);
»Geschichte der Psychologie« (das. 1878);
»Die Formen der Ethik« (das. 1878);
»Geschichte der Logik« (das. 1880).
Aus seinem Nachlaß gab Wiese heraus: »Metaphysik« (Bresl. 1885); »Methode des akademischen Studiums« (Leipz. 1885) und »Logik« (das. 1886).