Titel
Harleß
,
1) (ursprünglich Harles) Gottlieb Christoph, Humanist, geb. zu Kulmbach, studierte seit 1757 in Erlangen, [* 2] Halle, [* 3] Jena, [* 4] ward 1761 Mitglied des philologischen Seminars in Göttingen, [* 5] habilitierte sich 1764 in Erlangen, wurde 1765 außerordentlicher Professor daselbst, übernahm jedoch nach wenigen Monaten eine Professur am Gymnasium zu Koburg, [* 6] kehrte 1770 als ordentlicher Professor der Poesie und Beredsamkeit nach Erlangen zurück, gründete 1777 das philologische Seminar daselbst und starb Seine außerordentlich zahlreichen Schriften, besonders die Ausgaben vieler griechischer und lateinischer Klassiker, haben meist nur noch historischen Wert.
Die bedeutendsten sind: »Introductio in historiam linguae graecae« (2. Aufl., Altenb. 1792-95; dazu Supplemente, 1804 bis 1806, 2 Bde.);
»Introductio in notitiam literaturae romanae« (2. Aufl., Leipz. 1794; dazu Supplemente, 1799-1817, 3 Bde.);
»Vitae philologorum« (Brem. 1764-72, 4 Bde.).
Besonderes
Verdienst erwarb
er sich durch die Besorgung der 4.
Auflage von
Fabricius' »Bibliotheca graeca« (Hamb.
1790-1809, 12 Bde., doch nicht ganz vollständig; dazu
»Index«, Leipz. 1838).
Sein
Leben beschrieb sein Sohn
Christian Friedr.
Harleß
(Erlang. 1818).
2) Johann Christian Friedrich, Mediziner, Sohn des vorigen, geb. zu Erlangen, studierte daselbst und erhielt 1796 eine außerordentliche Professur der Medizin. Von 1801 bis 1803 verweilte er in Italien, [* 7] um sich unter P. Frank in Pavia weiter auszubilden, wurde dann 1805 ordentlicher Professor und Mitdirektor des klinischen Instituts in seiner Vaterstadt und folgte 1818 dem Ruf als Professor der Pathologie und Therapie nach Bonn, [* 8] wo er starb. Er schrieb: »Geschichte der Hirn- und Nervenlehre im Altertum« (Erlang. 1801);
»Die Krankheiten des Pankreas« (Nürnb. 1812);
»Lehrbuch der spezifischen Heilkunde« (das. 1816);
»Handbuch der ärztlichen Klinik« (Leipz. u. Kobl. 1817-26, 3 Bde.);
»Die sämtlichen Heilquellen und Kurbäder des südlichen und mittlern Europa, [* 9] Westasiens und Nordafrikas« (Berl. 1846-48, 2 Tle.; unvollendet).
Ein Teil seiner kleinern Schriften erschien unter dem Titel: »Opera minora academica« (Leipz. 1815). Er gab auch das »Journal der ausländischen medizinischen Litteratur« (mit Hufeland und Schreyer, Nürnb. 1802-10, 10 Bde.),
die »Jahrbücher der deutschen Medizin und Chirurgie« (das. 1813-19) und die »Rheinischen Jahrbücher« (1819 ff.) heraus.
3) Gottlob Christoph Adolf, hervorragender Vertreter der lutherischen Orthodoxie, geb. zu Nürnberg, [* 10] studierte in Erlangen und Halle Theologie, habilitierte sich 1828 bei der philosophischen, im folgenden Jahr bei der theologischen Fakultät in Erlangen, ward Lehrer am dortigen Gymnasium, 1833 außerordentlicher und 1836 ordentlicher Professor der Theologie und Universitätsprediger. Als Abgeordneter auf dem bayrischen Landtag 1842-1843 zeichnete er sich besonders bei der Debatte über die Kniebeugungsfrage aus, so daß er, der Regierung dadurch mißliebig geworden, im März 1845 als Konsistorialrat nach Baireuth [* 11] versetzt wurde. In demselben Jahr jedoch folgte er einem Ruf als Professor an die Universität zu Leipzig, [* 12] wo er 1847 auch Prediger an der Nikolaikirche wurde.
Durch seine Ernennung zum Oberhofprediger, Geheimen Kirchenrat im Ministerium des Kultus und Vizekonsistorialpräsidenten in Dresden [* 13] (1850) gewann er den bedeutendsten Einfluß auf die Gestaltung der kirchlichen Verhältnisse Sachsens. Doch vertauschte er diese Stellung im November 1852 mit der eines Präsidenten des protestantischen Oberkonsistoriums in München, [* 14] woselbst es ihm gelungen ist, der gesamten lutherischen Landeskirche Bayerns wieder eine streng konfessionelle Färbung zu verleihen. Er starb Außer seinen veröffentlichten Predigten in der »Sonntagsweihe« (2. Aufl., Leipz. 1859-60, 4 Bde.) schrieb er: »Kommentar über den Brief Pauli an die Epheser« (Erlang. 1834, 2. Aufl. 1858);
»Theologische Encyklopädie und Methodologie vom Standpunkt der protestantischen Kirche« (Nürnb. 1837);
»Die christliche Ethik« (Stuttg. 1842; 7. Aufl., Gütersloh 1875);
»Kirche und Amt nach lutherischer Lehre« [* 15] (Stuttg. 1853);
»Das Verhältnisses Christentums zu Kultur- und Lebensfragen der Gegenwart« ¶
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(Erlang. 1863, 2. Aufl. 1866);
»Aus dem Leben, in Lied und Spruch« (Stuttg. 1865);
»Aus Luthers Lehrweisheit« (Münch. 1867);
»Geschichtsbilder aus der lutherischen Kirche Livlands« (2. Aufl., Leipz. 1869);
»Die kirchlich-religiöse Bedeutung der reinen Lehre von den Gnadenmitteln« (mit Harnack, Erlang. 1869);
»Staat und Kirche« (Leipz. 1870);
»Jakob Böhme und die Alchimisten« (Berl. 1870).
Selbstbiographisches gab er unter dem Titel: »Bruchstücke aus dem Leben eines süddeutschen Theologen« (Bielef. 1873, neue Folge 1875).
Vgl. K. v. Raumer, A. v. ein Erinnerungsblatt (Gütersl. 1880).
4) Emil, Physiolog, geb. zu Nürnberg, studierte in Berlin [* 17] und Würzburg [* 18] Medizin, Physik und Chemie, habilitierte sich 1848 zu München, ward 1849 zum außerordentlichen Professor der Physiologie, 1852 zum Vorstand des physiologischen Kabinetts der Universität und 1857 zum ordentlichen Professor ernannt und starb Er schrieb: »Lehrbuch der plastischen Anatomie« (Stuttg. 1856-58, 3 Tle.; 2. Aufl. von Hartmann, 1876);
»Über Muskelirritabilität« (Münch. 1851);
»Molekulare Vorgänge in der Nervensubstanz« (das. 1858-1861, 4 Abtlgn.);
»Zur innern Mechanik der Muskelzuckung« (das. 1862);
»Die elementaren Funktionen der kreatürlichen Seele« (das. 1862);
»Populäre Vorlesungen aus dem Gebiet der Physiologie und Psychologie« (Braunschw. 1851).